Montag, 16. April 2007

29 °C

ich brauche dringend

.die sommerversion

der havenversion.


brodje und salz.

Als Auto 'Ügo' Samstag Früh unternehmungslustig den Motor aufatmen läßt, habe ich vier Nächte in Folge schlecht geschlafen.
In den Niederlanden ebenfalls Sommer. Und so voll mit dem Rheinland, aber das weiß man ja. Die lautesten Familien aus dem Ruhrgebiet treffen Frittjes mampfend auf die von Natur aus noch lauteren Familien aus den Niederlanden und hauen sich in kleinen Hüpfburgen, die immer gekoppelt an Snack-Points stehen kräftig auf die Mütze. Ich nenne so etwas frischluftgespeiste Fussballvorbereitung, für später, und bestelle das zweite Brodje Maatjes mit Zwiebeln.
Unser Hotel hatte bessere zeiten, ganz sicher, aber wenn das komplette Rheinland über Nacht auch dort ist, nimmt man, was man bekommen kann, und nach dem letzten vor drei Wochen kann eh nicht mehr viel angenehmeres kommen. Immerhin, es ist sauber, die Bettwäsche duftet frisch und die Klobrille ist -da wollte ich noch den Grund erfragen- im Stacheldrahtlook, wo alles andere mehr so Ostzonencharme aufbringt, mit viel aufgedrucktem laub auf Stoff, bestimmt für die gute Stimmung. Im Eingangsbereich ein mit Bier randvoller XL-Kühlschrank, Öffner liegt leger oben auf, keine Preisliste. Vor unserem Fenster komische Geräusche. Ich drücke die 12 Meter mit Laub bedruckte Gardine zur Seite und stehe Aug in Aug mit einer renitenten Gruppe Hühner und dem dazu gehörenden Hähnchen, welcher direkt angriffslustig in den Strauch vor mir springt und mächtig wackelt. Bekomme Appetit auf ein Grillhähnchen und schäme mich.
Tagsüber alles gemacht, was mit Sand und Wasser zu tun hat, also in beiden Elementen gelegen, wenn im Wasser auch nur mit den Füssen und sehr kurz.
Abends im seit Jahren beäugten Restaurant direkt am Meer gegessen. Neben uns spielen 3 Generationen die Reise nach Jerusalem. Oma sitzt ganz aussen und will nichts essen, auch als die vierte Vorspeise eines der Kinder entrissen wird, nagt sie nur kurz am Käse und niest statt dessen eine Runde. Nach zehn Minuten weiß ich, warum Oma nur ihre Kleenex-Box will, sie niest nämlich in Intervallen durchgehen und hat einen dementsprechenden Verbrauch. Und hat Oma eine kurze Ruhephase, nutzt die restliche Familie diese, um geballt aufs Klo zu gehen. Warum gerade Sohn 1 von 2 und der Vater ganz hinten sitzen müssen, wo sie doch so oft müssen, bleibt mir bis zum Ende ein Rätsel. Oma niest und schnäuzt derweil unbeeindruckt und guckt rüber zu Opa. Die Mutter hat ein eingefrorenes Dienstleistungslächeln im Gesicht, Sohn 2 isst den rest der Vorspeisen und seine Freundin will lieber