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Samstag, 25. November 2006
düsseldorf
In den frühen Nachtstunden wurde die Betreiberin der miagolare hinterrücks von einem seit Tagen stalkenden Virus gekidnappt. Sie gab sich nach einem kurzen Kampf (Wanne, Wein, was über Wanzen schreiben) geschlagen und legte sich gegen Mitternacht hin.
Selbst die Slipknotverehrenden Nachbarn schräg oben konnten durch extreme Partybelebung des Hauses nichts mehr ausrichten, Bootssitzerin Lu befand sich im festen Arrangement mit Taschentüchern und dem Sandmann. Für viele Teile Deutschlands fiel aus diesen Gründen der Traum aus, wir bitten dies zu entschuldigen.
Die Ärzte waren noch zu keiner Stellungnahme bereit, sagen aber, sie würden was sagen, würden sie Lu sehen.
Frau Lu selber war dafür zu einer knappen aber brillianten Auskunft bereit.
Laut eigener Angaben würde sie erst einmal den Bio-Supermarkt in der Innenstadt heimsuchen, und dann ihren Medizinmann für Hustensaft kontaktieren.
"Nichts muss, alles kann!", meine Damen und Herren, wir geben ab zum Wetter ...
Selbst die Slipknotverehrenden Nachbarn schräg oben konnten durch extreme Partybelebung des Hauses nichts mehr ausrichten, Bootssitzerin Lu befand sich im festen Arrangement mit Taschentüchern und dem Sandmann. Für viele Teile Deutschlands fiel aus diesen Gründen der Traum aus, wir bitten dies zu entschuldigen.
Die Ärzte waren noch zu keiner Stellungnahme bereit, sagen aber, sie würden was sagen, würden sie Lu sehen.
Frau Lu selber war dafür zu einer knappen aber brillianten Auskunft bereit.
Laut eigener Angaben würde sie erst einmal den Bio-Supermarkt in der Innenstadt heimsuchen, und dann ihren Medizinmann für Hustensaft kontaktieren.
"Nichts muss, alles kann!", meine Damen und Herren, wir geben ab zum Wetter ...
Freitag, 24. November 2006
über wörter, über wanzen.
Geschichtenvertickerin.
Geschichtenesserin.
Geschichtenverfügung.
Wo sind am 24.November eigentlich all diese kleinen roten Wanzen hingegangen? Ende der Orgie auf Pflastersteinen, jetzt ab insKörbchen Gehölz?
Halsweh. Ick hör Dir trapsen.
Geschichtenesserin.
Geschichtenverfügung.
Wo sind am 24.November eigentlich all diese kleinen roten Wanzen hingegangen? Ende der Orgie auf Pflastersteinen, jetzt ab ins
Halsweh. Ick hör Dir trapsen.
Donnerstag, 23. November 2006
nur noch 10 minuten bloggen, mutti.
Andere machen in dieser Zeit zwei prächtige Kinder, zerstören einen Kontinent, essen ein Stück Schwarzwälder Torte ohne einen Ton zu sprechen oder füllen einen Lotto-Schein aus, die Zunge fest im Mundwinkel verhaftet.
Ich, ich halte mein Glas Rotwein in der rechten und meine Zunge tief im Mund und blogge eine Runde vollen Genusses.
Einfach mal alles raus lassen, was den ganzen Tag ins Gedächtnis biss.
Zum Beispiel Kinski.
Todestag hat er heute. 65 wurde er '91, ein Jahr älter als mein Paps, aber das macht nichts, weil unterschiedlicher konnten zwei Menschen kaum sein. Obwohl. MeinVater meinte ja noch kurz zuvor am Telefon, der sei ja gar nicht mal so ein übler gewesen, der Klaus, und da dachte ich mir so Ach was und staunte ein wenig.
Zu diesem Tag und dem Ende das Ende des Herzog-Films -
Zurück zum Leben. Meine Tonsillen halten nach einer Nacht voll der Rachen-Party beachtlich still, und nur mein Druck im Kopf ist unausgeglichen. Ich ploppe, zwischendrin, was mir aber eher Verdruss statt einer Kränkelei einbringt.
Da die letzte Nacht mir nur drei Stunden Schlaf und fünf Stunden frieren schenkte, war ich heute morgen gegen sechs den Göttern des dunklen Novembermorgens um ein Haar dankbar das ich aufstehen musste, konnte ich so wenigstens zwei Hände und meinen ganzen Unmut über diesen echt langen Donnerstag um die Kaffeetasse schlingen, während die vier Fellchen den frühen Tag mit Nieren und Knusperzeugs abfeierten.
Ich bleibe scheinbar gesund, komme was da wolle.
Nächstes Kapitel: Nach 15 Stunden wäre der Donnerstag geschafft. Eigentlich wollte ich "gegessen" tippen, aber dann dachte ich, was mach ich damit? Einen Tag essen? Muss ich am Ende die Beilagen erfinden, schnibbeln und auftischen? Mis en plage? Bewahre.
Statt dessen LUSH-Orgie in der Nasszelle und Bett, reiben an der heißen Wärmflasche, so nieder und klein meine Bedürfnisse.
Das Buch ist zu gut. Gerade heute im Bus, mitten im Düsseldorf, da haben sich zwei der vier Protagonisten endlich bekommen, und das klang dann so:
"Er verschlang sie vom Kopf bis zu den Füßen.
Zuerst machte er sich über ihre Sommersprossen her, dann knabberte, pickte, knusperte, leckte, verschlang, mampfte, futterte, biß und nagte er sie ab bis auf die Knochen. Unterwegs kam sie auf den Geschmack und zahlte es ihm heim."
