Montag, 1. September 2008

38,5%

Ich mach das jetzt einfach. Es ist Montag, es ist die beste Arbeitszeit, eigentlich, aber ich mach das jetzt. Geht ja auch fluffig. CD-Fach aufschnappen lassen, Disk rein, zufahren und dann sehen, was passiert. Vielleicht läuft der Scheiß ja auch gar nicht mehr. 'Böse währt am längsten' steht auf dem Karton.
Und 'Benötigt Windows 95'.
Wahrscheinlich fliegt mir die ganze Kiste in die virtuelle Luft, wenn ich etwas von einer 97er CD lade.
Egal.
Nach dem Krieg ist vor dem Krieg, und ich muss es einfach probieren. Sollten die Sopranos also noch nicht ausreichen, momentan sämtliche freie Zeit in New Jersey-Zeit verpuffen zu lassen, so kann ich dann noch die Nachtschicht mit 'Dungeon Keeper' verdaddeln.
Ich mach das jetzt einfach.
Und dann nenne ich den Dungeon einfach in 'Düsseldorf' um, un der Obermacker ist dann unser brandneuer Oberbürgermeister, und den beobachte ich dann auf Schritt und Tritt und gute 62% der Imps werde ich stündlich die Peitsche geben und sie zu blöde gackernden Hühnern verwandeln, und das sind dann all die Düsseldorfer, die gestern irgendwie keine Minute Zeit übrig hatten, um ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen.
"Entsetzen über geringe Wahlbeteiligung" weiß die Zeitung zu berichten. Hätte ich denen gestern schon sagen können, ich hatte da eine Vermutung. Als ich gegen Mittag in die für mich zuständige Turnhalle kam, herrschte dort eine schwere Depression und Müdigkeit. Unterbelastung der Ehrenamtlichen, vermutlich. Als ich rausging kamen mir drei Jungs entgegen, einer im Slipknot und einer im Rage against the Machine-Shirt, der dritte neutral aber mit blauen Haaren. Sehr gut, dachte ich. Guter Nachwuchs.
Das ganze dachte ich dann an sehr vielen Turnhallen und Schulen, an denen ich vorbeifuhr. Viele Jugendliche, viele Twens und Familien. Aber wo waren die anderen Generationen? Wo waren zum Beispiel Leute wie meine Mutter, generell Mütter, wo die Väter, brauchen die alle keinen guten Oberbürgermeister, oder in diesem Fall eine MeisterIN?
Mach ich alle zu Hühnern, gleich, wenn ich es einfach tue.
Patsch. 38,5% Wahlbeteiligung. Dabei waren die alle draußen, ich hab die doch gesehen. Wir hatten noch einmal Sommer, überall Menschen mit Bratmaxe und Alkopos und Dönerspießen auf die Schulter gewuchtet. Jedes Fahhrad war gestern an der Luft, der Deich konnte den Niederländern locker ein Paroli bieten. Aber irgendwie müssen die ihre für sie vorgesehene Turnhalle nicht gefunden haben.
Patsch, Hühnermorph.
Ich mach das jetzt einfach. Montagsdepression mit politischen Wurzeln.
Wenn mich künftig mal einer fragt wo ich wohne, dann sage ich 'Dumpdusseldorf, da wo keiner wohin geht.'

Ich mach das jetzt einfach. Ich denke, ich erfülle alle Systemvoraussetzungen.

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Na ja, 38,5% sind rein demoskopisch-statistisch schon ziemlich repräsentativ. Also wär' der Onkel Dirk auch dann OBchen geworden, wenn -sammerma- 81,8% des Düsseldorfer Stimmviehs ihre jeweilige Turnhalle zum Kreuzchenmachen aufgesucht hätten. Wählengehen ist ja auch bloß so'ne Angewohnheit, weil man ja weiß, dass das Ankreuzen von Personen und/oder Parteien eh nix ändert. Insofern ist das Gejammere der Düsseldorfer Klüngelkönige und -prinzessinnen über die ERSCHRECKEND geringe Wahlbeteiligung nur die Fortsetzung der Heuchelei mit anderen Mitteln. Natürlich würde sich der Hausmeister Elbers lieber darauf berufen, für ihn hätten 200.000 + X gestimmt und nicht bloß 90.000 - da könnte er dann immer sagen: Ey, aber ihr habt mich doch gewollt, wenn er was macht, was die Leute nicht wollen. So betrachtet ist Nichtwählen auf lokalem Niveau ja auch eine Art langfristiger Vorabprotest des Bürgers gegen die Taten seiner Führer.