Pommes, Oma hat den nächsten Anfall, mittlerweile gucken alle und ich frage die Kellnerin ganz leise, ob wir nicht diesen kleinen Tisch am Fenster - und sie ganz laut, nej, der wäre besetzt, ganz gleich, und jetzt wissen alle, das wir es versucht haben, die Flucht vor der Familie, die alles was akutes mit ihren Schleimhäuten haben. War dann auch Wurscht, der Wein kam und prompt ging die Sonne uner. Ich zücke gerade meine Kamera, ein Tanker schiebt sich ins Bild, die Kellnerin macht die restlichen Jalousien hoch, damit alle was davon haben, und schon steht ein Herr mit großer Kamera direkt in meiner Schusslinie. Ich seufze, ich trinke einen großen Schluck, und ich knipse den Herrn einfach mit, so geht Pragmatismus.
Das Essen ist lange nicht so phantastisch wie immer ausgemalt, aber wir sind ja auch in einem Touristenrestaurant in NL und nicht in einem Geheimtipp in F. dafür ist es mehr wie reihhaltig und ich gehe schon knappe drei Stunden später mit frischem Hüftgold aus der Tür. Ein 'Grand Dessert' nach 23 Uhr, auf dem drei Stücke Kuchen, ein Biser, Eis, Schokolade, Fruchtmousse und ein riesiger Klacks Sahne sind, das tuppert die Leber erst mal weg, falls mal wieder Krieg ist, die Gene erinnern sich an schlechte Zeiten. Beim Boxkampf den Kühlschrank geplündert und noch vor der ersten Runde und der ersten Flasche in Morpheus Armen einfach so übers Meer weggesegelt.
Das Hähnchen weckte ab 6:31 a.m. bis 8:55 einschl.
Es krähte im 30 sekunden-Takt, was mich vermuten läßt, dass so ein Gockel lange Luft holen muss, um dieses Kikerikii erschallen zu lassen. Am Ende wurden die Intervalle etwas ausgedehnt, er hielt aber den Ton. Und: Ab dem ersten Hahnenschrei hielten die 300 Frösche, welche die ganze Nacht lauthals durchgequakten, mit sofortiger Wirkung den Rand, das scheint alles genau geregelt, da am Deich.
Beim Frühstück verliere ich genau das, was mir vor zwei Wochen ohne Betäubung und sehr teuer eingesetzt wurde. Ich gucke erstaunt aus der Wäsche und schlucke das Korpus Delikti Göttin sei Dank nicht runter. Den restlichen Tag versucht, alles was kalt oder warm ist, nur mit der rechten Wangenseite zu bearbeiten und möglichst gleichmäßig braun zu werden. Ging gut, da kam sich nichts in den Weg.
Die Rückfahrt unter drei Stunden, die Fellchen im Tiefschlaf, der ganze zurück gebrachte Körper roch köstlich nach Sonne, Meer und Salz und an dieser Stelle möchte ich mich von der schönen Aprilseite verabschieden, und nun dem Ernst der nächsten Wochen in die 8 Augen schauen. Das wars mit Seelchen an die Luft hängen, ab jetzt werden Kisten gepackt, Fliesen gelegt, Köpfe eingeschlagen und umgezogen.