Ich guckte etwas einfältig aus dem Busfenster, draussen auf der Aussenseite des Fensters perlte der strömende Regen ab.
Sie_zahlte_es_ihm_heim.
Liebe verwirrt, Leidenschaft auch. Ich mochte das mit den Sommersprossen und verdarb es mir mit "mampfte".
Als ich dann Ausstieg war ich die mit dem Buch an der grünen Ampel. Ich deckte es vor dem Regen mit den beiden Armen ab, die ich immer zur Verfügung habe, nur um letztendlich unter der Laterne zu lesen:
"Diesmal ließ er sich Zeit (sie trieben es gerade das dritte Mal, Anm.: Lu), und nachdem sich jeder auf seine Seite gerollt hatte, gesättigt und am Rande des Abgrunds, wandte sich Franck an seine Zimmerdecke:
>>Ist gut, Camille, ich werde Dich niemals lieben.<<
>>Danke, Franck. Ich auch nicht.<<
Na toll. All die angeregneten Seiten für das übliche Desaster, ich sollte vielleicht doch mehr die alten Meister lesen.
Doch dann...
Mein Medizinmann meinte heute, meine Nackenschmerzen wären nicht auf meine Nackenknochen zurückzuführen, sondern ich hätte ganze Energiemeere die dort wild wüten würden.
"U got so much energie there, that will make a mess in your brain." Sagte er, und dann legte er Hand an, und begann, meine angestauten Energien der letzten 18 Monate rauszulassen. Knubbel in den Filets des Rückens, aufs äusserte gespannte Nackenmuskel, welche kleine elektrische Botschaften in die Arme schicken, atmen, ausatmen, Gegendruck und erweitertes Bewegungsfeld.
"Ich bin gar kein Nackenmensch, eigentlich." sage ich zwischen zwei Übungen. "Sometimes life is to hard, and you have to save yourself and drop.", er.
Danach hatte er heiße, zittrige Hände, so stark ist mein Stau.
Abendessen: Nudeln, wilde Pilze, Rauke und Wein.
Die zweieinhalb besten Sätze von anderen:
"Ah, verstehe. In Ihrer Nähe bekommt selbst der schrumpeligste Schinken noch Glanz in den Augen. Das kann ich bezeugen!"
(kid37, Mittwoch, 22. November 2006, 20:34)
"Dann hat diese Stripperin sich Schlagsahne auf die Brüste gesprüht und mein Patenonkel musste das alles ablecken und hat der fast auf die Stiefel gereiert, weil der so voll mit Apfelschnaps war. Aber das hab ich selber nicht gesehen, nur gehört, weil ich während der Hochzeitsfeier eben kurz nachm Deichmann rein bin."
(Meine Auszubildende C., 17 Jahre, und von mir nur "Zuchtperle" genannt, über die Hochzeitsfeier ihres Onkels Winfried vom Vortag.)
"Komm ins Licht, Lu!"
(Gott, der liebe)
Gute Nacht Donnerstag, und grüß den Rest.
Ich, ich halte mein Glas Rotwein in der rechten und meine Zunge tief im Mund und blogge eine Runde vollen Genusses.
Einfach mal alles raus lassen, was den ganzen Tag ins Gedächtnis biss.
Zum Beispiel Kinski.
Todestag hat er heute. 65 wurde er '91, ein Jahr älter als mein Paps, aber das macht nichts, weil unterschiedlicher konnten zwei Menschen kaum sein. Obwohl. MeinVater meinte ja noch kurz zuvor am Telefon, der sei ja gar nicht mal so ein übler gewesen, der Klaus, und da dachte ich mir so Ach was und staunte ein wenig.
Zu diesem Tag und dem Ende das Ende des Herzog-Films -
Zurück zum Leben. Meine Tonsillen halten nach einer Nacht voll der Rachen-Party beachtlich still, und nur mein Druck im Kopf ist unausgeglichen. Ich ploppe, zwischendrin, was mir aber eher Verdruss statt einer Kränkelei einbringt.
Da die letzte Nacht mir nur drei Stunden Schlaf und fünf Stunden frieren schenkte, war ich heute morgen gegen sechs den Göttern des dunklen Novembermorgens um ein Haar dankbar das ich aufstehen musste, konnte ich so wenigstens zwei Hände und meinen ganzen Unmut über diesen echt langen Donnerstag um die Kaffeetasse schlingen, während die vier Fellchen den frühen Tag mit Nieren und Knusperzeugs abfeierten.
Ich bleibe scheinbar gesund, komme was da wolle.
Nächstes Kapitel: Nach 15 Stunden wäre der Donnerstag geschafft. Eigentlich wollte ich "gegessen" tippen, aber dann dachte ich, was mach ich damit? Einen Tag essen? Muss ich am Ende die Beilagen erfinden, schnibbeln und auftischen? Mis en plage? Bewahre.
Statt dessen LUSH-Orgie in der Nasszelle und Bett, reiben an der heißen Wärmflasche, so nieder und klein meine Bedürfnisse.
Das Buch ist zu gut. Gerade heute im Bus, mitten im Düsseldorf, da haben sich zwei der vier Protagonisten endlich bekommen, und das klang dann so:
"Er verschlang sie vom Kopf bis zu den Füßen.
Zuerst machte er sich über ihre Sommersprossen her, dann knabberte, pickte, knusperte, leckte, verschlang, mampfte, futterte, biß und nagte er sie ab bis auf die Knochen. Unterwegs kam sie auf den Geschmack und zahlte es ihm heim."
