Donnerstag, 5. August 2004

eine frau wie regina

plötzlich steckte ich fest, zwischen zwei uBahn-stationen. die luft gefühlte 40°, kein fahrtwind, fiebriges aussitzen.
ein paar sitze weiter sass eine frau. ich konnte sie nicht ganz erkennen, war aber plötzlich mehr als ein jahrzehnt zurück, in gedanken bei reggie, die eigentlich regina hieß.
wir waren alle unter zwanzig damals, immer in kleinen rudeln unterwegs, quer durch den ruhrpott.
mittwochs fuhr man nach duisburg, freitags nach bochum, samstag hier hin, sonntags dorthin, und überhaupt stand man zu der zeit meist sehr cool in irgendwelchen ecken,
wenn man nicht den freestyle auf der tanzfläche vermeidete, oder sein hirn in schwarze tücher schlafen legte.

reggie, die eigentlich regina hieß, aber "rättschi" ausgesprochen wurde, lernte ich durch einen streit kennen.
ich knutschte unwissend in einer kalten winternacht auf einem parkplatz in bochum-langendreer mit ihrem ewig-drin-verknallt-nie-was-draus-geworden-typen.
unwissend, weil sie hatte mir nichts gesagt, nur böse zugeguckt. und der typ, von dem ich grad weder namen, noch haarfarbe parat hätte, der schon mal gar nicht.
wir knutschten noch zwei-drei mal, bevor ich ihn satt hatte, und reggie litt.
doch dann kam der abend, an dem wir beide und noch ein paar leute mehr in einem schwarzen vw-bus eingepfercht gen bochum knatterten. weibliche aussprache, die mit "wenn ich das gewußt hätte, hätte ich ihn abblitzen lassen, by the way: such dir lieber nen netten", einer flasche roten blubbersekt und einer gigantischen tüte in versöhnung endete.

eine halbe stunde später lagen wir beide kotzend auf der toilette des zwischenfalls, nur durch eine klowand getrennt. die halbe nacht.
ab da waren wir freundinnen, und ich schleifte reggie mit in mein rudel.
sie war kautzig, sie war 17 und sie war noch jungfrau. eine tatsache, die ich besonders an ihr mochte.
während wir anderen so taten, als würde uns sexuell nichts mehr schocken, und überhaupt so sachen wie defloration was für hanni+nanni-leserinnen war, blieb reggie standhaft.
sie hatte keine gründe, nur halt keinen sex. ihr fehlte mr.right und der entscheidende schritt, das mentale aufraffen. vielleicht aber auch nur der richtige moment und ein schnaps.
dann kam ihr 18 geburtstag, er fiel auf ein wochenende, und sie blieb aus. wir blieben ohne reggie an diesem abend. keine sorgen, aber viele fragen.
am nächsten abend kam sie in die stadt, kam in den laden und strahlte über das ganze gesicht. sie sah aus wie ein frischer pfirsich.
sie wollte ja auch am vorabend kommen, sagte sie, mit uns auf ihr jetzt offizielles erwachsenendasein anstossen, aber dann stieß sie jemand anderes an.
ihr kollege war es, stand unerwartet vor ihrer tür. in der hand ein kleines geschenkt, hübsch eingepackt. er selber frisch geduscht, und ebenfalls sorgfältig eingepackt.
er hat ihr ein geschenk gemacht, dass reggie nicht ablehnen konnte, und ihren 18 wird sie wohl nie vergessen. das andere, das buch, das hatte sie schon.

all das fiel mir wieder ein, als die bahn einen ruck machte, tunnelwind durch die fenster pfiff und eben jene frau aufstand, um zur tür zu gehen.
es war nicht reggie, die ich nach zwanzig aus den augen verlor. aber sie hatte mich an sie erinnert, und deswegen war sie es doch irgendwie.


und plötzlich

sah ich mehr nebenbei, wie einer der vermeintlichen melonenkerne hastig vom tellerrand sprang.