Als Auto 'Ügo' Sonntag spät in der Einfahrt in die Nacht ging, hatte er Salzgeruch auf dem Lack und einen frischen Möwenschiss dort, wo andere Stadtautos nur Taubenkacke haben.



(Bei sanftem klicken des Bildes folgen weitere töfte Impressionen inklusive des Mannes, der vor der Abenstimmung stand.)


Freitag, 13. April 2007

wochenende.

Dem dringenden Meerbedürfnis kampflos nachgegeben.
Fernweh ist meine Frühjahrsallergie. Wo andere niessen, muss ich einfach weg.



(Ein Zimmer mit Aussicht konnte man mir nicht versprechen.
Da steht immer der Deich vor. Walcheren-Besucher müssten es kennen.)


Donnerstag, 12. April 2007

taschengedanken.

Zufriedenes Gesicht beim Radfahren zur Arbeit immer zur Sonne gehalten. Plötzlich ein Ruck, mitten im Lied. Die Tasche plumpst mir wie ein nasser Sack vom Rücken und liegt käferlängs auf der Strasse, einfach so mitten im Industriegebiet. Absteigen und ratlos gucken, für satte 90 Sekunden, bis das Gehirn lautlos eine Lösung gedacht hat. Tasche neu verhakt, macht direkt ganz neues Design. Leider nicht genug Mühe gegeben, weil ein Song weiter fällt sie schon wieder ab. Ich bremse, steige ab, fährt seitlich ein Auto aus der Mäckes Ausfahrt und guckt natürlich nicht, und ich mach den Mund zum böse werden auf, fliegt mir ein Insekt rein und uriniert mir gleich vor Schreck auf die Zunge. Mach ich vor Schreck Mund wieder zu, Insekt durch den Ösophagusweg weg, und ich zitronigen Geschmack im Mund, brennend. Keine Lust mehr, den starren Autofahrer anzumaulen, ausserdem satt.
Restlicher Arbeitsweg ohne Komplikationen, Tasche hat sich dem Schicksal ergeben und blieb dem Rücken treu. Dafür ausschweifend Gedanken gemacht, wie viele Frauen wohl schon zu Portishead flachgelegt wurden. Könnte doch so eine Klassikerplatte sein, wie damals die Schieber vom Peter Kraus, zu Mutterns Zeiten. Erst mal Portishead und Prosecco, und dann den Arm drum legen. Und die Frau denkt 'Nicht schon wieder Portishead'. Dann war der Arbeitsweg zu Ende, und der Gedanke somit auch.


köln-west

Gestern Abend Köln. Mit Franzi und TomTom genau 40,5 km von Haus aus. Viele Groupies, die besten Sätze kamen nach der Lesung. Beschließe, niemals dicke Tücher über vier Lagen Hemdchen zu tragen, das verwirrt das Auge. Roses Texte blogtypisch und unterhaltend. Trotzdem ganz kurz dazu hinreissen lassen, über die Tatsache eines Blogstipendiums zu reden. Dr. Sno bleibt mir nicht hängen, in der Zeit genötigt auf die Herrentoilette. Als ich rein bin wars leer. Zwanzig Sekunden später mit Hand als Sichtschutz links an allen vorbei. Kein 'tschulldigung' gesagt. Nilzenburger entwickelt sich seit jetzt zur Rampensau. Am Ende der Woche wird Winkel seine Kabel tragen müssen. Roman sollte immer heiser lesen und enge Jeans tragen. Winkel ist Winkel. Nachts auf der Autobahn keine Lampe mehr an. Haben Angst vor niedlichen Rehen auf der Strecke. Im Bett dann:
M: 'Wasn das?'
Ich: 'Chanel vom Winkel.'



'Die hohe Kunst der Beiläufigkeit.'

das eigene ich kapern. | © Lu um 14:12h | keine meldung | meldung machen?

Dienstag, 10. April 2007

morgen heute in köln



21.00 im Westpol


hamburg. zwischen fastenbruch und osterfeuern.

