Freitag, 20. August 2004

cut

"du has ja echt okaye haare, wat kann ab?" fragt sie, und quält ihren hubbaBubba von links nach rechts, quer durch die wörter, die sie irgendwie am meter spricht. sie riecht nach vanille.
"ach, mach mal richtig, so mindestens fünf centimeter." rufe ich gegen den sound auf volume 10 an. es wummert aus den boxen und mein einweg-umhang vibriert, es wird heiß drunter.
"echt geil, echt. wenn ich so haare hätt, ich würd mir die imma so hier hoch und an den seiten weg machen, weißte, und dann ..." verlor sie den faden, weil die CD mit einem letzten frequenzgeräusch am ende war.
"dreh mal um, rikke" rief eine der hair-cutterInnen ( steht auf deren shirts ), und ich wundere mich knapp, denke aber dann ach,egal und schaue meinen haaren beim fallen zu.
im spiegel sehe ich in einen offenen mund. dieser offene mund gehört einem offenhemdigen mann, der wohl 20 jahre älter aussieht, als er wirklich ist. er sitzt mit körperdurchzug neben seinem freund, dem grad die haare von iwi gecuttet werden.

der freund litt ein wenig, er verzog die mundwinkel, meist nach unten. die cutterin riss ihm die haare mit einer klinge runter, einer von der sorte, mit der mein dad sich früher immer die nackenhaare abrasiert hat, damit alles "sauber" aussah.
der freund mit offenem mund war überfordert. sie wären eben spontan reingekommen stammelte er, und starrte der reissenden cutterin in den bauchnabel.
es war zu viel für ihn, zu viel titten, zu viel blond, zu viel hüfte die aus hosen quoll, zu viele piercings, er sah das ja sonst nur im fernsehen. sie hätten beim bäcker gesessen und gesagt, sie müßten auch mal etwas pfiff in die haare bekommen, und hätten gelost, wer zuerst dran wäre. der andere hätte gewonnen, sagte er, und knickte mit seinen fussgelenken halbwegs rhythmisch zur musik ein.
"so herzchen, alles ab, welche farbe nehm wa?" riss mich meine cutterin aus der recherche.
" wie immer, blond, braun und kupfer, in der reihenfolge, nur oben bidde" rief ich ihr gutgelaunt zu. aus den boxen quoll eine meiner momentanen favoriten cd's, cassetteboy.
was ich eigentlich sagen wollte : es gibt tage, da liebe ich die großstadt für ihre schrulligkeit, für ihren mix an menschen, für die dinge, die sie einem auf dem präsentierteller vor die nase stellt.
bunte strähnen, bunte menschen, geschichten. man muss nur hinschauen, auch mal um die ecke.
es gibt tage, da geht mein misanthropendasein mit dem shampoo den gulli runter, und ich fand die beiden landmänner herzig und meine cutterin phantastisch klischees bedienend und ich, ich habe meine mittagspause um zwei stunden überdehnt.
"echt geile haare, cool gewordn, kommste mit auffn kaffee zu starbucks? ich lad dich ein." gurrt mir die cutterin zu.
"danke, lieb von dir, aber lass mal. ich muss noch was wind und wolken abbekommen, gehe gleich wieder in einzelhaft ins büro." sprachs, zahle, verschwand, schmeiße den tauben vor dem laden noch mein letztes stück brötchen hin und gehe der nase nach, höre als letztes, wie sie ihren hubbaBubba kräftig knallen läßt.

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