Donnerstag, 3. Februar 2005

statt dessen.

an dieser stelle stand noch vor minuten ein unter qualen geborener, mit links gespickter und mit schweiß recherchierter text über die verarmung der deutschen.
es ging um pläne, die schon jahre zuvor an anderer stelle hinter geschlossenen türen geschmiedet wurden, es ging um jorunalistinnen, die sich letztes jahr freiwillig dem hartz 4 versuch aussetzten und mit ihrem errechneten ALG 2 geld für vier abgezählte wochen lebten. es ging um TV berichte, wie dem letzter woche. ich schrieb ellenlang, warum ich das ITM gut finde ( könnte ich ein shirt bekommen ? ), warum ich laut heureka rufe, wenn es um das gefühlte recht des menschen geht, und nicht einzig und allein um das gesetzliche. es ging um menschen und ihre geschichten, real gehört, in echtzeit gesehen oder aus der konserve geguckt. ich wollte loswerden, dass ich die meisten mutig und toll finde, dass sie nicht jammern, sondern das beste aus ihrer situation ziehen. keine sozial-parasiten, welche auf malle feixend in die kamera erzählen, was der staat ihnen alles ermöglicht. pisser.

ich wollte mich über die familie in stern TV schriftlich auslassen, welche mit zwei kindern in bochum leben. beide über mitte dreissig, zwei kinder von 12 und 15 und 90 000 euro schulden. fünfzehn euro für zehn tage, aldi sei noch zu teuer, sagten sie. och, denkt man da erst einmal. aber dann sieht man die filterzigaretten auf dem tisch, in jedem zimmer der wohnung hifi-anlagen, handys liegen rum, playstation zwei, vatti spielt mit sohnemann. die fünfzehn euro verbrät mutti derweil in einem sonderposten-laden für dosenravioli a einen euro, ohne worte. und abgepackte frikadellen, fast hätte ich es vergessen. ich erspare mir jetzt mal den ausführlichen hinweis, dass man ohne faulheit für einen euro zwei packungen spaghetti und eine dose pizzatomaten zu weit aus mehr und gesünderer nahrung verbraten kann, aber mich fragt ja keiner. jedenfalls kamen sie dann ins erzählen. vier handy-verträge, vatti will ja auch das neueste photo-handy rumtragen, in jedem raum DVD player und fernseher, sogar in der küche, dafür kein bett im elternschlafzimmer. die kinder enerviert, vatti qualmt noch eine. sie hätten über die stränge gelebt, falsche möbel gekauft, ein anflug von reue auf den von qualm und vitaminloser nahrung geprägten gesichtern.
die kamera begleitete die beiden dann zur schuldnerberatung, es wurde private insolvenz angemeldet. jeder hatte umgerechnet 45.000 euro auf dem buckel. ich hörte gerade noch, wie der mann von der beratung sagte, sie seien in sechs jahren schuldenfrei, wenn keiner von ihnen einen job bekäme. dann würde es dauern.
tief in der tischkante verbissen spuckte ich blut und galle, rief „verschwörung“ und so dinge, bis m. mich zurück in die couchfalte drückte.
als ich wieder einen klaren blick hatte, bekam die familie gerade ein bett geliefert. 369 euro, endlich. dafür hatten sie nämlich zwei ganze monate gespart.
in sechs jahren schuldenfrei. 90 000 euro getilgt ohne eigenleistung, aber gehen sie bloss nicht arbeiten, dann dauerts länger. danke deutschland.

aber ich verliere sämtliche fäden, ich ribbel förmlich auf. ITM hatte ich, nette und doofe schicksale. hatte ich - ( huch, 11:11 grad, helau, jetzt geht’s förmlich ab hier, dat trömmelche und so.) den oben erwähnten text liest grad mein papierkorb, zu lang, zu alt, zu oft geschraubt, der sollte nicht, der war zu irgendwas. texte, an denen ich drei mal anfange und drei mal umschiebe, die machen mir persönlich keinen spass mehr, und da ich zumindest an dieser stelle nur dinge mache, die mir spass machen, seis drum.

mein ist-zustand : a-sozial.
mein soll-zustand : 5 aufgaben im outlook auf „unerledigt“.
gegengift : auszeit am nachmittag, mit m. ins kino, endlich the incredibles sehen. popcorn und eine mal ganz andere karnevalsflucht, hier geht ja jetzt eh nix mehr.
fernweh im nacken, und die musik im kopfhörer viel zu laut.

die fellchen haaren, die federbälle draussen sitzen im pladder-regen und singen was der schnabel und lunge hergibt, nach karneval kommt der frühling, nach dem zoch kütt die sonne. hurra.
gut, es gibt also auch in den a-sozialen phasen, die ich wie meine tägliche kaffee-ration benötige, highlights … kino, popcorn und einen vollen mp3 player, der mich von einem dilemma ins nächste schunkelt. sophie o. folgt auf bauhaus, sam ragga ( …die welt steht still, ya… ) auf franz ferdinand, eben grad missy elliot, ochjott.

vormittagsmeldung aus meiner couch-delle, und jetzt zurück zur steuererklärung, reinschrift, eintüten, feddich. dreamweaver-buch trifft auf französisch kurs interaktiv, ah, oui, le sac, bonjour , vouz pouvez m’aider, s’il vous plait ?

wir schalten um zum mittag.

merci.
au revoir.