Mittwoch, 6. September 2006

ticker.

34 42.ste Minute, 4 5:0 Deutschland gegen San Marino.

edit: 7:0 in der ? und ?.ten minute. (mist, ich hab RTL geguckt, nur ganz kurz, echt!)

8:0, 63.minute (ich geh dann schon mal ins bett)

9:0 (noch 23 minuten. wenn der schnitt so bleibt, gehen wir mit einem 25:0 ins bett)

11:0, 72.ste minute (ich war nur eben den wasserkocher auffülen)

86.ste minute : oooh, wie ist das schöööön, ooooh, wie ist das schöööön ...

89.ste minute, 13:0

("jetzt müssen wir mal gucken, wer von den eingesetzten spielern NICHT getroffen hat")


Lu macht blau.

Propellerweib: Schwefler, wo sind wir? Und was ist hier los?

Schwefelkerl: Im Park, weil heute noch mal Sommer ist. Unsere MenschIN läßt den Rest des Tages sausen und fährt quälend langsam, weil sie dabei Dub hört. Gleich wird sie Stunden bei ihren Ex-Kollegen verbringen, zu viel Maschinenkaffee in sich hineinschütten und der eine wird sagen "Boah, Du riechst ja lecker nach Sonne." Auf dem Rückweg wird sie sich kurz schelten, dass sie nicht im Gym beim Kurs ist, aber das dauert insgesamt keine halbe Minute. Auf dem Weg am See vorbei wird sie noch einmal grinsen wie eine satte Katze und denken, dass sie den einen Satz noch bloggen will.

Propellerweib: Was denn für einen Satz?

Schwefelkerl: "Heute wild schlackerndes Seelchen ohne Tiefgang."

Propellerweib: Weia. Na, dann kann ich mich ja wieder zurückziehen, ich hab schon Herbst.

Schwefelkerl: Bis später, ich komm nach Titus TV in den Ofen.

Schwefelkerl: So, liebe Leser, und weil ich hier gerade die Oberhand habe, stell ich noch passendes Bildmaterial zu unserer MenschIN ein, die ihr aktuelles Gemüt und Treiben ziemlich gut darstellt, frisch geklaut bei MenschIN Echse:



Lu lernt Französisch, Lektion 1.

„Bonjour“, brüllte eine gutglaunte Stimme durch den abbruchreifen Flur des Schulungsgebäudes.
„Isch bin-äh-Marie-Antoinettäh und werdeoisch beibringöhnäh die Sprach Französisch, oui.“
Wir, das waren zusammen sechs Menschen, genauer: vier Frauen, zwei Männer, alle ganz interessiert auf Schuhspitzen starrend, irgendwer sagte Buon Giorno, immerhin.