Mittwoch. Der netteste Taxifahrer von ganz Düsseldorf bringt mich und Koffer zum Bahnhof. In 12 Minuten reissen wir alle relevanten Themen runter, und ich versprach mit Seemannsehrenwort, Altona und Teufelsbrück tränenreich zu grüßen. So ist das also, wenn man aus Hamburg wegzieht.
Am Bahnhof hört sich der Ansager an wie MC Winkel, ich starre irritiert auf die Lautsprecher. Im Zug selber die üblichen Staus und Stauverursacher. In der Regel um die 60 mit Platzkarten, aber ohne das Vermögen, die Informationen auf dem Ticket richtig umzusetzen. Ich half also einem Ehepaar aus Husum aus dem Gang, bevor sie von den übrigen Fahrgästen mit Platzreservierung noch bei Bewußtsein erwürgt werden. Ihre Plätze waren im Wagen 2, wir befanden uns im Wagen 10, so groß scheint Husum nicht zu sein, sie sagen was von 'Unübersichtlich'.
Im Zug die Osterwelle Richtung Westerland, weswegen ich die ganze Fahrt über das Wort 'Westerwelle' nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Nervt beim lesen. Beim hochwuchten von Koffer erschlage ich fast meine Sitznachbarin, die eigentlich bis nach Münster muss, geschäftlich, wie sie beim gemeinsamen Stullenverzehr immer bei jedem dritten abbeissen betonte.
Hinter uns zwei in grellen Farben alternde Lesben, die sich über eine dritte kränkelnde streiten, vor uns Großfamilie aus Essen auf dem Weg nach Sylt. Die Kinder finden ab Münster alles furchtbar, noch keine Möwe am Himmel und die zum Trost rausgerückten 40 Frikadellen sind im Nu weg. Ich beschließe, niemals eine Großfamilie zu bekommen, allein wegen der Aussicht, nur noch Berge von Frikadellen zu braten und ab Münster immer alles doof zu finden.
Trotz mentalen Trainings nicht die ganzen 3:38 ausgehalten, musste zwei Mal aufs 'Boardklo'. Beim boarden durchgehend selbst die Schulter geklopft, dass ich regelmäßig im Gym bin. Trotz durchschütteln und Tunneldunkelheit auf beiden Beinen geblieben, ohne absetzen, und am Ende des Boardklos Rache: kein Papier. Genervtes Eigenbild in Blechamatur, beim rausgehen feuchte Händeabdrücke auf Jeans, Handpapier war nämlich auch aus.
In Hamburg Sonnenschein, und fast erschlagene Hälfte von Großfamilie. Hätte der Papa der Horde mir mal beim Koffer geholfen, wäre das nicht passiert, aber der braucht seine Kräfte wohl noch für den Urlaub auf Sylt und Familie vergrößern. Von nüscht kommt nüscht.
Hamburg. Erste Station Finkenwerder-Fähre. Bei eiskaltem Wind bin ich nach kurzer Touriphase allein an der Spitze der Fähre. Sonnenbrille nicht wegen der Sonne sondern wegen des schneidenden Windes an, Schal 5fach um alles was nackt aus dem Mantel guckte gewickelt, Titanic-Grinsen im Gesicht. Bei Gegenverkehr Elbgischt. Schmeckt genau so wie 06 und 05.
Abends Viertelhopping nach Einkaufszielen. Bio-Läden, volle Tüten, das letzte Brot. In der Urlaubsresidenz fleissige Stille, der Kinofreund hat Schreibschicht bis Mitternacht. Mache mich über die DVD-Sammlung her. Zuerst der Film zum im Zug beendeten Buch 'The Virgin Suicides'. Buch toll, Film blutleer und langweilig. Ärgere mich kurz, hole Nachschub aus dem Kühlschrank und die erste Staffel 'Six Feet Under'. 23 Uhr, langsam totmüde. Kinofreund schreibt SMS aus der Redaktion. 'Lu, wachbleiben. Brauch Deine Hilfe.' Gucke noch zwei Folgen und bemerke zu spät, dass ich den kompletten Abend nur Leuten beim sterben zugeguckt habe. Beschließe, trotzdem alle Staffeln zu gucken, nur nicht mehr in dieser Nacht.
01:00, Kinofreund kommt von der Schicht, und braucht ein Ende. Beschließe, die Welt am nächsten Tag zu retten, wenn nicht alle am Ende eines schnellen Todes sterben sollen.

Donnerstag. Keine Jalousien, ich bin mit der ersten Möwe wach. Draussen Rudel von wilden Eichhörnchen mit weißen Bäuchen, drinnen eine Espressomaschine, die ich nicht bedienen kann. Winterhude-Probleme.
Ich mahle eine Menge Kaffeebohnen, bis Kinofreund aus dem Bett fällt.
Endlich, Kaffee. Danach Welt gerettet, bzw. geheimen Artikel für gewaltig bekanntes Online-Magazin zurecht gerückt. Beschließe, beruflich umzuswitchen, unter falscher Flagge. Brauche ja immer noch Geld.
Dann endlich mal wieder mit wöchentlicher Telefonfreundin in echt gepüngelt. Klein Flottbek zu Fuss, die Elbe zu Fuss, Kapitänshaus zu verkaufen. Kein Streit, wer zuerst die 1 Million Euro zusammen hat. Griechisches Essen, ein gekaufter Handtuchhalter in Ankerform, über den DOM zum St. Pauli Fan-Shop. Danach sehr zufrieden und sehr müde zur U-Bahn, Finkenwerder musste heute ohne meinen Besuch weiterleben, und M. brauchte 20 Minuten, bis er einen Parkplatz fand.