Ich guckte etwas einfältig aus dem Busfenster, draussen auf der Aussenseite des Fensters perlte der strömende Regen ab.
Sie_zahlte_es_ihm_heim.
Liebe verwirrt, Leidenschaft auch. Ich mochte das mit den Sommersprossen und verdarb es mir mit "mampfte".
Als ich dann Ausstieg war ich die mit dem Buch an der grünen Ampel. Ich deckte es vor dem Regen mit den beiden Armen ab, die ich immer zur Verfügung habe, nur um letztendlich unter der Laterne zu lesen:
"Diesmal ließ er sich Zeit (sie trieben es gerade das dritte Mal, Anm.: Lu), und nachdem sich jeder auf seine Seite gerollt hatte, gesättigt und am Rande des Abgrunds, wandte sich Franck an seine Zimmerdecke:
>>Ist gut, Camille, ich werde Dich niemals lieben.<<
>>Danke, Franck. Ich auch nicht.<<
Na toll. All die angeregneten Seiten für das übliche Desaster, ich sollte vielleicht doch mehr die alten Meister lesen.
Doch dann...
Mein Medizinmann meinte heute, meine Nackenschmerzen wären nicht auf meine Nackenknochen zurückzuführen, sondern ich hätte ganze Energiemeere die dort wild wüten würden.
"U got so much energie there, that will make a mess in your brain." Sagte er, und dann legte er Hand an, und begann, meine angestauten Energien der letzten 18 Monate rauszulassen. Knubbel in den Filets des Rückens, aufs äusserte gespannte Nackenmuskel, welche kleine elektrische Botschaften in die Arme schicken, atmen, ausatmen, Gegendruck und erweitertes Bewegungsfeld.
"Ich bin gar kein Nackenmensch, eigentlich." sage ich zwischen zwei Übungen. "Sometimes life is to hard, and you have to save yourself and drop.", er.
Danach hatte er heiße, zittrige Hände, so stark ist mein Stau.
Abendessen: Nudeln, wilde Pilze, Rauke und Wein.
Die zweieinhalb besten Sätze von anderen:
"Ah, verstehe. In Ihrer Nähe bekommt selbst der schrumpeligste Schinken noch Glanz in den Augen. Das kann ich bezeugen!"
(kid37, Mittwoch, 22. November 2006, 20:34)
"Dann hat diese Stripperin sich Schlagsahne auf die Brüste gesprüht und mein Patenonkel musste das alles ablecken und hat der fast auf die Stiefel gereiert, weil der so voll mit Apfelschnaps war. Aber das hab ich selber nicht gesehen, nur gehört, weil ich während der Hochzeitsfeier eben kurz nachm Deichmann rein bin."
(Meine Auszubildende C., 17 Jahre, und von mir nur "Zuchtperle" genannt, über die Hochzeitsfeier ihres Onkels Winfried vom Vortag.)
"Komm ins Licht, Lu!"
(Gott, der liebe)
Gute Nacht Donnerstag, und grüß den Rest.
Mittwoch, 22. November 2006
ungelegte eier, oder der geist der tonsille.
Wenn sich das hier alles so rasant weiterentwickelt, wie es schon seit Anfang der Woche vor sich herdümpelt, dann gibt es spätestens Anfang Wochenende wieder knallhartes Erkältungsbloggen. (Wir erinnern uns: Teil 1, Teil 2 und Teil 3, Das Finale.)
Nebenbei: Wo ist die Gerechtigkeit der Acerola-Kirsche, wenn ich erst drei Jahre gesund bleibe, wo alle anderen DVD-Tage mit Taschentüchern bestreiten, und nur ich und meine Rossgesundheit arbeiten gehen, und ich dann quasi jetzt und unter Umständen zwei Erkältungen in einem Quartal ausleben darf? Wo?
Nebenbei: Wo ist die Gerechtigkeit der Acerola-Kirsche, wenn ich erst drei Jahre gesund bleibe, wo alle anderen DVD-Tage mit Taschentüchern bestreiten, und nur ich und meine Rossgesundheit arbeiten gehen, und ich dann quasi jetzt und unter Umständen zwei Erkältungen in einem Quartal ausleben darf? Wo?
Lu lernt Französisch, Lektion 10.
"Fällt heute leider wegen zu hohem Arbeitsaufkommen in dieser Woche komplett aus."
Komplett? Nix da, wir machen heute ohne Marie und Olga weiter, und zwar mit Müsique et Jaquesder in Video 1 eine extrem aktuelle Frisur trägt.
Unite 4.0 , das eigene Ich besingen:
Unite 4.1 , bitte wiederholen:
Unite 4.2 , und jetzt zu zweit: (Olga wär jetzt praktisch)
fertig. fin. endö'.
Komplett? Nix da, wir machen heute ohne Marie und Olga weiter, und zwar mit Müsique et Jaques
Unite 4.0 , das eigene Ich besingen:
Unite 4.1 , bitte wiederholen:
Unite 4.2 , und jetzt zu zweit: (Olga wär jetzt praktisch)
fertig. fin. endö'.
was mit den resten geschah-
Hund Daisys Asche steht jetzt in einem Gefäß in den Regalen der Jacob Sisters. Carell wußte das für sich zu verhindern.
(Es gibt immer noch Dinge, die mich morgens vor sieben beim Zähneputzen überraschen. Beim ausspucken fügt mein Hirn dann geschäftig diese Puzzleteile zusammen und legt sie ab.)