Umständlich werden Plätze eingenommen und laut Stühle vor und zurück gerückt. Dem einen der beiden Männer, Typ verhinderter Kursgigolo, entwische ich durch linkes antäuschen. Ich tat so, als würde ich meinen Pappbecher mit einem halben Liter Milchkaffee auf einen Platz weit hinten parken, prompt schmiss er seinen Jutebeutel direkt auf den Platz daneben. Nach drei Sekunden nahm ich meinen Pappbecher und Weg wieder auf, und setzte mich nach vorn, neben Helga. Helga war mir schon auf der Treppe begegnet. Sie lief auch lieber und so grüßten wir artig und bestiegen das Gebäude mit zwischen die Zähne geklemmten Teilnahmebestätigungen, ich mit heissem Kaffee (In dem Anmeldungsformular stand nichts davon, dass man Süchte und Gewohnheiten zu Hause lassen sollte) der nicht verschüttet werden durfte. So etwas vereint ungemein, ich denke, wir werden den ganzen Kurs bis Ende des Jahres Seite an Seite weiter bestreiten. Pech für Werner, der guckte die nächsten zehn Minuten sauer und nur in Gesellschaft seines Jutebeutels in die Röhre.
Marie-Antoinette, was soll ich sagen: die Frau ist aus einem Klischee entstiegen. Vor 21 Jahren von einem Deutschen Mann (ör at gemacht eine Urlaub in unsere Gegönde, und misch mit seine Koffer und Liebö eingesteckt und nach Düsseldorf göbracht.) nach Deutschland entführt, und jetzt gegen die gutbetuchte Langeweile (meine Männör sind alläh öh gross gewordähnö, und nun isch muss sehen, wo isch bleiböh vor lauter Zeit. Makramä mag isch nischd.)
ankämpfend, gibt Sprachkurse und das mit viel Akzent und Spass. Wir alle sind direkt verknallt in Marie und üben betört das nasale „o“.
Ich zische Helga gerade zu, dass ein paar prächtige ausgebildete Nasenpolypen jetzt mal richtig praktisch wären, da fliegt die Tür auf und eine herrische Stimme fragt
„Ist das französisch, das?“
„Oui“, singt Marie, und herein kommt eine Frau, mittig versteckt in Gold und Fell.
Wir, gerade voll dabei bei den ersten Höflichkeiten der ersten Unit, wir stellen uns wie wild vor, einmal förmlich, einmal per Du. Werner ist plötzlich Jaques, Helga Madame Bichares, alles grinst, Füsse wippen nervös, Schulemotionen.
Und jetzt sie, die noch keiner kennt, sie soll direkt mitmachen. Marie singt „machst Du erst öh mal in deutsch, und ich sagö dir, wie du es dann machst auf französisch, gut?“
Olga!, donnert sie, und ich hänge bewundernd an ihren Wangenknochen, die endlos quasi am Fussknöchel beginnen und irgendwo rechts von den Augen verschwinden, im weiten Gelände von Olgas Gesicht.
Ich komme aus Russland! Ich heisse Olga! Ich will lernen Französisch, weil ich war in Frankreich! Hat mir gefallen gut! Jetzt will ich lernen, wie Sprache geht! Sprache seeehr schön!
Olga knallte mit ihrer Betonung hinter jeden Satz ein Ausrufezeichen, wir hielten den Atem an, während Olga sich neben Werner wirft, der mir einen triumphierenden Blick zuwirft.
Als Oga sich aus dem Pelz gewunden und frisch sortiert hatte, machten wir weiter mit Höflichkeitsfloskeln. Ich musste mit Werner im Duett sprechen, und so bellte er mir ein
komplett gesprochenes wie gelesenes „Bon Soir, je suis Werner. Enchantés." entgegen. Ohne nachzudenken ruf ich „Werner, ist doch noch keine Nacht, fangen wir doch mit dem Tag an, Bon Jour Werner, äh, Jaques.“
Marie lacht, Werner schmollt, ich trinke meinen Kaffee, 1:0 für unsere Seite, Werner ist auf jeden Fall phonetisch resistent.

Wieder geht die Tür auf, und hinein huscht ein winziger Japaner, kichert und setzt sich.
„So, und wär öh sind sie?“ , haucht Marie, und er sagt, er sei tis-ta-ro und er hätte sich online angemeldet. Ich grinse wie ein Honigkuchenpferd, und Olga direkt mit.
Neee, wat ham was nett und multikulturell hier.
Die nächste halbe Stunde lernen wir alle tis-ta-ros Namen, und dann waren die ersten 90 Minuten schon rum.

Resumee der ersten Stunde: Ein neues Wort gelernt, und mein Bild der reichen Russen mit einem Ausrufezeichen versehen.



Zwei mal Müllabfuhr, einmal gelb, einmal Bio-Tonnen. Eine seit Minuten scheppernde Autoalarmanlage irgendwo links die Strassen runter, die türkische Oma von nebenan läßt es sich nicht nehmen, der Müllabfuhr hinterher zu fegen, mit ihrem Reisigbesen. Unter meinem offenen Fenster ein Anzugträger, der auf sein Handy einredet, türkisch mit deutschen Ausfallwörtern wie Bilanz oder Automeile. Die Viertelgangster fahren zur Schule, der BMW vibriert unter den Bässen von 50Cent, die Kirche fängt an, es läutet acht Uhr.

Ein Hochdruckgebiet mit Warmluft, ein offenes Fenster, ein Morgen wie jetzt.