Freitag. Alsterschippern, Mülltonnen photographieren, Kuchen und Kaffee und Nachmittagsnickerchen. Stromberg gucken. Abends dann Karfreitagsnudeln bei berühmten Hamburger Poeten. Knutsche berühmten Poeten erst einmal ganz italienisch zur Begrüßung ab, danach dufte auch ich nach einem Kilo roher Zwiebeln. Rotwein aus zig Flaschen. Viele liebe Leute, alle zu lange nicht mehr gesehen. Esse drei Teller Nudeln mit improvisierten Würsten, finde alles toll. Nachts um drei mit anderen tollen Frauen arg geschwächelt, Taxifahrer wußte Eckdaten von Harry Belafonte während ich Musik nachbrummte. Mit dem Gesicht zuerst ins Bett gefallen, draussen schliefen alle Möwen und Eichhörnchen.

Samstag. Begrabt meinen Körper einfach am Kanal.
...
Winterhuder Markt direkt vor der Haustür. Irgendwie fünfzig Euro in Abendessen angelegt. Beschließe noch einmal, künftig für bekannte Zeitungen zu schreiben, weil ich diese italienische Fenchelsalami ab heute immer brauche. Abendessen: köstlich und Lebensgeister weckend. Mit allen Lebensgeistern bei Dämmerung zu den Elbwiesen, Osterfeuern. Die Verabredungen leider immer nur am Mobilen gehabt, da an einem Restaurant böser Menschenstau als wenn es nur ein Feuer gäbe. Nachthimmel von Hamburg eingesaugt und schwelend nach Osterrauch duftend gen Bett.

Sonntag. Ostern. Kinofreund kommt mit Osterhasen im Shirt zum Kaffeemachen. Essen alle Eier mit IKEA-Senf, ich rieche immer noch wie komplettes Osterfeuer, fällt aber nicht auf. Überall schönstes Wetter, nur in Hamburg kühl und bedeckt. Meine Mutter sagt am Telefon, sie säße schon in der warmen Sonne, das war um kurz nach zehn. Beschließen, früh zu fahren, wollen Ostern auch in warmer Sonne sitzen.
Ganze Fahrt dann toll und zügig, 40 km vor Heimat dann Unfall. Nach uns wurde die Autobahn gesperrt, wir sassen für 1h15 in schönster Sonne, anders als angedacht.
19 Uhr, endlich zu Hause. Die vier Fellchen machen Kunststücke, wir verhungern. Zurück ins Auto, ab ins Restaurant. Ein Ouzo aufs Haus, ein sarkastischer Kellner, und der Abend ist ein griechischer Freund. Zu Hause bäuchlängs ins eigene Bett, und noch bevor im Bericht über Singularität Hirn und PC zusammen kamen, fest und sehr orthodox ins Plümmo gewickelt weggeschlafen.

Quasi fast alle Bilder zum Text.


(Bitte sanft das Bild drücken)


Montag, 9. April 2007

ostermontags, zwischen pappe und buntwäsche.

Schon drei Maschinen Wäsche (40° allerlei, 30 °schwarz, einmal komplett rot inkl. Bettwäsche) in die Maschine gestopft und wieder heraus gezerrt, weggewaschen kann man ja heute nicht mehr sagen, ist ja alles modern, macht ja die Maschine.
Zwischen dem stopfen und ziehen insgesamt fünf Umzugskartons gestopftfüllt, beschriftet, bestaunt, weil wirklich leerer ist das Bücherregal noch nicht geworden. Dabei zig Mal das tolle Sonnenwetter lauthals gepriesen, dabei die Jogginghose abgeklopft, dass es nur so staubte und immer wenn ein Fellchen vorbei kam, kurz vom Boden hochgehoben und nass geknutscht.
Das alles nach einem komatösen Schlaf von gestern 23:14 (Mitten im Bericht über Singularität eingepennt, so was passiert auch nur mir!) bis heute früh 9:20. Seit diesem Zeitpunkt Ohrwurm 'Die kleine Kneipe' im Hirn, gesungen und vorgetragen von Stromberg (Leiter Schadenregulierung M-Z).

