Dienstag, 20. Juli 2004

menschen, morgenregen und die sache mit daimler chrysler

menschen und regen scheinen nicht miteinander klar zu kommen!
ich stelle das hier einfach mal so als tatsache hin, ich habe es nämlich frisch erlebt.
als ich vor einer kleinen zeit das haus verließ, und der erste donner den fragwürdigen frieden über meinem viertel in zwei stücke brach, da dachte ich noch, lu, dachte ich, gut dass du an flipflops und schirm gedacht hast.
mit debilem lächeln und satt-nassem flipflop geräusch erreichte ich die haltestelle und ab da war ich unter menschen, und das unheil in nass nahm seinen lauf.
ich ließ mich auf einem 4er-sitz in der ubahn nieder und während ich kontakt mit dem nassen plastikleder aufnahm, nahm der kaffee meines weiblichen gegenübers kontakt mit der schwerkraft auf und ließ sich gen boden fallen. nicht, ohne vorab einen umweg über mein gegenüber zu nehmen.
" das würde mir jeden morgen passieren " sagte ich.
" das passiert mir jeden morgen " maulte sie und wischte weiße papiertaschentuchwürste auf ihre schwarze stoffhose.
mir konnte nix die kleine hochstimmung des morgengewitters versauen, und so genoß ich das kaffeearoma, welches nun aus der frau mit leerem becher dampfte, und schlug mein buch auf. nur ab und an grinste ich das sich ständig erweiternde muster des kaffeerinnsals zu unseren füßen an, das mit jeder neuen kurve an kontur gewann.
zu diesem zeitpunkt hatte es die form einen geskribbelten käfers von oben.

irgendwann fand ein nachbarwechsel statt, vermutlich am hauptbahnhof. ich verliebte mich zu diesem zeitpunkt in folgenden satz:

(...) Schreiben ist veredeltes Denken. Wenn Ihre Abschlußarbeit nicht über das Niveau eines Schulaufsatzes mit der Überschrift >>Warum mich Shania Twain anturnt<< hinauskommt, stecken Sie in großen Schwierigkeiten." ( quelle links in der koje )

ich blickte erst wieder nach oben, als jemand gegen mein knie trat.
vor mir sassen zwei anzugmänner. der eine, kurz vor seiner rente, teures zwirn und den charme eines helmut kohl, der andere, der treter, ebenfalls guter ausstatter, aber wohl im dritten frühling. er sass mir genau gegenüber und versuchte sich möglichst "cool" hinzusetzen, und die art wie er das eine bein hochzog, derweil den fuss auf der ablage parkte, und dann noch einen gewissen überschlag hinbekam, hätte jeden yogimeister verzückt lächeln lassen.
vielleicht hatte er auch nur ärger mit der verdauung, aber das wollen wir alle nicht wissen.
wenn diese haltung aber einen fluss anregte, dann war es auf jeden fall sein redefluss. er leierte aktienkurse, kollegen der idiotischen sparte, mannesmann-politik und W-Lan vorteile runter, und kohl hörte zu. ab und an wollte er sich ins gepräch einbringen, hatte aber keine schnitte. der yogi im hugo boss format ließ sich nicht bremsen, und wie er seine sauerstoffzufuhr regelte, frage ich mich jetzt noch.
aber wir waren ja bei nass und den menschen, die damit nicht klarkommen.
der hugo boss yogi jedenfalls rutschte bei einer besonders emotionalen denkschleife mit der überschrift "wie ich den daimler-chrysler-laden wieder nach oben bringen würde" erneut aus seiner haltung und landete wieder an meinem schienbein. er guckte kurz rüber, und das wars. kein " 'tschuldigung", keine hochgezogenen augenbrauen, nix. kohl war es peinlich. er starrte mir beschwichtigend in den ausschnitt und hatte dann den chrysler-faden verloren. zeitgleich setze der yogi zum erneuten bein-knoten an, aber da schritt ich ein.
" das sollten sie lieber lassen! " sagte ich.
" hä?"
" na das mit den beinen übereinander. in ihrem alter hat man schnell maläste mit der hüfte, wenn man anatomische kunstgriffe aussitzt."
" was erlauben..."
" was ich mir erlaube ? ich erlaube mir, sie auf eine schlechte kinderstube aufmerksam zu machen. sie treten mir drei mal gegen die beine ohne sich zu entschuldigen und lassen ihren kollegen hier nicht zu wort kommen. nebenbei kaut man nicht mit offenem mund kaugummi, das die ganze bahn tinnitus bekommt."

kohl wurde puterrot, und yogi boss zuppelte wütend an seiner boss-krawatte.
( anm.: nicht nur meiner meinung nach sind krawatten phallisch, also fummelte er angriffslustig symbolisch seine knarre zurecht !)
leider wurde unsere nette unterhaltung von der zielhaltestelle der beiden unterbrochen. das letzte was ich sah war kohl, der sich im prasselnden gewitterregen seine aktentasche aus weichleder über den kopf hielt und mir dabei fest solidarisch zuzwinkerte. yogi boss, der einen schirm aufspannte, drehte sich beleidigt weg, drückte kohl den schirm in die hand um händefuchtelnd seinen monolog wieder aufzunehmen.
sie verschwanden langsam im regen, und dass kaffeerinnsal bildete in der kurve ein wunderschönes a mit einem kreis drumherum.