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Donnerstag, 23. Oktober 2008
reisenotizen./das Weintagebuch. Römerkelter / Mosel
11.10.2008

Im Zug.
Ich sitze in einem Zug, den es so –wie ich glaubte- nicht mehr gibt. Nostalgie macht sich großflächig breit, während ein scharfer Wind durch das falsch ausgezeichnete und damit
doppelt belegte Abteil 7 rauscht.
Ja, lieber ICE-genormter Leser, richtig gelesen. Wir schreiben das Jahr 2008 und ich fahre in einem Zug, in dem es Fenster gibt. Und wenn Mensch in einem Zug Fenster zur Hand hat, dann öffnet er sie und hält während der Fahrt gerne einmal den ganzen Kopf hinaus. Sämtliche laut maulende Omas werden im Rudel ignoriert, ihr „ES ZIEHT!“ hört bei dem selbst hergestellten Sturm keiner mehr.
Ebenso wenig wie Durchzugtoleranz gibt es in diesem Zug Steckdosen, Müllschlucker, Durchsagen, Kaffeewagenschieber mit frischen Brezeln und Toilettenpapier. Aber auch auf dem WC lässt sich das Fenster weit nach unten hin öffnen, was ja auch was ist.
Eigentlich wollte ich arbeiten, weil ich das in Zügen sehr gerne und effizient tue. Als Belohnung für ‚danach’ habe ich mir sogar einen frischen Bukowski eingepackt, lesen geht im Zug unabgelenkt ja genau so toll wie arbeiten, aber diese Kiste rast so hyperaktiv durch Nordrhein-Westfalen (es gilt 15 Minuten Verspätung aufzuholen, die irgendwie seit Beginn mitfuhren, Herkunft unbekannt, aber sänk ju for trävveling wis Deutsche Bahn.) das es sich anfühlt wie Achterbahn durchs Rheinland mit stark vibrierendem Teppichboden, bis die Fußsohlen jucken.
Ich dann so Füße hoch, weg vom Tremor des Bodens und Buch zwischen den kalten Händen, mache mir Gedanken über die Durchsagen, die mehr eine phonetische Abfolge von Tönen ist als eine verständliche Ansage. Bei dem Sturm im Wagen 7 kein Wunder, aber wenn man Fenster hat, dann lässt man sie natürlich auch auf. Die Omas mittlerweile alle kollektiv mies gelaunt und mit ganz sicher eingeholter Lungenentzündung Bananen am schälen.
Ich, tief eingesunken zwischen Ledertasche und Umhängeschal, werde beim Lesen von einem fremden Mann angeschrien. Fremder Mann hat Uniform an, was mich aufmerksam werden lässt. Verstehe kein Wort, brülle aber zurück, jaja, die Burg hätte ich gesehen, da wäre ich als Kind schon mit Vater und einem Esel hoch oben gewesen, und doch, Wetter ist ja besser als die letzten Tage. Mann guckt resigniert und vorwurfsvoll, geht dann aber weiter, um die nächste Frau anzusprechen. Eine Oma. Sie brüllt zurück, sie verstehe nix, aber ES WÜRDE DOCH SEHR ZIEHEN!
Den Höhepunkt meines toten Punktes erreiche in in einer Stadt namens Bullay, und eine gute halbe Stunde später bin ich dann auch schon da.
Das erste Mal.
Noch eine halbe Stunde später wird ein Mädchentraum wahr. Ich sitze seitlich aufgebockt auf einem Trecker und ein netter Mann fährt mich in einen Weinberg. In seinen Weinberg. Der nette Mann ist der Senior-Winzer (sagt man das so?) und auch hier ist es wie im Zug so laut, dass wir uns alles zuschreien müssen.