Morgen Buntes und Bewegtes über die Zuckersüße von Hamburg, und wie man das Fasten beenden kann.
Jetzt Stulle und See. Man hat schließlich nur einmal frei.

logbuch | © Lu um 16:52h | keine meldung | meldung machen?

Dienstag, 3. April 2007

zum löschen geschrieben.

Lovelight ist ein ganz hinterrückiger Ohrwurm, der mich am Samstag Mittag in einem Auto vor einer Bäckerfiliale packte, das Radio hochdrehen ließ und dann, ganzköperwackelnd lauthals mitsingen ließ. Zu meiner Entlastung muss ich sagen, dass Körper und Seelchen sich nur daran erinnern, weil beide im Gym dazu wackeln mussten, Freitags zuvor. Morgen schäme ich mich dafür, heute sing ich noch einmal mit. Abgesehen davon, dass ich dachte, es sei George Michael - gibt es da mehrere Versionen von? Meine im Radio war 'peppiger'.

schämend durchgestrichen. morcheeba aufgedreht!



Von Hamburg trennt mich nur noch ein Zahnarzttermin um zwei, und drei Arbeits-Termine ab drei, die ich einseitig betäubt und sabbernd bis achtzehndreissig hinter mich bringe.
Abendessen, Dr. House, schlafen und aufwachen, Koffer vollstopfen,
lächeln und den richtigen Zug nehmen, fertig.


du weißt,

es wird ein paranoider tag, wenn du beim löschen der dritten ungelesenen mail von
Wetterdienst Deutschland - Offizielle Benachrichtigung des Deutschen Wetterdienstes
ein subtiles gefühl im magen gedanklich umhaust, nur um im weiteren verlauf der nächsten fünf minuten ein paar mal an spontan auftretene tsunamis in düsseldorf denken musst, von denen alle wußten, ausser dir selber, die grad auf dem weg zum zahnarzt ist. hatten ja alle ihre mails gelesen. auch der zahnarzt.

am ende steht in ihrem blog: sie starb, weil sie mehr angst vor SPAM als vor katastrophen hatte.

(rubrik: tage im trubel)


Montag, 2. April 2007

Veronika, der Lenz und was italienische Eisverkäufer damit zu tun haben.

Der Mai ist der einzige Monat im Jahr, wo Mensch mit Hilfe von Starkbier wild und ungebremst hineintanzt, und in dem sich gleichzeitig 68% der suizidausführenden bei schönstem Wetter von Brücken stürzen. Meist ist tatsächlich keine Wolke am Himmel, und das letzte, was der stürzende Mensch sieht, ist ein Eiswagen mit den italienischen Nationalfarben auf dem Wagendach.

Frühling. Man kann ihn trapsen hören wie die oft zitierte Nachtigall. Kurz vor dem Ausbruch steht die Natur mächtig unter Strom, die Pflanzen laufen schier über vor üppig steigenden Säften, und nur eine Stunde pralle Mittagssonne richtet eine wahre Orgie der rundum berstenden Knospen an.
Vermehrt sieht man nun auch wieder leer dreinschauende Kleinnager und niedliche Vögel mit gebrochenen Blick auf den Strassen liegen, deren Eingeweide in den Winterprofilen eines Ford Mondeo durch die Stadt gefahren werden, bis sich eine Elster als Endverbraucher darüber freut.
Der natürliche Zyklus einer Großstadt, im Mai ist Schlachtfest bei den Tieren, im Juli Grillsaison im Hinterhof.