(Es gibt immer noch Dinge, die mich morgens vor sieben beim Zähneputzen überraschen. Beim ausspucken fügt mein Hirn dann geschäftig diese Puzzleteile zusammen und legt sie ab.)
bunt, nass, glimmblätter.
Draussen Laub, viel Laub. In gelb, ein wenig orange, selten tief rot, kaum noch grün vorhanden. Es leuchtet, es lacht, es duftet, und es macht einen rutschig.
Aber das habt ihr sicher schon selbst alles erlebt.
Aber das habt ihr sicher schon selbst alles erlebt.
Montag, 20. November 2006
Mike ist so tot.
Anrufe, die kommen ja selten einfach nur so. Heutzutage, da ist anrufen mitunter das innigste, was so geht, mit Maschinen.
Und an diesem Mittwoch vor drei Wochen griff D. in D. zu seiner Maschine, gab meine Kontaktdaten ein, und erreichte mich knapp später mitten auf dem Land, wo ich gerade zu einer Tasse griff.
Ein Schiffstuten, Möwengeschrei, ein Anruf, alle am Tisch verstummen. Ich lasse die Tasse los, greife zu meiner kleinen
Kommunikationsfabrik und sage Hallo? D. sagt, Sag mal, Du hast Mike doch auch gut gekannt, oder?
Und ich denke, dass Telefonate, die so los gehen, nie was Gutes inne haben, und sage Ja, klar.
Der ist tot, sagt D. und ich denke „Ach Mike“, und während ich das mindestens 15 mal denke, dieses „Ach Mike“, gesellt sich pro getauschter Information noch ein Ausrufezeichen hinzu, so dass ich am Ende auf dieser Couch auf dem Land sitze, und „Ach Mike !!!!!!!!!!!!!!!“ denke. Mike, mit zig Ausrufezeichen, die alle empört auf den Tisch hauen.
Zehn Tage lag er mausetot in seiner Wohnung auf seinem Fussboden, zehn Tage wo sich scheinbar niemand sorgte oder Mike vermisste. Ich bin seit letztem Jahr etwas geübt in Dingen „Verlieren von Personen und deren Nachrufe mit sich herumtragen“, und so ging es mir die nächsten Tage gewohnt an die Nieren, und ich dachte an Mike.
Ach Mike. Wieso hast Du zehn lange Tage keinem gefehlt?
Wir waren 18, damals, und ungeheuer wild. Mike kam gerade aus Chicago, sein Vater hatte hier berufliche Perspektiven und Mike ein eigenes Zimmer, ausgeschlagen mit großen Metal-Postern, und eines dieser ganz speziellen amerikanischen Betten, welche in Teenie-Horrorfilmen immer sehr fluffig aussehen, groß und gewaltig weich. Damit war das Zimmer voll.
Mike brachte die erste Metallica-Platte meines Lebens mit aus diesem Amiland, wie er Seine Ex-Heimat ausführlich schimpfte, Ami_land.
Der Abend an dem wir uns kennen lernten, der war bezeichnend für viele weitere Abende, an denen wir uns dann
schon kannten, was für unsere Zukunft wichtig war. Die ganze Nacht sassen wir auf einem leeren Fussboden und tranken Bier, während Mike von seiner enttäuschten Liebe zu Sabinchen sprach. Sie hatte ihn sitzen lassen für ein Zahnstudium, die Geschichte dauerte die halbe Nacht, gerechnet ab Mitternacht.
Zwischenzeitlich ass ich eine ganze Packung Pops und trank Bier aus Flaschen, die Mike mit einem Feuerzeug öffnete. Es macht immer gleich Plöpps, das mochte ich an dieser Nacht.
Diese Wohnung war eine besetzte Wohnung, hatte fünf Zimmer und ich war mit dem Besetzer kurzzeitig verpaart. Mike sagte immer, der sei ein Idiot, und nach vier Wochen fand ich das auch, was wiederum meinen Vater sehr zufrieden machte, konnte er den Besetzer und seine Marotte, immer nackt die Tür zu öffnen, nicht wirklich ins Herz schliessen.
Mike also wurde mein bester Freund, Bruderersatz und Alkoholiker. Immer wenn er kam, brachte er Bier mit. Da er täglich klingelte, (bis auf Mittwochs, da spielten wir mit dem dritten im Bunde in seinem Zimmer Malefiz, hörten erst Metallica, zu vorgerückter Stunde dann Truck Stop, was seine Mutter einmal veranlasste, mich auf dem Weg zur Toilette abzufangen und mich sehr ernst ins Gebet zu nehmen, ob ich mich mit den beiden da oben eigentlich wohl fühlen würde, weil die hätten offensichtlich einen mächtigen Knall) kaufte er täglich Bier, trank das aus und ging stets vor Mitternacht wieder ein paar Ecken zurück, in sein Amiland-Bett, zurück zu seinen Postern.
Rock'n'Roll, jeden Tag.
Die Jahre zogen, Mike trank, wir sprachen ihn oft genau darauf an. Er sagte, es wäre sein Bier, er würde alles was gefordert bestens hinbekommen, also kein Problem, es sei denn, man wolle unbedingt eins daraus machen. Die Freunde wurde älter, die Ansprüche anstrengender, Studium, Zivildienst, Ausbildungen, wir waren alle mächtig beschäftigt, Zeit wurde knapper Luxus.
