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Dienstag, 6. April 2004
täglich
der arme wurm, oder wie ich mein karma lebe.
als ich heute morgen im strömenden aprilregen einen dicken regenwurm vom nassen asphalt pflückte, und ein leicht angewiderter blick den meinigen traf, da fiel es mir wieder ein : meine macke, ich, die wurm-retterin.
schon in kinderschuhen, als ich noch in zwergengröße in kleinen, roten lackschühchen durch die welt stapfte, konnte man sicher sein, dass kein insekt vor mir sicher war.
andere kinder, andere schätze, andere interessengebiete. wo mädchen aus der nachbarschaft ihre barbie tagein tagaus kämmten und unter ken legten, puppenwagen vor sich herschoben und krämerladen spielten, da lag ich unter tage in selbstgebauten höhlen, da lag ich mitten im dreck, in einer hand immer etwas, was andere als " bah - leg das weg" bezeichneten, zumindest andere mütter.
meiner war es einerlei, hauptsache die lütte war an der luft, und so verbrachte ich meine kindertage mit spinnen, fröschen und deren kaulquappen, riesigen grünen heuschrecken, würmern und kirsten.
kirsten war eine gleichgesinnte aus meiner klasse, die mit mir sämtliche höhlen entlang der A46 baute, mit mir kreuz-spinnen in kakteen-aufzuchtsplastikdingern sammelte, und ebenfalls mit mir bitterlich weinte, weil alle spinnen nach einer stunde im vollrausch gestorben waren ( wir hatten die vier ecken des plastik-gehäuses mit pattex
zugeklebt, was den spinnen dank der lösungsmittel einen psychedelischen freiflug beschert haben mußte ! ).
die würmer werden von kirsten heutzutage nicht mehr gesammelt, dass weiß ich sicher, ich habe sie gefragt.
ich allerdings, ich kann das retten dieser kleinen gesellen nicht lassen. zwanghaft bei regen, da kam ich schon zu schulzeiten oft zu spät, gerade im frühjahr und im herbst, wenn es besonders viel und heftig regnete, und der weg vom bus zur schule voll war mit ersaufenden, sich kringelnden regenwürmern.
ich habe sie alle aufgesammelt, jeden einzelnen vom boden gehoben, vorsichtig, um ihn nicht noch weiter zu drücken, und habe ihn auf einen fleck erde gelegt, der nicht einem meer aus pfützen glich, aus wurmsicht.
meine familie kennt meine passion nur zu gut, meine ehemaligen nachbarn ebenfalls.
meine mutter enwickelte sehr früh einen untrüglichen instinkt, der sie papiertaschentücher auffalten ließ, abends, beim gute nacht sagen neben meinem bett.
und sie staunte oft, lagen manchmal in taschentüchern oder streichholzschachteln kleine viertel-pfünder an würmern, käfern oder eine tote maus, die am nächsten tag im hellen beerdigt werden MUSSTE!
mein ur-großvater malte hatte ebenfalls eines abends diesen aha-effekt, als er mir, seiner urlaubsbesucherin, eine gute-nacht-geschichte erzählen wollte, geistesgegenwärtig dabei die kleine schachtel öffnete und einem ausgewachsenen wattwurm ins obere teil starrte, den ich stunden zuvor gefunden hatte.
meine erklärung ? " der muss doch auch irgendwo schlafen." fertig.
meine kleine welt, in der auch wattwürmer ein dach über dem kopf brauchen, nachts, wenn es dunkel wird.
ich bin mir sicher, dass ur-opa malte an regentagen wie heute von da ganz weit oben immer seufzend runterguckt, und mich mal wieder in gebückter stellung vorfindet, würmer von hier nach dort setzend.
aber ich war ja bei heute morgen, und als ich in der einen hand diesen pracht-burschen von regenwurm hatte, und im augenwinkel diesen angewiderten blick des mannes, da fiel mir meine macke wieder ein, die ich in gedanken dann zu verteidigen begann :
man stelle sich doch bitte einmal vor, man sei so ein regenwurm. gesamtkörperlänge um die 8 cm, farbe rosa bis violett, keine augen, kein sex, zwitterleben.