Egal, ich hab mich amüsiert wie Bolle.
Dann meine erstes Mal Weinbergarbeit.
Schmuck aus, empfindliche Klamotten aus, und Schere zur Hand. Auf die soll ich die ganze nächste Zeit meines Aufenthaltes aufpassen wie auf meine Augäpfel. Trichtere mir das ein, während:
Eine sensible Handlese Marke Spätburgunder‚ die Guten hängen lassen und die Anderen in den Eimer.
Ich lerne verschiedene Pilzsorten zu unterscheiden, gute und von Grund auf böse, und Essigbeeren und wie Hunde furzen können, wenn sie zu viele Trauben hatten.
Abends dann die guten Tröpfchen ins eigene Kröpfchen, und jetzt mache ich das letzte Licht aus und schlafe ganz sicher wie ein Stein in den nächsten Tag hinein.
Diese seltsamen Reime sind übrigens eine freundliche Nebenwirkung der Weinverkostung, das ist dann morgen wieder weg. Morgen? Ist Sonntag, und da geht es früh los in den Weinberg.
„Der Steile“, wie mir eben prophezeit wurde.
Nehme mir alles vor, vor allem nicht abzustürzen.
12.10.2008
Im Weinberg.
„Im Frühtau zu Berge“ fiel mir als erstes ein, als ich früh morgens im Weinberg nur eines versuchte: Im Frühtau nicht auszurutschen und vor allen den Sittich zu machen. Nebel macht nass, und das gilt nicht nur für die Trauben, sondern auch für den kompletten Menschen, der an genau diese ran will.

Spätburgunderlese und Vorlese. Bedeutet bei einem nicht so dollen Winzer: alles runter und gut ist. Bei einem guten Winzer allerdings ist das Hand-, Augen- und Nasenarbeit. Und Liebe! Die nicht mehr so guten kommen in den einen Bottich, wo auch da zwischen nicht mehr so gut und nicht mehr so gut unterschieden wird. Der eine Pilz ist okay, der nächste voll schlimm und die Geiztrauben sauer und die Essigtrauben dürfen in gar keinen Bottich, die kommen direkt als Kompost zwischen die Füsse und werden mit einem spitzen Fluch zertreten. Die Guten, die natürlich in den anderen Bottich.
Zu dem ganzen Nebel der einen durchtränkt kommen pfundweise Insekten, die diese Störung ihres Traubenschmauses überhaupt nicht schätzen und so hat man andauernd empörte Ohrenkneifer, rennende Spinnen und deren Netze zwischen den Augen, wo man wegen vom Traubensaft dunkelrot triefender Hände nicht drüber wischen kann, will man am Ende nicht aussehen wie auf dem Kriegspfad.
Zwischendurch hockte ich gerne einmal eine halbe Minute im Leerlauf und starrte meine Hände an. Meine Hände und ich, wir kennen und jetzt seit sehr langer Zeit, und noch nie habe ich sie in einem dermaßen erbärmlichen und unbekannten Zustand gesehen. Noch nicht mal nach Gartenarbeit sahen mich meine Hände so verfärbt an wie jetzt. Haben die kleinen Pelzmatrosen Hugo und Irma die letzten zwei Wochen mit Krallen und Zähnen einen guten Grundstock für sämtliche Traubensäfte Marke Regent und Spätburgunder gelegt, die sich jetzt in jeden Ritz und in jede Falte, Wunde und Nagel festsetzen. Klebt wie Hölle, geht nicht weg und auch jetzt schaue ich immer wieder hin und denke, wow, dass meine Hände so aussehen können.
Werde nach Heimkehr sicher um die zwei Tage in der Badewanne sitzen müssen, mit Bimsstein, Geduld und Spüli. Durchgehend.
Geschichten aus dem Weinberg.
Der Berufsabgang für Winzer: CO2-Tod! Frisch passiert: Winzer und Lehrling. Nach einer Feier fand der Winzer (noch im schicken Anzug) seinen Lehrling, wollte ihm helfen und lag kurz darauf daneben im Tank. Geht schnell, soll –laut anwesender Fachleute- ganz angenehm sein. Ähnlich wie der Kältetod. Merke mir das.
Auch gelernt: Den Berg runter geht’s flott. Nämlich rutschend auf den sieben Buchstaben. Mit Glück bleibt der volle Eimer oben stehen.
Feierabende sehen Sonntags so aus.