Die Zeiten von täglichem Abhängen und Malefiz waren längst Geschichte, einige im Ausland, Stipendien ableben und Hochzeiten feiern. Mike war entsetzt, wenn eine von wem ein Kind bekam, wenn Trauringe getauscht und Karrieren besiegelt wurden. Er hatte ein gutes Abi, ein angefangenes Studium, den HSV und seinen Lagerjob im Supermarkt. Und seinen Rausch.
Sprach man ihn darauf an, wenn er Nachts und sprachlich durch Bier arg ausgebremst die Telefonmaschine bimmeln ließ, dann gab es eine Standpauke a la Mike, man seie jetzt wohl Spießer, und früher, da war alles ganz anders und jeder Mensch hätte ein Recht auf Rausch.
Ich weiß, sagte ich dann meist sehr verschlafen mit einem bösen Blick auf den Wecker. 2:38, Gute Nacht Mike, ich leg jetzt auf, wenn nichts wichtiges ist.
Die letzten Jahre war der Kontakt von großen Löchern durchsiebt. Mal eine Mail, selten ein Telefonat, und als ich umzog vergass ich, das Mike meine neue Nummer nicht hatte. Ich dachte öfter mal an ihn, nichts böses, Mike eben, der macht seine Sache. Und dann dieser Anruf, direkt zum Kaffee.
Mike ist tot. Zehn Tage lang auf dem Fussboden, Speiseröhrenblutung.
Wann immer der HSV spielt, Mike, dann denke ich, dass Du da oben zuschaust und Dir ein Bier aufmachst.
Plöpps.
Rock'n'Roll.
Scheisse.
Und an diesem Mittwoch vor drei Wochen griff D. in D. zu seiner Maschine, gab meine Kontaktdaten ein, und erreichte mich knapp später mitten auf dem Land, wo ich gerade zu einer Tasse griff.
Ein Schiffstuten, Möwengeschrei, ein Anruf, alle am Tisch verstummen. Ich lasse die Tasse los, greife zu meiner kleinen
Kommunikationsfabrik und sage Hallo? D. sagt, Sag mal, Du hast Mike doch auch gut gekannt, oder?
Und ich denke, dass Telefonate, die so los gehen, nie was Gutes inne haben, und sage Ja, klar.
Der ist tot, sagt D. und ich denke „Ach Mike“, und während ich das mindestens 15 mal denke, dieses „Ach Mike“, gesellt sich pro getauschter Information noch ein Ausrufezeichen hinzu, so dass ich am Ende auf dieser Couch auf dem Land sitze, und „Ach Mike !!!!!!!!!!!!!!!“ denke. Mike, mit zig Ausrufezeichen, die alle empört auf den Tisch hauen.
Zehn Tage lag er mausetot in seiner Wohnung auf seinem Fussboden, zehn Tage wo sich scheinbar niemand sorgte oder Mike vermisste. Ich bin seit letztem Jahr etwas geübt in Dingen „Verlieren von Personen und deren Nachrufe mit sich herumtragen“, und so ging es mir die nächsten Tage gewohnt an die Nieren, und ich dachte an Mike.
Ach Mike. Wieso hast Du zehn lange Tage keinem gefehlt?
Wir waren 18, damals, und ungeheuer wild. Mike kam gerade aus Chicago, sein Vater hatte hier berufliche Perspektiven und Mike ein eigenes Zimmer, ausgeschlagen mit großen Metal-Postern, und eines dieser ganz speziellen amerikanischen Betten, welche in Teenie-Horrorfilmen immer sehr fluffig aussehen, groß und gewaltig weich. Damit war das Zimmer voll.
Mike brachte die erste Metallica-Platte meines Lebens mit aus diesem Amiland, wie er Seine Ex-Heimat ausführlich schimpfte, Ami_land.
Der Abend an dem wir uns kennen lernten, der war bezeichnend für viele weitere Abende, an denen wir uns dann
schon kannten, was für unsere Zukunft wichtig war. Die ganze Nacht sassen wir auf einem leeren Fussboden und tranken Bier, während Mike von seiner enttäuschten Liebe zu Sabinchen sprach. Sie hatte ihn sitzen lassen für ein Zahnstudium, die Geschichte dauerte die halbe Nacht, gerechnet ab Mitternacht.
Zwischenzeitlich ass ich eine ganze Packung Pops und trank Bier aus Flaschen, die Mike mit einem Feuerzeug öffnete. Es macht immer gleich Plöpps, das mochte ich an dieser Nacht.
Diese Wohnung war eine besetzte Wohnung, hatte fünf Zimmer und ich war mit dem Besetzer kurzzeitig verpaart. Mike sagte immer, der sei ein Idiot, und nach vier Wochen fand ich das auch, was wiederum meinen Vater sehr zufrieden machte, konnte er den Besetzer und seine Marotte, immer nackt die Tür zu öffnen, nicht wirklich ins Herz schliessen.
Mike also wurde mein bester Freund, Bruderersatz und Alkoholiker. Immer wenn er kam, brachte er Bier mit. Da er täglich klingelte, (bis auf Mittwochs, da spielten wir mit dem dritten im Bunde in seinem Zimmer Malefiz, hörten erst Metallica, zu vorgerückter Stunde dann Truck Stop, was seine Mutter einmal veranlasste, mich auf dem Weg zur Toilette abzufangen und mich sehr ernst ins Gebet zu nehmen, ob ich mich mit den beiden da oben eigentlich wohl fühlen würde, weil die hätten offensichtlich einen mächtigen Knall) kaufte er täglich Bier, trank das aus und ging stets vor Mitternacht wieder ein paar Ecken zurück, in sein Amiland-Bett, zurück zu seinen Postern.