habt ihr es ? gut.
in der welt eines regenwurmes gibt es noch alles, wovor gläubige christen heutzutage angst haben.
man lebt in der erde im dunkeln, ist eh blind, draussen, in der bösen welt gibt es teilweise stündlich die sintflut und es fliegen saurier durch die luft, die würmer recht schmackhaft finden. und die HABEN augen.
habt ihr es verinnerlicht ? gut, denn es geht noch weiter.
es gibt also flugsaurier die unter dem sammelbegriff " vögel " laufen, und es gibt erdsaurier, die einen ebenfalls auf der speisekarte haben, wie maulwürfe, mäuse, und fische zu wasser.
man hat also gerade seinen müll in form eines schönen erdhäufchens nach draussen gebracht, quasi in letzter sekunde seinen arsch gerettet, weil dort direkt ein schnabel hinterher geschossen kam, da hält man auch noch den kopf einer blinden maulwurfschnauze hin. nicht schön so ein leben, nicht schön. kein wunder also, dass sich diese gesellen nicht auf partner und monogamie einlassen, wäre die witwer-quote doch beträchtlich.
aber es reicht noch nicht an feinden, denn es gibt in der welt des wurms auch noch riesen die nike, addidas, dengler, gucci und deichmann heißen ( zumindest ist es das letzte, was so ein wurm neben dem "echt leder"- zeichen sieht, bevor er in den wurmhimmel überwechselt ), und man hat unter der erde auch schon davon gehört, dass sie würmer auf spieße stecken, um sie dann im see zu ersäufen, aber das hört sich für einen wurm so grausam an wie das fegefeuer, und so betet er für ein besseres leben, da unten in seinem erdloch.
es gibt aber auch noch so menschen wie mich, wo er nicht den absatz, sondern einen prüfenden blick aus getuschten wimpern sieht, lächelnd und angemessen besorgt,
und prompt aus der pfütze oder dem rinnsal zur nächsten erde geschafft wird, wo er sich verbuddeln kann.
denkt doch mal daran, wenn ihr so einen armen wurm vor eurem schuh zappeln seht, der auf dem pflasterstein um sein kurzes leben kämpft.
in einer welt aus sauriern, sturmfluten und rasenmähern.
schon in kinderschuhen, als ich noch in zwergengröße in kleinen, roten lackschühchen durch die welt stapfte, konnte man sicher sein, dass kein insekt vor mir sicher war.
andere kinder, andere schätze, andere interessengebiete. wo mädchen aus der nachbarschaft ihre barbie tagein tagaus kämmten und unter ken legten, puppenwagen vor sich herschoben und krämerladen spielten, da lag ich unter tage in selbstgebauten höhlen, da lag ich mitten im dreck, in einer hand immer etwas, was andere als " bah - leg das weg" bezeichneten, zumindest andere mütter.
meiner war es einerlei, hauptsache die lütte war an der luft, und so verbrachte ich meine kindertage mit spinnen, fröschen und deren kaulquappen, riesigen grünen heuschrecken, würmern und kirsten.
kirsten war eine gleichgesinnte aus meiner klasse, die mit mir sämtliche höhlen entlang der A46 baute, mit mir kreuz-spinnen in kakteen-aufzuchtsplastikdingern sammelte, und ebenfalls mit mir bitterlich weinte, weil alle spinnen nach einer stunde im vollrausch gestorben waren ( wir hatten die vier ecken des plastik-gehäuses mit pattex
zugeklebt, was den spinnen dank der lösungsmittel einen psychedelischen freiflug beschert haben mußte ! ).
die würmer werden von kirsten heutzutage nicht mehr gesammelt, dass weiß ich sicher, ich habe sie gefragt.
ich allerdings, ich kann das retten dieser kleinen gesellen nicht lassen. zwanghaft bei regen, da kam ich schon zu schulzeiten oft zu spät, gerade im frühjahr und im herbst, wenn es besonders viel und heftig regnete, und der weg vom bus zur schule voll war mit ersaufenden, sich kringelnden regenwürmern.