13.10.2008
Erste Auswirkungen und die Sache mit dem ZEN.
Letzte Nacht geträumt, ich wäre Weinkönigin vom Rieslingsland geworden. Klitschnass in Jogginghose, übersät mit Spinnen und Ohrkneifern, tanzte ich durch Spätburgundermost und rief immer "Eimer bitte, einen neuen Eimer bitte".
Das Wetter.
Den ganzen Tag erst Nebel, dann ein Hauch von Regen, auf dem Fuße folgend Sonnenschein für den Rest des Nachmittags.

Riesling- Vorlese.
An Edelpilzen riechen um Essig auszubooten. So zweimal an einen auf der Nase hüpfenden Ohrenkneifer gekommen. Einmal im steileren Weinberg auf dem Hintern nach unten, und das nicht freiwillig. Mal wieder. Rufe nur noch lakonisch „Achtung, Stadtfrau kommt.“ Dann weiß jeder Bescheid.
Von einem durchgehend furzenden Mithelfer den Spruch “Wenn ich so red’, dann leb ich noch.“ gelernt. Direkt beschlossen, diesen niemals anzuwenden, vor allem nicht in der Thematik der Winde.
Oft einmal inne gehalten und über die Hügel geschaut. ZEN-Momente.
Die Rückenschmerzen sind unerträglich. Am Abend festgestellt, dass sich da nach Jahren nicht die gute, alte und vor allem topfit trainierte LWS zurückmeldet, sondern dass meine Filetstücke entlang der Wirbelsäule komplett verspannt sind.
Trauben hängen tief.
14.10.2008
Evolution und die Sache mit meiner Jeans.
Morgens mit dem Gedanken aufgewacht, dass ich gestern nicht auf dem Trecker sass, sondern ganzkörper drunter lag. Rücken aua, Füße weh, und meine Hände nicht von dieser Welt. Linker Zeigefinger steif vor Schmerz, dessen Ursprung ich mir nicht mehr erklären kann, aber jetzt will meine Hose auch einmal zu Wort kommen. Die kann nämlich mittlerweile von allein in der Ecke stehen und mir morgens ins Bad hinterher laufen, damit ich direkt mit Schmackes in sie hineinspringen kann. Die Schuhe –hingegen- sind beleidigt, weil sie morgens noch genau so nass sind wie abends, und meine Socken (steif wie die Jeans) habe ich eben einfach mit unter die Dusche genommen, schön mit Shampoo geschrubbt und nun baumeln sie über der Heizung ihrem nächsten Einsatz entgegen.
So wie ich. Ich baumele erst unter der heißen Brause, der ich nur noch meine Aua-Stellen entgegen halte, um dann die Beine doch nicht zu rasieren, wozu auch, den Wingert interessiert das einen feuchten Misthaufen, ob wer einen Chinchilla unter dem Arm trägt, oder eben nicht.
Heute gelernt: Trompetenkäfer und die Wünsche von 15jährigen, die immer 6 sein wollen.
Heute Riesling komplett, morgen angedrohter Regen.
15.10.2008
Schlaflos in Maring – Noviand.
War letzte Nacht Vollmond? Kein Auge schlafend zu, aber jede Wunde und Gebrechen sehr anwesend. Ganzen Tag gearbeitet, abends Stromberg auf Laptop. Vom Lüfter wieder wach geworden.
„Man muss die Weintraube vernaschen bevor sie zur Rosine wird.“ (Zitat Stromberg)
Fühle mich thematisch verfolgt und schlafe dann mit der zur Wurst gedrehten Decke im Arm ein. Draußen Regen, innen Zufriedenheit und der Gedanke, dass der eigene Körper morgen Regenpause hat.
16.10.2008
Regenpause ist Luxemburgausflug.
Regen. Im ganzen Haus herrscht gelassene Stimmung. Ruhige Arbeit, ich schäle einen ganzen Garten Äpfel zu Kompotthäppchen, und gegen Mittag sage ich zu wem, dass ich mich wie Schneewittchen fühle, die für die sieben Zwerge deckt. Überall Teller, Gabeln, Gläser, während der Hund vor dem glimmenden Kamin schläft.
Nach dem Nudelgau schleichen alle im Kohlehydratrausch in ihre Zimmer und schlafen. Ich liege auch und gucke weiter Stromberg. Jetzt habe ich ja endlich mal Zeit, diese DVDs in meiner Laptop-Tasche gebührend Zeit zu schenken.
Knick-Knack. Niveau rutscht.

