Montag, 27. Juni 2011


Dann war da noch Bern.
Kaum hatten wir die Stadtgrenze passiert, öffnete der Schweizer Wettergott schwungvoll die Fenster und ließ einen Regen frei, der uns bis zur Abfahrt begleitete. So ist der erste Eindruck von Bern derselbe, den ich von Paris bekam, vor Jahrzehnten. Und deswegen fällt es mir nicht auf, dass alle Bilder von Paris an den Wänden, Bilder von Paris im Regen sind. Keine Photos, sondern Malerei. Und auf allen schimmern Pfützen, tragen die kleinen gezeichneten Menschen ihre Schirme über den Köpfen, glänzt es nass und windig.

Und grün ist es in Bern. Wundervoll grün, üppig, wild, und nicht gerade und gezähmt wie andere Städte ihre Parkanlagen, Friedhöfe und Stadtgärten halten. Und die Berner sind langsam. Langsam im positiven Sinne, ich sollte gelassen schreiben. Selbst bei den Fluten von oben sitzen sie an offenen Fenstern, die jungen Mädchen mit Plummeaux um die Beine, die hippen tanzen im Halbdunkel, und erst beim Vorbeigehen erkennt man, dass es ein Wohnzimmer ist, keine Bar. Es scheint alles belebt, friedlich, und immer wieder dieses satte grün.

Das flotteste was in Bern unterwegs ist, das ist der Fluss Aare. Unser Hotelzimmer war direkt am Wasser, und so ging ich die Tölchenrunde an grünem Wasser, welches sprudelt, rast, und unglaublich frisch vorbeirauscht. Zettel hängen an den Zäunen, ein Code und eine SMS, und man bekommt die aktuelle Aare-Temperatur aufs Mobile, und kann dann entscheiden, ob man dieser Sache folgt, die Bern ebenfalls ausmacht.
Wie die Lemminge springen dort Einheimische und Touristen von den Brücken, lassen sich an Uferböschungen in die Fluten fallen, purzeln aus Booten, haben Kinder im Nacken verankert, und rauschen mit der Aare einmal um den Berner Stadtkern. Ich musste das bei YouTube nachschlagen, weil einfach so wäre ich nicht darauf gekommen, dass dieser Fluss beschwimmbar wäre. Vielleicht ist man auch ein wenig mehr unsterblich, wenn man in Bern schwimmt, ich weiß das nicht so genau, aber seht selbst:



Hier ist genau der Part, wo unser Hotel lag:



Sollte ich das auch einmal ausprobieren, dann mit Kamera zwischen den Zähnen. (Famous last words)

In der zweiten Herberge des Wochenendes, da schafften wir es kurz vor Mitternacht ins Bett. Lichtschalter suchen, Fenster auf, Tölchen platzieren, M. war unter 30 Sekunden eingeschlafen, ich hätte vielleicht 40 gebraucht, wäre da nicht ein sehr lauter Gongschlag gewesen, der erst vier mal durch die Nacht gongte (Kirchenanwohner wissen: Volle Stunde!), um dann mit zwölf satten Schlägen nachzulegen. Mitternacht.
Dann traumloser Schlaf.
Gong (Viertel nach zwölf)
Wach.
Gong-Gong (halb eins)
Komatöser Schlaf.
Gong-Gong-Gong (Viertel vor eins)
Der Hund seufzt, ich schlafe erneut ein - und blieb mit Tinkerbell den Rest der Nacht in anderen Welten, abtrünnig.
Morgens dann vier mal, dann acht mal, dann ich bis zum Bauchnabel aus dem Fenster uns siehe da: Geschichte, quasi direkt neben unserem Gastbett. Der goldene Stundenschläger des Zeitglockenturms Zytglogge war mein pünktlicher Begleiter der letzten Nacht, und voila:
Ab 2:27 wird es interessant.

Und weil der Regen so betörend nass war, nahmen wir ihn direkt mit ins Rheinland, auf dass er die nächsten Tage das Umland in eine saftige Pfütze verwandeln konnte.

Danke Bern, gerne wieder.