Rock'n'Roll, jeden Tag.
Die Jahre zogen, Mike trank, wir sprachen ihn oft genau darauf an. Er sagte, es wäre sein Bier, er würde alles was gefordert bestens hinbekommen, also kein Problem, es sei denn, man wolle unbedingt eins daraus machen. Die Freunde wurde älter, die Ansprüche anstrengender, Studium, Zivildienst, Ausbildungen, wir waren alle mächtig beschäftigt, Zeit wurde knapper Luxus.
Die Zeiten von täglichem Abhängen und Malefiz waren längst Geschichte, einige im Ausland, Stipendien ableben und Hochzeiten feiern. Mike war entsetzt, wenn eine von wem ein Kind bekam, wenn Trauringe getauscht und Karrieren besiegelt wurden. Er hatte ein gutes Abi, ein angefangenes Studium, den HSV und seinen Lagerjob im Supermarkt. Und seinen Rausch.
Sprach man ihn darauf an, wenn er Nachts und sprachlich durch Bier arg ausgebremst die Telefonmaschine bimmeln ließ, dann gab es eine Standpauke a la Mike, man seie jetzt wohl Spießer, und früher, da war alles ganz anders und jeder Mensch hätte ein Recht auf Rausch.
Ich weiß, sagte ich dann meist sehr verschlafen mit einem bösen Blick auf den Wecker. 2:38, Gute Nacht Mike, ich leg jetzt auf, wenn nichts wichtiges ist.
Die letzten Jahre war der Kontakt von großen Löchern durchsiebt. Mal eine Mail, selten ein Telefonat, und als ich umzog vergass ich, das Mike meine neue Nummer nicht hatte. Ich dachte öfter mal an ihn, nichts böses, Mike eben, der macht seine Sache. Und dann dieser Anruf, direkt zum Kaffee.
Mike ist tot. Zehn Tage lang auf dem Fussboden, Speiseröhrenblutung.
Wann immer der HSV spielt, Mike, dann denke ich, dass Du da oben zuschaust und Dir ein Bier aufmachst.
Plöpps.
Rock'n'Roll.
Scheisse.
Samstag, 18. November 2006
Verliebt, sehr.

Blond and Brunette (Lesendes Mädchen mit Mops)
Charles Burton Barber, 1845-1879
(steht neu als Postkarte neben meinem Bett, an den
Bücherstapel gelehnt, wird als Lesezeichen das nächste
Buch begleiten.)
Stocktreffer.
Und zwar direkt aus meiner Herzstadt Hamburg, weit ausgeholt und angetroffen vom Sprodden-Daniel, ein Bild-Stock.
Motto: Was hatte die Lu heute an?
Da ich für die Frauenquote stehe, hab ich mich natürlich nicht Lumpen lassen, und das Stöckchen konnte passender kaum kommen, ist der Freitag doch ein schöner Vorzeigetag wenn es um fliegende Wechsel geht.
Ich habe die Sachen übrigens vor dem Tragen abgelichtet, weil einiges nach dem Tragen unter Umständen nicht mehr ganz so lecker aussieht.
Wir beginnen um
9:00 - ausserhäusliche Tätigkeiten

1. meine alten Chucks, löchrig und rot.
2. doofes Statusteil, aber ich liebe ihn und er hält die 7. fest.
3. weicher, nachtschwarzer Rollkragenpulli, Baumwolle.
4. aktuelle Lieblingssocken, Herrenabteilung Hasi & Mausi
5. BH Mangoon
6. Skinny-Dingens
7. Jeans
10:30 im Gym, Step + Ausdauer

1. Trainingshose
2. Hallenschuhe
3. Söckchen
4. Unterhemd in geliebter Schlammfarbe
5. Übershirt in geliebter Schlammfarbe. Das Zwiebelprinzip.
6. immer noch das Skinny-Dingens, getarnt auf Trainingshose
14:30 Arbeit, ebenfalls Ausdauer.

1. unsexy Treter, hyperbequem und prima zum Stolpern
2. BH Mangoon
3. Top, eng
4. Shirt, noch enger
5. Hose, lässig rutschend
6. rote Socken, damit ich meine Füsse wiederfinde
20:00 Essen gehen

1. hohe Stiefel, intellektuell schwarz
2. Ringelkniestrümpfe in schwarz+schlammfarben
3. Skinny-Dingens, mal wieder
4. BH Mangoon
5. "superflausch Strumpfhose" Mangoon in Beere, Kaufhof 8 €
6. schwarzes Longsleave vom Trödel
7. superfröhliches Übershirt aus Vollviskose, Promod
8. Kostümrock, verlassen von Jacke, Trödelmarkt 2,50€
Mitternacht überfuttert ins Plumeaux

1. Panties Mangoon, Signalrot (damit ich morgens weiß, wo oben und unten an mir ist)
2. peinliches aber gemütliches Snoopyshirt, Hasi&Mausi
3. Wärmflasche - unabdingbares Bettutensil
Fertig. Ich werfe ja keine Stöcke, also nehmts euch weg, wenn ihr Lust habt, Schlüpper und Socken vor die Kamera zu halten, ich werds morgen schließlich auch bereuen.
(An dieser Stelle ein gedachter Smiley)
Motto: Was hatte die Lu heute an?
Da ich für die Frauenquote stehe, hab ich mich natürlich nicht Lumpen lassen, und das Stöckchen konnte passender kaum kommen, ist der Freitag doch ein schöner Vorzeigetag wenn es um fliegende Wechsel geht.