Nachmittags Ausflug zur Luxemburgbegehung. War schön. Auch, weil dort die Sonne aus blauem Himmel schien und die Auslagen der Geschäfte ebenso appetitlich lachten (Krabben und Kleider).
Erzähle auf der Rückfahrt im Stau, dass ich vorab versucht habe, meine Hände mit der Zahnbürste zu schrubben. Ernte 3-faches Gelächter, alle lustig heute.
17.10.2008
Letzter Tag.

Morgens ein letztes Mal mit im Weinberg. Henkersmahlzeit und warme Händedrücker. Kloß im Hals gehabt. Alles liebe Menschen. Alles eine Zeit, die man so nie ein zweites Mal hat.
Mittags Geschichten eines alten Haudegens mit Federweißen probieren, Schläuche anschließen und Stoßgebete ausdenken. Alles ging gut.

(links der Geschichtenerzähler Martin, rechts Winzer Timo Dienhart)
Bahnhof und die Götter hatten grad Zeit: eine Steckdose am Platz. Die zweite Staffel Stromberg zu Ende geguckt und kaum war es dunkel, stand ich im Düsseldorf.
Schön wars.
Und: to be continued!
Alle Photos zum Text: Bitte HIER sachte pressen.
Das alles wurde übrigens erlebt auf dem Bio-Weingut zur Römerkelter der Familie Dienhart.

