Montag, 27. März 2006

kulturelle hilfe erbeten:

Falls mich ein Gott der Technik erhört, der in der Lage ist, folgendes für mich zu tun :

Heute Abend im Radio auf Wdr 3 um 23.05 Uhr die Sendung

Die Kinski Bänder.
Gottes letztes Interview
Von Lorenz Schröter

San Francisco 1991. Ein Journalist sitzt in seinem Hotelzimmer und telefoniert. Mit Klaus Kinski. Interviews mit Hollywoodstars sind nicht einfach. Sie stellen Bedingungen, verlangen Verträge, wollen auf das Titelbild und die Fotos auswählen. Normalerweise organisiert das die Agentin, doch diesmal ist Kinski selbst am Telefon. Und obwohl er nur unter
den oben genannten Bedingungen ein Interview geben will, redet er viel und lang. Über Hundescheiße in Paris, über Rilke, Coppola, Werner Herzog, über Fische, die man in Zeitungspapier einwickelt, über Großschnauzen und Nutten.
Der Mann am anderen Ende der Leitung kann nur zuhören und sich ergeben in den Windungen des Kinski-Mikrokosmos. So ähnlich muss es den Propheten gegangen sein, die Gottes Wort empfingen. Gott stellte die Bedingungen für ein Interview. Der Prophet musste sich verpflichten, ein positives Bild von IHM zu zeichnen. Gott will die Coverstory. Bei dem Telefonat erkältete sich Klaus Kinski, kurz darauf starb er.

Dieses letzte Interview, das kein Interview ist, zeigt die Öffentlichkeitsarbeit eines Weltstars, der hustend und frierend stundenlang erklärt, dass er nicht mit sich reden lässt. Ein echter Kinski - im Jahr seines 80. Geburts- und 15. Todestages.

Klaus Kinski, 1926 in Zappot, Polen, geboren und 1991 in San Francisco gestorben, spielte in über 140 Filmen mit, u.a. "Der Zinker", "Doktor Schiwago", "Nosferatu" und "Fitzcarraldo".

Lorenz Schröter, Jahrgang 1960, studierte Kommunikationswissenschaft, Neue Deutsche Literatur und Werbepsychologie, schrieb zahlreiche Hörspiele und
Features. Er radelte um die Welt, ritt mit einem Esel durch Deutschland, läuft Marathon und besteigt hohe Berge. Allein an Kinski ist er gescheitert.

Regie Thomas Wolfertz
Produktion WDR 2006/ca. 53'

Redaktion Martina Müller-Wallraf


für mich so aufzuzeichnen, dass ich die von Rechner zu Rechner bekommen könnte, das wäre so ober-supi,

der bekommt 68 karma-pointz und eine feste stelle in meinen abendgebeten , die ich täglich vergesse.

Wer kann, wer will ?


Auf die Stille, diese Schönheit.

Zusammenhangloses, schreibe ich auf, Zusammenhangloses, und das mitten in meiner Nacht. Die kalten Füsse malen sich hell von den Bodenfliesen ab, werden von unten nach oben dunkler, ein Hauch von blau und kalt. "Je tiefer das Wasser ist", ruft mein Vater, "um so dunkelblauer scheint das Meer", und ich schwimme, schwimme wie ein irre gewordener Frosch zur rettenden Insel, Boot mit Vater drin.
Zusammenhangloses, ich mache einen Kringel drumherum. Vater. Wie viele Kapitel hat Trauer, wie viele Schichten diese Tränen anlockende Zwiebel? Wie unverhofft, wie ungebeten, wie unheimlich oft kommt ein Gedanke heftig wie ein Schub und drückt mich weiter.
Zwei Steine liegen auf dem Küchentisch, zwei Steine von dem Ort, wo er mir zurief, es wäre tief und auf das ich in Panik geriet. Das Meer wellte sich auf, bäumte sich über mir, ich tauchte unter und sah die Welt aus der Fischperspektive. Er griff mich am Badeanzug, lachte und zog mich ans Boot, vertraute meinem Instinkt, meinem Können als kleine Schwimmerin. Sprotte. Heute, knapp dreissig Jahre später, sitze ich in eigenen Wellen und vertraue meinem Instinkt, das alles wird wie es wird. Die Steine bringe ich ihm noch, irgendwann, wenn ich kann.

