Freitag, 18. Juni 2004

land unter, oder der sensemann kommt im beiboot.

absaufen im eigenen Ich, alles nervt, alles ist zu laut, zu viel, zu wenig, zu lasch, zu hell, zu hoch. zu. zumachen, zusehen, zunge süssen, zulächeln. positiv wird gleich negativ, zuversicht als wort hat gefehlt, stimmt. mir fällts jetzt auch auf. abzug in der B-note.

tage, an denen man nicht sieht, wie gut es einem eigentlich geht. an denen man weit weg in die ferne guckt, und meint, das dort alles anders wäre, wäre nur dieser trott weit hinter einem. ich bin nicht für trott gemacht, das habe ich die letzten lebensjahre gelernt. trott macht träge, und mit trott meine ich nicht die kleinen lebensanker, die inseln der gleichmäßigkeit, die einem ein gefühl von festem boden unter den füssen vermitteln, der guten-morgen-kuss, das lieblingsbrot, welches beim bäcker immer hinten links im regal liegt. nein, mit trott meine ich die dinge, die man schon sagen könnte, bevor sie passieren. mit trott meine ich den 8-5 job, die immer gleiche bestellnummer beim food-bringdienst, die wäsche, die man wöchentlich immer wieder an die gleiche stelle der leine hängt, das täglich grüßende murmeltier, ihr wisst schon. wenn man sich montags schon gelangweit die haare wäscht, immer um die selbe uhrzeit, wie immer montags im sonntags-delay, montagstrott, während die 7uhr nachrichten leise im hintergund laufen.
kann das alles sein ? ist es das, was man eigentlich braucht ? bin ich die unzufriedene, die nicht satt wird an schönen dingen ? mit sicherheit nicht. nein. ich liebe die einfachen lebensdinge, ich brauche das gefühl, morgens aufzuwachen, und mich darüber zu freuen, das ich mich freuen kann. darüber, dass ich mich noch einmal genüsslich ins plümo drücke, den wecker aus dem blick verlierend, darüber, wie die vier fellchen gucken, wenn man sie morgens das erste mal in der küche besucht, darüber, wie es draussen riecht, wenn es geregnet hat, darüber, dass der kaffee so gut duftet, darüber, dass der handgepflückte wiesenstrauss vom einzigen noch einen tag in der vase durchhalten wird, usw usf.

und doch gibt es tage wie heute, die sich am vortag schon finster lächelnd ankündigen. dieses gefühl des "soll das alles sein?", die angst im nacken, eigene ziele, so einfach sie auch scheinen, nicht umzusetzen, nie hinzubekommen. ich glaube leuten nie, wenn sie sagen, sie würden jeden tag wie ihren letzten leben. die erzählen sich das alles doch schön und rosa, im grunde würden sie alles ganz anders machen, wenns der letzte tag wäre, da leg ich beide hände für ins feuer.
wenn das heute mein letzter tag wäre, dann aber nacht mattes. ich würde mir fluchend in den linken flügel beißen, kaum hätte ich welche, da könnt ihr euer letztes hemd drauf verwetten.
wenn ich mir diese sache einmal genauer anschaue ( denn man soll seine gedanken ja zu ende denken, auch so ein ding aus der weisheitskiste ), dann wäre dieser tag gänzlich ungeeignet, um der letzte zu sein, oder er wäre nahezu perfekt, denn je schöner der tag, um so weniger möchte man sein leben doch verlassen, oder ?

mein vermeintlich letzter tag ( möglich ist alles, einmal an der ampel nicht aufgepasst ...) hätte dann also mit der städt. sperrmüllentsorgung angefangen, genauer gesagt mit den autos, die ganze wohnungseinrichtungen innerhalb sekunden mit einem haps, und unter ohrenbetäubenden lauten ( wie kreide auf tafel, nur viel viel lauter ) einverleiben, kurz kauen, und dann mit einem lauten quietschen verschlucken. dazu gehören die putzerfische, also die sperrmüllmänner. diese gattung schlägt in unserem viertel ein wenig aus der art, sie leben nämlich nach dem motto " der frühe wagen fängt den schrank", und kommen immer zwischen 5:58 und 6:14. immer. so auch heute, an meinem vermeintlich letzten tag. das letzte mal aufwachen würde also nicht in meiner schönsten lebens-erinnerung haften bleiben, im fotoalbum schwarz-weiß sein, hinten bei den bildern auf der letzten seite lose liegen, die bei denen man nie weiß, wozu sie jetzt eigentlich passen.
ebenfalls durch den lärm aus den träumen gerissen : m. und die fellchen, wobei m. sich gottseidank nicht durch mehrstimmiges miauen bemerkbar machte, und sich statt dessen schlafwarm und neutral gelaunt auf meine bettseite schlägt, die ich eine sekunde vorher verlassen habe ( offizielle version ), wobei mein blutkreislauf noch im plümo verweilte, und ich mit geschwärztem blick und puls nur noch im fuss messbar richtung maunzen wankte, schlünder mit kaninchen stopfte, kaffeekocher aufs gas-feld stellte, kefir-obst-zeug trank, das alles aber nicht wirklich wach, das alles ganz normaler tagestrott der positiven art.
wie wäre es jetzt gelaufen, wenn ich nicht davon ausgehen würde, noch mind. 50 jahre in diesem leben rumzustänkern, noch zigtausend kaffekannen auf gas-flammen zu stellen, die fellchen noch tausende male zu fragen, wer die letzte nacht diese tretmine ins klo geboren hätte usw. usf ?
ich hätte vermutlich nach verkündung meiner letzten stunden dank der stimme aus dem eigenen off panisch im bett gesessen und säße dort immer noch, blass und wie festgenagelt. ich hab nämlich die hosen voll vor dem letzten gong-schlag, will natürlich ewig leben, und ansonsten alles verpassen was mit herzstolpern und einem verdutzten gesicht anfängt und mit einem letzten, leisen pfurz endet.
also, um mal auf einen punkt hinzuarbeiten, also sollte ich auch scheißtage wie diese nutzen, und das gute sehen, auf den kern der dinge beissen, lächeln um des lächeln willens, und überhaupt wird alles nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird, sagt meine mutter immer.
ich bin also gespannt, wo der tag die praline versteckt hat, und erahne schon, dass ich ihm quer durch den hintern kriechen muss, um an diese auch dranzukommen.

...


klartext beim kaffee mit keks und donAlphonso

(...) Oder, manchmal noch schlimmer: “Wie hast Du denn das gemeint, was in Deinem Blog stand?” Panische Schweissausbrüche beim Befragten, kommt jetzt die Sache mit dem Geschlechtsverkehr auf dem Perserteppich? (...)

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