Im Zug.
Ich sitze in einem Zug, den es so –wie ich glaubte- nicht mehr gibt. Nostalgie macht sich großflächig breit, während ein scharfer Wind durch das falsch ausgezeichnete und damit
doppelt belegte Abteil 7 rauscht.
Ja, lieber ICE-genormter Leser, richtig gelesen. Wir schreiben das Jahr 2008 und ich fahre in einem Zug, in dem es Fenster gibt. Und wenn Mensch in einem Zug Fenster zur Hand hat, dann öffnet er sie und hält während der Fahrt gerne einmal den ganzen Kopf hinaus. Sämtliche laut maulende Omas werden im Rudel ignoriert, ihr „ES ZIEHT!“ hört bei dem selbst hergestellten Sturm keiner mehr.
Ebenso wenig wie Durchzugtoleranz gibt es in diesem Zug Steckdosen, Müllschlucker, Durchsagen, Kaffeewagenschieber mit frischen Brezeln und Toilettenpapier. Aber auch auf dem WC lässt sich das Fenster weit nach unten hin öffnen, was ja auch was ist.
Eigentlich wollte ich arbeiten, weil ich das in Zügen sehr gerne und effizient tue. Als Belohnung für ‚danach’ habe ich mir sogar einen frischen Bukowski eingepackt, lesen geht im Zug unabgelenkt ja genau so toll wie arbeiten, aber diese Kiste rast so hyperaktiv durch Nordrhein-Westfalen (es gilt 15 Minuten Verspätung aufzuholen, die irgendwie seit Beginn mitfuhren, Herkunft unbekannt, aber sänk ju for trävveling wis Deutsche Bahn.) das es sich anfühlt wie Achterbahn durchs Rheinland mit stark vibrierendem Teppichboden, bis die Fußsohlen jucken.
Ich dann so Füße hoch, weg vom Tremor des Bodens und Buch zwischen den kalten Händen, mache mir Gedanken über die Durchsagen, die mehr eine phonetische Abfolge von Tönen ist als eine verständliche Ansage. Bei dem Sturm im Wagen 7 kein Wunder, aber wenn man Fenster hat, dann lässt man sie natürlich auch auf. Die Omas mittlerweile alle kollektiv mies gelaunt und mit ganz sicher eingeholter Lungenentzündung Bananen am schälen.
Ich, tief eingesunken zwischen Ledertasche und Umhängeschal, werde beim Lesen von einem fremden Mann angeschrien. Fremder Mann hat Uniform an, was mich aufmerksam werden lässt. Verstehe kein Wort, brülle aber zurück, jaja, die Burg hätte ich gesehen, da wäre ich als Kind schon mit Vater und einem Esel hoch oben gewesen, und doch, Wetter ist ja besser als die letzten Tage. Mann guckt resigniert und vorwurfsvoll, geht dann aber weiter, um die nächste Frau anzusprechen. Eine Oma. Sie brüllt zurück, sie verstehe nix, aber ES WÜRDE DOCH SEHR ZIEHEN!
Den Höhepunkt meines toten Punktes erreiche in in einer Stadt namens Bullay, und eine gute halbe Stunde später bin ich dann auch schon da.
Das erste Mal.
Noch eine halbe Stunde später wird ein Mädchentraum wahr. Ich sitze seitlich aufgebockt auf einem Trecker und ein netter Mann fährt mich in einen Weinberg. In seinen Weinberg. Der nette Mann ist der Senior-Winzer (sagt man das so?) und auch hier ist es wie im Zug so laut, dass wir uns alles zuschreien müssen.

Egal, ich hab mich amüsiert wie Bolle.
Dann meine erstes Mal Weinbergarbeit.
Schmuck aus, empfindliche Klamotten aus, und Schere zur Hand. Auf die soll ich die ganze nächste Zeit meines Aufenthaltes aufpassen wie auf meine Augäpfel. Trichtere mir das ein, während:
Eine sensible Handlese Marke Spätburgunder‚ die Guten hängen lassen und die Anderen in den Eimer.
Ich lerne verschiedene Pilzsorten zu unterscheiden, gute und von Grund auf böse, und Essigbeeren und wie Hunde furzen können, wenn sie zu viele Trauben hatten.
Abends dann die guten Tröpfchen ins eigene Kröpfchen, und jetzt mache ich das letzte Licht aus und schlafe ganz sicher wie ein Stein in den nächsten Tag hinein.
Diese seltsamen Reime sind übrigens eine freundliche Nebenwirkung der Weinverkostung, das ist dann morgen wieder weg. Morgen? Ist Sonntag, und da geht es früh los in den Weinberg.
„Der Steile“, wie mir eben prophezeit wurde.
Nehme mir alles vor, vor allem nicht abzustürzen.
12.10.2008
Im Weinberg.
„Im Frühtau zu Berge“ fiel mir als erstes ein, als ich früh morgens im Weinberg nur eines versuchte: Im Frühtau nicht auszurutschen und vor allen den Sittich zu machen. Nebel macht nass, und das gilt nicht nur für die Trauben, sondern auch für den kompletten Menschen, der an genau diese ran will.