Ich hatte hellblonde Locken, damals, und Augen wie blaue Murmeln, die großen, diese runden Schätze in ausgebeulten Kinderhosentaschen. Damals. Er wird nicht mehr sehen können, wie mir die Luft ausgeht, irgendwann. Die Reihenfolge stimmt, nur die Zeiten weisen zu große Lücken auf.

Zusammenhangloses, ein Ausrufezeichen oder ein i für Idee?
Ein Fuss steht auf dem anderen, zwei kalte, sanfte Innenseiten, braune Fliesen und ein aufgeschlagenes Moleskine, nachts um drei.
Ich mache Kästchen für Aufgaben, und ein i vor einer Idee. Telefone, gescribbelt und mit Namen dahinter. Visitenkarten und Zykluskalender, durchgestrichene Makler und ein Rezept für einen warmen Nudelsalat mit Schafskäse. "Du wirst ihn LIE_BEN!", sagte sie, als sie mir Zutaten wie Zubereitung mit halbgeschlossenen Augen diktierte. "Schreib das mal eben mit", sagte sie. und "Du wirst ihn LIE_BEN!"
Sicher. Schon ihr Gesicht sprach Bände, als sie mir ihren Salat erzählte. Für mich heissen solche Salate immer nur wie die Person, von der ich ihn habe. So wird aus einem italienischen Rucola-Salat der Suse-Salat, und aus einem griechischen Linsensalat der Bernd-Salat. Und jetzt habe ich halt noch einen Andrea-Salat, mit Aussicht auf Liebe.

Zusammenhänge. Salate. Urlaub. Salate wie Menschen wie Urlaub. Es gibt sie, und das ist fabelhaft.
Gestern in den Niederlanden in einem Café an einem Marktplatz. Grachtenpisse muss ich denken, als ich "Grolsch" sage. Diese Ruhe. Die Menschen haben einen freien Tag, sitzen verteilt und allein im Café, trinken Rosé und Koffie und erraten gemeinsam mit dem Mann am Fenster sein Kreutzworträtsel. Der Hund geht zu allen, wedelt und lehnt sich schwer, schwarz und warm an sämtliche Besucherbeine. An meinen schnuppert er besonders lange und konzentriert, und hinterlässt feuchte Nasenabdrücke da, wo am morgen noch ein Fellchen lag. Es liegt so eine Gelassenheit über allem, keine drückende Sonntagsluft, kein Muss, nur Sein mit 2€-Getränken.
Beim Weggehen will ich Ankommen, an einer Düne, an einem Meer, eigentlich in Frankreich.

Pause. – Ich musste anrufen, und sie sagte, der Atlantik sei noch genau da, wo ich ich ihn verlassen hätte. Gut.

Sitzen und einwirken lassen. Menschen wie Bilder wie Sätze wie Perlen.

Ich sage zu ihr, das über schlimme Dinge einmal alle vier Jahreszeiten drüber müssten, ab dann würde es besser. Sätze wie "Aber genau heute vor einem Jahr, da…" gehen dann nicht mehr, weil die Geschichte, der gemeinsame Tag fehlt. Ihr fehlt der Mann, mir der Vater, und doch verbindet uns kaum mehr. Sie greift, ich drehe mich weg. "Schwamm drüber" funktioniert in ihrer Mutter-Welt, in meiner Kind-Welt nicht.

Dinge, die helfen:

schreibe ich auf die Seite neben dem Andrea-Salat und gehe ins Bett, die leere Seite liegt auf.


ein sonntag.






kajütenblick | © Lu um 11:30h | keine meldung | meldung machen?