Ich habe die Sachen übrigens vor dem Tragen abgelichtet, weil einiges nach dem Tragen unter Umständen nicht mehr ganz so lecker aussieht.
Wir beginnen um
9:00 - ausserhäusliche Tätigkeiten

1. meine alten Chucks, löchrig und rot.
2. doofes Statusteil, aber ich liebe ihn und er hält die 7. fest.
3. weicher, nachtschwarzer Rollkragenpulli, Baumwolle.
4. aktuelle Lieblingssocken, Herrenabteilung Hasi & Mausi
5. BH Mangoon
6. Skinny-Dingens
7. Jeans
10:30 im Gym, Step + Ausdauer

1. Trainingshose
2. Hallenschuhe
3. Söckchen
4. Unterhemd in geliebter Schlammfarbe
5. Übershirt in geliebter Schlammfarbe. Das Zwiebelprinzip.
6. immer noch das Skinny-Dingens, getarnt auf Trainingshose
14:30 Arbeit, ebenfalls Ausdauer.

1. unsexy Treter, hyperbequem und prima zum Stolpern
2. BH Mangoon
3. Top, eng
4. Shirt, noch enger
5. Hose, lässig rutschend
6. rote Socken, damit ich meine Füsse wiederfinde
20:00 Essen gehen

1. hohe Stiefel, intellektuell schwarz
2. Ringelkniestrümpfe in schwarz+schlammfarben
3. Skinny-Dingens, mal wieder
4. BH Mangoon
5. "superflausch Strumpfhose" Mangoon in Beere, Kaufhof 8 €
6. schwarzes Longsleave vom Trödel
7. superfröhliches Übershirt aus Vollviskose, Promod
8. Kostümrock, verlassen von Jacke, Trödelmarkt 2,50€
Mitternacht überfuttert ins Plumeaux

1. Panties Mangoon, Signalrot (damit ich morgens weiß, wo oben und unten an mir ist)
2. peinliches aber gemütliches Snoopyshirt, Hasi&Mausi
3. Wärmflasche - unabdingbares Bettutensil
Fertig. Ich werfe ja keine Stöcke, also nehmts euch weg, wenn ihr Lust habt, Schlüpper und Socken vor die Kamera zu halten, ich werds morgen schließlich auch bereuen.
(An dieser Stelle ein gedachter Smiley)
Freitag, 17. November 2006
Ich mit Camille beim Schlachtfest, oder "Paris, wann denn nur?"
Ich sitze im Bus. Die Stadt um mich herum hat erneut Frühling, es sind 20 °C und die Ghettokids hinter mir tragen baggy und sommerlich HipHop. Und das Mitte November, denke ich, blättere um und sinke ein Stück tiefer hinunter in Pulli und Buch.
Um mich herum die üblichen Gespräche, ich höre kaum hin, statt dessen Metric aus zwei Knöpfen. Überhaupt, diese Verkabelten, die mit den Schnüren aus den Ohren. Bin ja auch so eine, oft zu oft, kann ich so wenigstens akustisch aussteigen aus diesem Tagesgelärm.
Ich sitze also im Bus, das drumherum ist sortiert, und lese mein Novemberbuch, Anna Gavalda.
Es ist ja schon eine wüste Sache, dieses lesen. Manchmal wird man nicht ausreichend auf etwas vorbereitet, was im Grunde ja hervorragend ist, weil ich liebe nichts mehr als Überraschungen,
- Gut, gefüllte Rotweingläser, frische Bücher, volle Teller, der Geruch von Katzentatzen, jüdische Friedhöfe spät Nachmittags ... all das liebe ich mindestens genau so üppig wie eine Überraschung die sich gewaschen hat, und doch –
aber es gibt auch solche, die einen unverblümt am Kragen packen, die Luft nehmen und dann erst einmal in aller Gemütsruhe auf einem sitzen bleiben, so wie bei mir.
Bei Anna in „Zusammen ist man weniger allein“ wurde Camille von Franck zu einem Schlachtfest auf einem alten Hof gebracht, zwei Schweine waren ab Seite 326 mit ihrem Ableben dran. Weia, dachte ich noch, die sollte mal besser zu Hause bleiben, die Camille, und für so etwas schon gar keinen einzigen Schritt aus Paris machen. Paris, diese einfach totzuliebende Stadt. Aber Fremdprotagonistinnen machen selten genau das, was man möchte, sonst hätte man sie ja selber erschreiben können. Camille setzte sich also auf Francks Motorrad, erfror während der Fahrt fast kläglich, wurde dann auf dem Hof mit sehr viel Schnaps wieder aufgetaut und sollte alles zeichnen, was sich am nächsten Tag dort abspielen würde.
Desolat und verkatert stand sie eine Nacht später an dieser Schlachtbank, der Gaston, der gerufene Schlachter, wetzt die Messer und ich, ich sinke sekündlich tiefer in den miefigen Bussitz der Linie 721 (Waldfriedhof - Flughafen) und überlege, ob es an dieser Stelle meines Lebens verwerflich wäre, jetzt mal eben ein paar Seiten zu überspringen. Kann ich so schlecht, steckt ja Arbeit und Liebe mit drin, ruft mein Lesegewissen tief aus meinem Innersten, also lese ich stoisch weiter.
Und wie das Leben nun gerade Mittags in Bussen so zu mir ist, kommt es wie es kommen muss: Ich muss heulen.