18juni2011


Donnerstag, 23. Juni 2011


Die vier bis zwanzig Zeilen über Bern müssen noch eine Nacht drüber schlafen. Nicht aus Unsinn, sondern weil ich gestern Abend einen Film gesehen habe, der mich über die Länge hinaus beschäftigt und umgenietet hat. Aus Schönheit am Thema, an den Bildern, an der eigenen Suche. Er lief vor vielleicht zwei, drei Wochen im Fernsehen, Nachts natürlich, wie immer zur falschen Uhrzeit, auf das ihn viel zu wenige zu sehen bekommen.
Trailer:



Der Film ist von Sean Penn, und ich kann mir sehr gut vorstellen, was ihn getriggert hat, diese Geschichte so wundervoll zu verfilmen. Ein Photo war es, da bin ich mir 100%ig sicher. Der Film beruht auf wahren Wurzeln und Begebenheiten, Alexander Supertramp, den gab es so, und er lebte so, und Sean Penn lässt uns eine Strecke lang zusehen.
Der Film geht 2:41, und den guckt man nicht mal eben so weg, also muss man den richtigen Zeitpunkt finden. Und der war gestern Abend. Und konnte passender kaum sein, wenn man sich gerade kräftig mit dem Thema Freiheit beschäftigt, wie auch immer diese Aussehen könnte. Wunderbare Bilder, Kamera, Texte, Themen und Schauspieler.

Ich habe nicht nur zu Anfang geheult, ich heulte mitten drin, mehrfach, manchmal nur wegen der atemberaubenden Bilder, wegen der schönen Texte der Schwester, und ich kann nur zwei Tipps für den Film geben, nein, eigentlich drei:
1. Innere Offenheit für das Thema Freiheit.
2. Kein Knabberzeug dabei.
3. Den inneren Sarkasten wegsperren, der stört.

Ich habe heute noch oft an den Film gedacht, er glüht nach wenn man so will. Deswegen meine wärmste Ansehempfehlung, falls nicht längst geschehen, vor zwei, drei Wochen.

Die Wikipedia zu Christopher McCandless.

(Und wer ihn gesehen hat, möge doch bitte einen Kommentar hinterlassen. Ich möchte eure Meinung dazu hören.)


Dienstag, 21. Juni 2011


R.I.P. Ryan Dunn

seemannsgrab | © Lu um 19:37h | keine meldung | meldung machen?

Montag, 20. Juni 2011


Zwei Dinge direkt zu Anfang. Letzte Woche verstarb mein langjähriger Begleiter 'Lockenstab', und ich kenne jetzt Bern, zu dem ich immer Bernd sagen möchte. Das erste ist ein leidvolles Thema, das zweite mehr so wie die innere Autokorrektur, also störend statt praktisch. Oder habt ihr schon einmal via Smartphone Rechnungs-Docs verschickt, und das Mobile machte in wirklich letzter Sekunde "Mit bester Genesung" aus dem ewig gültigen "Mit besten Grüßen"?

Bei Lockenstab weiß ich gar nicht mehr so genau, wie er in mein Leben trat. Es ist eine Tchibo -Marke, und ich erinnere mich an keinen Moment in meinem Leben, wo ich das Tchibo Paradies betrat und etwas erwarb. Nie. Nix außer Kaffee, African Blue, der war toll, stark und ohne Bling, einfach guter Kaffee für einen Milchkaffee wie ich ihn morgens bevorzuge. So.
Soll heißen, irgendwann, unbewusst, trat Lockenstab in mein Leben und verhalf mir ab und an bei Bedarf zu Locken. Kann nicht viel oder oft gewesen sein, Photos und Erinnerung sprechen da eine deutliche Sprache. Dennoch: Brauchte ich ihn, stand er parat. Letztes Jahr dann wurden die Haare wieder länger, Lockenstab löste das Glätteisen ab, und ich hatte sehr tiefe Gründe für Wallawalla-Haare und mehrtägige Mähne. Lockenstab machte mit, was die Wattzahl her gab, und vor ein paar Wochen fiel es mir dann auf, ganz leise im Hintergrund. Er machte andere Geräusche als sonst, etwas mühseliger, ächzender. Da kamen mir erste Bedenken, das Lockenstab nicht unsterblich ist, grad bei seinen günstigen Tchibo-Genen.
Nicht, dass die Natur mir keine Locken mit auf den Weg gab, nein nein! Aber statt einer symetrischen und attraktiven Reihe toller Locken habe ich mehr so eine ungezähmte Strubbelstruktur, nach der Formel: Zwei Locken, eine fallen lassen. Mut zur Lücke, und bei Regen fluffig wie ein Schaf. Da lässt sich keine Medaille mit gewinnen, da muss man eingreifen, die Kontrolle behalten, dann gehen Natur und Technik Hand in Hand.
Dann kam die letzte Woche, und der Tod von Lockenstab.
Grad, wenn es richtig dringend und eilig ist, dann versterben technische Geräte besonders auffällig. Bei mir war es vor einem Event mit vorheriger Essverabredung, im letzten Viertel machte es bröööööööööh, und dann die totale Stille, und ich stand staunend mit einer 3/4tel Frisur schwer curly, und einem viertel sehr glatter und fader Haare vor dem Spiegel im Badezimmer.
Schweigendes Starren, sehr lange Minuten, auf den stillen Lockenstab. Keine Regung. Ich drückte den Knopf, pustete ins Gitter am Hintern des Stabes, ich kühlte und quasselte auf ihn ein: Keine noch so geringe Chance. Tod. Direkt vor meiner Nase.