ich habe sie alle aufgesammelt, jeden einzelnen vom boden gehoben, vorsichtig, um ihn nicht noch weiter zu drücken, und habe ihn auf einen fleck erde gelegt, der nicht einem meer aus pfützen glich, aus wurmsicht.
meine familie kennt meine passion nur zu gut, meine ehemaligen nachbarn ebenfalls.
meine mutter enwickelte sehr früh einen untrüglichen instinkt, der sie papiertaschentücher auffalten ließ, abends, beim gute nacht sagen neben meinem bett.
und sie staunte oft, lagen manchmal in taschentüchern oder streichholzschachteln kleine viertel-pfünder an würmern, käfern oder eine tote maus, die am nächsten tag im hellen beerdigt werden MUSSTE!
mein ur-großvater malte hatte ebenfalls eines abends diesen aha-effekt, als er mir, seiner urlaubsbesucherin, eine gute-nacht-geschichte erzählen wollte, geistesgegenwärtig dabei die kleine schachtel öffnete und einem ausgewachsenen wattwurm ins obere teil starrte, den ich stunden zuvor gefunden hatte.
meine erklärung ? " der muss doch auch irgendwo schlafen." fertig.
meine kleine welt, in der auch wattwürmer ein dach über dem kopf brauchen, nachts, wenn es dunkel wird.
ich bin mir sicher, dass ur-opa malte an regentagen wie heute von da ganz weit oben immer seufzend runterguckt, und mich mal wieder in gebückter stellung vorfindet, würmer von hier nach dort setzend.
aber ich war ja bei heute morgen, und als ich in der einen hand diesen pracht-burschen von regenwurm hatte, und im augenwinkel diesen angewiderten blick des mannes, da fiel mir meine macke wieder ein, die ich in gedanken dann zu verteidigen begann :
man stelle sich doch bitte einmal vor, man sei so ein regenwurm. gesamtkörperlänge um die 8 cm, farbe rosa bis violett, keine augen, kein sex, zwitterleben.
habt ihr es ? gut.
in der welt eines regenwurmes gibt es noch alles, wovor gläubige christen heutzutage angst haben.
man lebt in der erde im dunkeln, ist eh blind, draussen, in der bösen welt gibt es teilweise stündlich die sintflut und es fliegen saurier durch die luft, die würmer recht schmackhaft finden. und die HABEN augen.
habt ihr es verinnerlicht ? gut, denn es geht noch weiter.
es gibt also flugsaurier die unter dem sammelbegriff " vögel " laufen, und es gibt erdsaurier, die einen ebenfalls auf der speisekarte haben, wie maulwürfe, mäuse, und fische zu wasser.
man hat also gerade seinen müll in form eines schönen erdhäufchens nach draussen gebracht, quasi in letzter sekunde seinen arsch gerettet, weil dort direkt ein schnabel hinterher geschossen kam, da hält man auch noch den kopf einer blinden maulwurfschnauze hin. nicht schön so ein leben, nicht schön. kein wunder also, dass sich diese gesellen nicht auf partner und monogamie einlassen, wäre die witwer-quote doch beträchtlich.
aber es reicht noch nicht an feinden, denn es gibt in der welt des wurms auch noch riesen die nike, addidas, dengler, gucci und deichmann heißen ( zumindest ist es das letzte, was so ein wurm neben dem "echt leder"- zeichen sieht, bevor er in den wurmhimmel überwechselt ), und man hat unter der erde auch schon davon gehört, dass sie würmer auf spieße stecken, um sie dann im see zu ersäufen, aber das hört sich für einen wurm so grausam an wie das fegefeuer, und so betet er für ein besseres leben, da unten in seinem erdloch.
es gibt aber auch noch so menschen wie mich, wo er nicht den absatz, sondern einen prüfenden blick aus getuschten wimpern sieht, lächelnd und angemessen besorgt,
und prompt aus der pfütze oder dem rinnsal zur nächsten erde geschafft wird, wo er sich verbuddeln kann.
denkt doch mal daran, wenn ihr so einen armen wurm vor eurem schuh zappeln seht, der auf dem pflasterstein um sein kurzes leben kämpft.
in einer welt aus sauriern, sturmfluten und rasenmähern.
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