Ich lese also, heule dabei leise wie arrythmisch zu Metric, und die Ghettojungs gucken rüber, sagen aber nichts.
Die erste Sau wäre geschafft, und Camille ist schlecht. Mir auch, aber ich beschließe, das jetzt durchzuhalten, acht Haltestellen und ein Schwein noch, bis zur Arbeit habe ich einen zehnminütigen Fussmarsch um auszuglühen, wird schon.
Das zweite Schwein ist dran, sieht die Blutlache des ersten und brüllt vorab wie am Spieß. Mir ist jetzt nicht nur heulelend sondern auch noch böse schlecht, ich verfluche Welt, Gastons, Schicksale und jede einzelne Scheibe Salami meines Lebens, und als die Szenerie endlich zu Ende ist, da trinkt Camille einen Schnaps, und ich bekomme von den aussteigenden Ghettokids ein Taschentuch hingehalten. Es ist angeknautscht und duftet nach Gras, aber es ist meins und ich habe es nötig.
Dünnhäutig, mit über der S-Bahnbrücke kotzendem Seelchen gehe ich zur Arbeit und schwöre mir, das in meinen Geschichten nie ein Schwein erlegt wird. Nie.
Feierlich werfe ich mein feuchtes und vollgerötzeltes Taschentuch in die Mülltonne mit der Aufschrift "Müll", und rufe laut "NIE!".
Besiegelt, stummer Applaus, Vorhang!
Um mich herum die üblichen Gespräche, ich höre kaum hin, statt dessen Metric aus zwei Knöpfen. Überhaupt, diese Verkabelten, die mit den Schnüren aus den Ohren. Bin ja auch so eine, oft zu oft, kann ich so wenigstens akustisch aussteigen aus diesem Tagesgelärm.
Ich sitze also im Bus, das drumherum ist sortiert, und lese mein Novemberbuch, Anna Gavalda.
Es ist ja schon eine wüste Sache, dieses lesen. Manchmal wird man nicht ausreichend auf etwas vorbereitet, was im Grunde ja hervorragend ist, weil ich liebe nichts mehr als Überraschungen,
- Gut, gefüllte Rotweingläser, frische Bücher, volle Teller, der Geruch von Katzentatzen, jüdische Friedhöfe spät Nachmittags ... all das liebe ich mindestens genau so üppig wie eine Überraschung die sich gewaschen hat, und doch –
aber es gibt auch solche, die einen unverblümt am Kragen packen, die Luft nehmen und dann erst einmal in aller Gemütsruhe auf einem sitzen bleiben, so wie bei mir.
Bei Anna in „Zusammen ist man weniger allein“ wurde Camille von Franck zu einem Schlachtfest auf einem alten Hof gebracht, zwei Schweine waren ab Seite 326 mit ihrem Ableben dran. Weia, dachte ich noch, die sollte mal besser zu Hause bleiben, die Camille, und für so etwas schon gar keinen einzigen Schritt aus Paris machen. Paris, diese einfach totzuliebende Stadt. Aber Fremdprotagonistinnen machen selten genau das, was man möchte, sonst hätte man sie ja selber erschreiben können. Camille setzte sich also auf Francks Motorrad, erfror während der Fahrt fast kläglich, wurde dann auf dem Hof mit sehr viel Schnaps wieder aufgetaut und sollte alles zeichnen, was sich am nächsten Tag dort abspielen würde.
Desolat und verkatert stand sie eine Nacht später an dieser Schlachtbank, der Gaston, der gerufene Schlachter, wetzt die Messer und ich, ich sinke sekündlich tiefer in den miefigen Bussitz der Linie 721 (Waldfriedhof - Flughafen) und überlege, ob es an dieser Stelle meines Lebens verwerflich wäre, jetzt mal eben ein paar Seiten zu überspringen. Kann ich so schlecht, steckt ja Arbeit und Liebe mit drin, ruft mein Lesegewissen tief aus meinem Innersten, also lese ich stoisch weiter.
Und wie das Leben nun gerade Mittags in Bussen so zu mir ist, kommt es wie es kommen muss: Ich muss heulen.
Ich lese also, heule dabei leise wie arrythmisch zu Metric, und die Ghettojungs gucken rüber, sagen aber nichts.
Die erste Sau wäre geschafft, und Camille ist schlecht. Mir auch, aber ich beschließe, das jetzt durchzuhalten, acht Haltestellen und ein Schwein noch, bis zur Arbeit habe ich einen zehnminütigen Fussmarsch um auszuglühen, wird schon.
Das zweite Schwein ist dran, sieht die Blutlache des ersten und brüllt vorab wie am Spieß. Mir ist jetzt nicht nur heulelend sondern auch noch böse schlecht, ich verfluche Welt, Gastons, Schicksale und jede einzelne Scheibe Salami meines Lebens, und als die Szenerie endlich zu Ende ist, da trinkt Camille einen Schnaps, und ich bekomme von den aussteigenden Ghettokids ein Taschentuch hingehalten. Es ist angeknautscht und duftet nach Gras, aber es ist meins und ich habe es nötig.
Dünnhäutig, mit über der S-Bahnbrücke kotzendem Seelchen gehe ich zur Arbeit und schwöre mir, das in meinen Geschichten nie ein Schwein erlegt wird. Nie.
Feierlich werfe ich mein feuchtes und vollgerötzeltes Taschentuch in die Mülltonne mit der Aufschrift "Müll", und rufe laut "NIE!".
Besiegelt, stummer Applaus, Vorhang!
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