(Ja, ich habe briefgewählt. Hoffe, dass Brief angekommen...)

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(am ende sind die rage againstler CDUler? :) )
ich finde kreuzchen machen pflicht und 'man kann ja eh nüscht ändern' dumpf. wenn keiner gegangen wäre, dann wäre es ein protest, aber so sieht es doch so aus wie oben beschrieben.
die leute sind zu träge und gehen lieber eis essen bei schönem wetter. leider ohne einen winzigen protestgedanken dahinter.
(den fänd ich ja gut, da würde ich glatt auch nicht gehen.)

nächster gedanke, jetzt zur stulle: was wäre eigentlich, wenn ich einen kandidaten mal so richtig toll fände. ob bürgermeister oder großraumpolitik: wir haben keine helden mehr, zumindest keine wählbaren, oder?

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Och, das kann man aber polit-filosofisch sehr breit debattieren, ob es im Zeitalter der Postpolitik noch sinnvoll ist, wählen zu gehen. Und ob Nichtwählen zwingend Protest ist. Wenn die politischen Instanzen machtlos sind, dann ist es ja wirklich quasi egal, ob und was man wählt.
Man stelle sich vor, der linke Born hätte gewonnen - zum Beispiel, weil die Wahlbeteiligung bei unter 10% gelegen hätte und alle Linkswähler wären kreuzen gegangen. Wer glaubt denn allen Ernstes, dass diese asozialen Privatisierungen der Erwinista rückgängig gemacht worden wären? Eher im Gegenteil: Die Glieder der Verwaltung hätten den Linken schon in den Wahnsinn, wenn nicht in den Suizid getrieben.

Es gab bei dieser Wahl keine wirkliche Alternative. Da trat ein rheinisch-gemütlicher CDUler vom Arbeitnehmerflügel, also voll katholische Soziallehre, gegen eine gutmenschige Katholenfunktionärin aus der Eifel an. Deren Positionen sind so dicht beieinander, dass es jedem Protestanten, Moslem oder Buddhisten grausen muss.

Jetzt schwört der Erwin-Clan den Onkel Dirk massiv darauf ein, alles so weiterzumachen wie olle JE. Tut er nicht, kriegt er Ärger mit der eigenen Partei... Ändern wird sich wenig bis nichts in dieser schönen, aber dummen Stadt.

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Ich bin schon so weit von Düsseldorf weg, dass ich nicht einmal mitbekommen habe, dass der Herr Erwin gestorben ist. Ist er dann doch seinem Darmkrebs erlegen?

Und den Neuen, ich habe es mir schon gedacht, aber ich musste in der Berichterstattung jetzt lange suchen bis ich herausfand, dass er von der CDU ist. Das wird wohl bei der Rheinischen Post vorausgesetzt dies zu wissen. Nojo.

Und die Wahlbeteiligung. Ich bin schon gespannt auf die Wahlbeteiligung am 28.9. in Österreich. Immerhin stehen da keine Kommunalwahlen an, sondern Nationalratswahlen. Aber die Frage wen man da wählen soll ich momentan eher schwierig zu beantworten. Die meisten werden sich wohl davon leiten lassen wer die besten Wahl-Bonbons vor der Wahl verteilt.

Also wenn der Faymann (SPÖ) es schafft die Studiengebühren abzuschaffen dann wähle ich ihn. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von 10 auf 5 Prozent ist dann aber wieder kein Argument. Oder ist das der falsche Ansatz für eine Wahlentscheidung? Soll ich mir lieber zuerst ansehen wie die am Wahlsonntag gekleidet sind und davon abhängig mein Kreuz machen?

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