Am nächsten Tag, mit seltsamer Frisur, zu einem technischen Großanbieter meiner Wahl in der Nähe. Minutenlanges Starren auf die aktuelle Auswahl, die so gar nicht mehr aussahen wie ein Lockenstab, Gott hab ihn selig. High-Tech-Monster, in lila, in Chrome, mit 6fach-Stufe und Kaltluftfächer. Mehrere Aufsätze, Voluminizer und die Möglichkeit auf Glanzhaar.
Na gut. Gekauft, zu Hause, losgelegt.
Nach 40 Minuten, was die fast 3fache Zeit meiner normalen Frisierzeit darstellte, hatte ich eine Art latscherte Wellen auf dem Kopf. Ich konnte zwirbeln, eindrehen, ausrollen, auskühlen, nichts schaffte es, mir mein gewohntes Ergebnis zu liefern.
Also entschloss ich mich, damit für diesen Abend zu leben, morgen ist ein neuer Tag, und dann weiter sehen.

Am nächsten Morgen, ein Morgen, wo eine wohl sitzende Frisur mir das Leben nicht nur erleichtert, sondern sogar verschönt hätte!, stand ich auf und sah mich mit einwandfrei glatter wie glanzloser Frisur vor dem Spiegel stehen.
Depressionen machten sich breit.
Keine Zeit, ein toter perfekter Lockenstab vor der Nase, und ein unbekannter Neuling im Regal. Augen zu und durch, immerhin stehen am Wochenende wichtige Gespräche und Treffen in der Schweiz an, da sollte die Frisur schon sitzen. Knappe 50 Minuten Schwerstarbeit, aufdrehen, heiß föhnen, abwarten.
Nach 70 Minuten Sauerkrautfrisur.
Depressionen machten sich breit.
In der Schweiz sehen mich alle nur mit regennasser Frisur, und ein sehr reicher Meetingpartner fliegt mit dem Privatjet ein, und ich sitze ihm drei Stunden mit einer geflochtenen Hippie-Frisur gegenüber, und erwähne den Verlust des zu früh verstorbenen Lockenstabes mit keinem Wort. Augen auf und durch.
Jedenfalls ist der Ersatzstab wieder zurück in seinem Technikmarkt, ich weiterhin auf der Suche nach einem verlässlichen Partner, und bis dahin: Beten und Haargel.

Für Bern ist es jetzt zu spät, das tippe ich euch morgen weg.
Zur Nacht etwas Bella Notte.

logbuch | © Lu um 20:24h | keine meldung | meldung machen?

Donnerstag, 16. Juni 2011


Packen für Bern.
Sehr spontan, sehr interessant, perfektes timing.

Details in Bälde.

seefahrt | © Lu um 16:48h | keine meldung | meldung machen?

Dienstag, 14. Juni 2011

Ein halbes Jahr mit einem Schnops.



Leo ist heute auf den Tag genau ein halbes Jahr bei uns.
Sogar der Dienstag ist richtig. Kann es nicht mehr weg denken,
das Tölchen. Darauf einen Ochsenziemer.


Freitag, 10. Juni 2011


Beim Blogschrubben habe ich offensichtlich etwas zu scharf gefegt, denn jetzt sehe ich keine Referrer mehr (neues Problem), was sehr schade ist, da Suchanfragen oft eine ganz eigene kranke Poesie inne haben. Und laut einiger Mails können nicht alle bei mir kommentieren (altes Problem), was ich ebenfalls sehr schade finde, da ich den Austausch ja mag. Ansonsten fühlt es sich immer ein wenig an, wie in eine leere Tüte brabbeln.

Dazu sitze ich seit zwei Tagen am Rechner und erlebe wenig, da ich quasi durchgehend auf eine bahnbrechende Mail warte. Zähne putzen, arbeiten, Hund lüften, schlafen und Dinge tun: Klar. Dennoch ist Warten für mich eine Art geistiger Lähmung mit körperlichen Verspannungserscheinungen. Gehe zur Genesung alle halbe Stunde runter zu meinem neuen Froschteich, in dem noch kein Frosch wohnt, und arbeite nach ein paar Minuten ins leere Wasser starren einfach weiter.
Die endlosen Tiefen eines Freitags.
Müsst ihr mal sehen!