Es ist ja jetzt auch wieder länger hell.
Früh morgens Punkt fünf Uhr jubilieren die städtischen Federtiere los, also zumindest all die, welche nicht im Liebesrausch von einem Automobil erfasst wurden, und verbreiten mehrstimmig Frohsinn. Spätestens gegen halb sechs ist es dann gleißend hell, und in Kombination mit dem Konzert kann man eigentlich auch direkt aufstehen, schließlich fängt der frühe Vogel den Wurm. Mensch merke, wenn man noch vor sechs mit dem ersten Kaffee in der gleißenden Maisonne vor den Toren der Natur steht, dann sieht man auch, wo der Ursprung einer solchen Weisheit liegen kann. Die noch im Dunst aus der Erde gezerrten Würmer würden ihr eigenes, lautes Lied davon singen, hätten sie einen Mund, einen Schnabel oder ein Mikrophon von Gott geschenkt bekommen. Ich kann mir denken, warum Würmer keine Kirchen bauen. Ich würde es auch nicht tun.

Tagsüber schleppt man sich und seine bleierne Müdigkeit durch die Stadt. Alles wiegt vier Mal über Normalgewicht, der Rest dauert gefühlt drei Mal länger als sonst, und nur die drastisch verkürzte Schlafenszeit zur Sommerzeit fühlt sich im direkten Vergleich zum Rest an wie noch einmal halbiert. Kaffee ist nun der wahre Freund, das Dopamin der Frühjahrsmüden.
Aber selbst wenn man schon eisig- klamme Achselhöhlen im Shirt fühlt und die Hände zittrig über die Tastatur klappern: der Kopf bleibt im Ausnahmezustand, man lebt und denkt in einer Taucherglocke, die Welt ist Atlantis und alle Mitmenschen sind böse, laute Aliens.

Hat man dann mit Ach und Krach den Abend erreicht, ist es Dank tatsächlich immer noch hell und man selbst nicht wirklich Gesellschaftsfähig, möchte man die Nachrichten in der geliebten Couchdelle in der waagerechten sehen, und mit Alkohol den Koffeingau des Tages relativieren. Nein, man muss aktiv sein, man muss raus an die Luft, und das mit einem sehr glücklichen und nur angedeuteten Lächeln um die Mundwinkel, und so findet man sich nach einem gefühlten Bleientenlauf um den See mit anderen Bleienten in irgendeinem überfüllten Biergarten wieder, und hält genau das in der Hand, ein Bier. Und denkt, dass das jetzt aber man perlt.
Die Sonne scheint immer noch, dabei ist es fast neun. Erneut überdenkt man seine Theorie, das ALLE Mitmenschen böse, laute Aliens sind, die einem gleich die Eingeweide unbemerkt herausoperieren und dann zurück unter Wasser nach Atlantis fahren, auf ihre Aliencouch, im Gepäck die eingetupperten Organe, meine immerhin mit Bier gewässert.

Wär ja eigentlich schön, wäre alles unter Wasser, zumindest für die Sorte der totalen Spassverweigerer, die Allergiker.

Die richtig Scharfen fangen schon im Februar an zu stöhnen, wo die Nicht-Allergiker noch mitten in der Winterdepression im eigenen Saft liegen. Sie niesen, sie kündigen triefenden Blickes den nahenden Frühling an, sie niesen erneut und sagen ‚Haselnuss!’
Der Rest zieht dann gesammelt im April nach, wenn die Birken sich ans Leben und die Liebe erinnern und einfach so anfangen zu blühen.
Ich persönlich war ja zu Jugendzeiten einmal mit einem Allergiker zusammen, und empfand das als so unglaublich anstrengend, dass ich ab Hajo erst einmal alle Männer auf Pollen und Tierhaare prüfte.
Abgesehen von seiner schlimmen Kontaktallergie war Hajo, der eigentlich Hannes-Jochen hieß, auf jede Pflanze allergisch, die auch nur annähernd sexuell aktiv war und eine Blüte produzierte. Seine Mutter schüttelte immer resigniert den Kopf, wenn Hajo pfundweise eingeschneuzte Papiertaschentücher aus seiner Schultasche ans Tageslicht beförderte. Sie sagte dann, das sie selbst ihre geliebte Kaktee, die Königin der Nacht, eines denkwürdigen Datums an ihre Kollegin abgeben musste, da diese Königin dann nach vier Jahren Vollpflege plötzlich und unerhört blühte.
Eine ganze Nacht, wie der Name schon verspricht.
Hajo bekam einen Asthmaanfall, seinen ersten und ebenfalls die ganze Nacht, und der gerufene Notarzt musste sich bei der Cortisonspritze das Lachen verkneifen, bei so viel Ähnlichkeit zwischen Hajo und der Königin.

Ich bin keine Allergikerin, bekomme ausreichend Luft und rieche auch sehr gut, was mich zum nächsten Punkt auf der Frühlingsliste bringt: Hundekot.
Täglich umgehe ich eine kleine Wiese, die an sich sehr harmlos wirkt. Drum herum ein paar Kastanien, Altpapierkontainer, eine beim Sperrmüll vergessene Lampe und die obligatorische Oma mit hüftsteifem Dackel, die serienmäßig bei jeder öffentlichen Stadtwiese dabei ist. Osterglocken wackeln im der leichten Brise.
Unter der Frühlingssonne erwärmt die Wiese sich, und so kommt die wahre Seele dieser kleinen, innerstädtischen Naturzunge heraus: sie fängt in sich an zu kochen und zu stinken. Jeder unter Not und Zeitdruck abgelegte Hundehaufen entwickelt eine eigene Geruchsglocke, und selbst die Hunde halten sichtbar die Luft an, wenn sie von ihrem Menschen auf die Wiese gezwungen werden um, laut Dackel-Oma, ‚Schieta zu machen’.

Das Besondere an dieser Wiese ist, dass man die nächste Spezies Mensch dort eigentlich nie antrifft, die frisch Verliebten. Laut Statistik finden 62% der Paare am häufigsten im Wonnemonat Mai zueinander, des Zaubers Formel heißt Hormonkoller und getrennt wird sich zu 56% vier Jahre später im Februar, also etwas nach Weihnachten und knapp vor Ostern. Der Singlemensch hat dann den ganzen März und April inklusive der ersten warmen Tage Zeit, eine knackige reaktive Depression zu entwickeln und zu fasten, sich dann Hals über Kopf zwischen der Osterauslage im Tengelmann zu verlieben um im Mai zu zweit an dem jeweiligen Stadtfluss der Stadt entlangzuschweben. Man erkennt diese frischen Paare ganz einfach: Sie sind frisch erschlankt dank Trauerdiät und Singleschock, laufen nicht mehr als Individuum sondern nur im Tandem mit dem Neuen Partnermensch und verkeilen sich alle fünf Minuten neu ineinander. Kommen sie dann an einem kleinen VW-Bus vorbei, auf dem in jeder Stadt „Giacomo“, „Salvatore“ oder „Giovanni“ steht, schauen sie sich sehr warm an, und der Mann kauft ein Eis.
EIN Eis.
Im Hörnchen.
Frisch ineinander verknotet wird dann zweisam an der Straciatella-Kugel gezüngelt und jeder Satz gekichert ausgehaucht.
Würden sie den Blick ein einziges Mal von ihrer Waffel nach oben wenden, dann bemerkten sie, dass sie beobachtet wurden, die ganze Zeit. Dann würden sie auch sehen, wie gerade wieder einer der 68 Prozent sehr entnervt und entschlossen das Sprungbein über das hüfthohe Brückengeländer brasselt und ein letztes mal tief Luft holt, sich die Nase zuhält und - springt.

Am Ende sind wahrscheinlich die italienischen Eisverkäufer in ihren umgebauten VW-Bussen Schuld, dass an schönen Tagen ohne eine Wolke am Himmel die Statistik Jahr um Jahr erhalten bleibt.