Spätburgunderlese und Vorlese. Bedeutet bei einem nicht so dollen Winzer: alles runter und gut ist. Bei einem guten Winzer allerdings ist das Hand-, Augen- und Nasenarbeit. Und Liebe! Die nicht mehr so guten kommen in den einen Bottich, wo auch da zwischen nicht mehr so gut und nicht mehr so gut unterschieden wird. Der eine Pilz ist okay, der nächste voll schlimm und die Geiztrauben sauer und die Essigtrauben dürfen in gar keinen Bottich, die kommen direkt als Kompost zwischen die Füsse und werden mit einem spitzen Fluch zertreten. Die Guten, die natürlich in den anderen Bottich.
Zu dem ganzen Nebel der einen durchtränkt kommen pfundweise Insekten, die diese Störung ihres Traubenschmauses überhaupt nicht schätzen und so hat man andauernd empörte Ohrenkneifer, rennende Spinnen und deren Netze zwischen den Augen, wo man wegen vom Traubensaft dunkelrot triefender Hände nicht drüber wischen kann, will man am Ende nicht aussehen wie auf dem Kriegspfad.
Zwischendurch hockte ich gerne einmal eine halbe Minute im Leerlauf und starrte meine Hände an. Meine Hände und ich, wir kennen und jetzt seit sehr langer Zeit, und noch nie habe ich sie in einem dermaßen erbärmlichen und unbekannten Zustand gesehen. Noch nicht mal nach Gartenarbeit sahen mich meine Hände so verfärbt an wie jetzt. Haben die kleinen Pelzmatrosen Hugo und Irma die letzten zwei Wochen mit Krallen und Zähnen einen guten Grundstock für sämtliche Traubensäfte Marke Regent und Spätburgunder gelegt, die sich jetzt in jeden Ritz und in jede Falte, Wunde und Nagel festsetzen. Klebt wie Hölle, geht nicht weg und auch jetzt schaue ich immer wieder hin und denke, wow, dass meine Hände so aussehen können.
Werde nach Heimkehr sicher um die zwei Tage in der Badewanne sitzen müssen, mit Bimsstein, Geduld und Spüli. Durchgehend.
Geschichten aus dem Weinberg.
Der Berufsabgang für Winzer: CO2-Tod! Frisch passiert: Winzer und Lehrling. Nach einer Feier fand der Winzer (noch im schicken Anzug) seinen Lehrling, wollte ihm helfen und lag kurz darauf daneben im Tank. Geht schnell, soll –laut anwesender Fachleute- ganz angenehm sein. Ähnlich wie der Kältetod. Merke mir das.
Auch gelernt: Den Berg runter geht’s flott. Nämlich rutschend auf den sieben Buchstaben. Mit Glück bleibt der volle Eimer oben stehen.
Feierabende sehen Sonntags so aus.

13.10.2008
Erste Auswirkungen und die Sache mit dem ZEN.
Letzte Nacht geträumt, ich wäre Weinkönigin vom Rieslingsland geworden. Klitschnass in Jogginghose, übersät mit Spinnen und Ohrkneifern, tanzte ich durch Spätburgundermost und rief immer "Eimer bitte, einen neuen Eimer bitte".
Das Wetter.
Den ganzen Tag erst Nebel, dann ein Hauch von Regen, auf dem Fuße folgend Sonnenschein für den Rest des Nachmittags.

Riesling- Vorlese.
An Edelpilzen riechen um Essig auszubooten. So zweimal an einen auf der Nase hüpfenden Ohrenkneifer gekommen. Einmal im steileren Weinberg auf dem Hintern nach unten, und das nicht freiwillig. Mal wieder. Rufe nur noch lakonisch „Achtung, Stadtfrau kommt.“ Dann weiß jeder Bescheid.
Von einem durchgehend furzenden Mithelfer den Spruch “Wenn ich so red’, dann leb ich noch.“ gelernt. Direkt beschlossen, diesen niemals anzuwenden, vor allem nicht in der Thematik der Winde.
Oft einmal inne gehalten und über die Hügel geschaut. ZEN-Momente.
Die Rückenschmerzen sind unerträglich. Am Abend festgestellt, dass sich da nach Jahren nicht die gute, alte und vor allem topfit trainierte LWS zurückmeldet, sondern dass meine Filetstücke entlang der Wirbelsäule komplett verspannt sind.
Trauben hängen tief.
14.10.2008
Evolution und die Sache mit meiner Jeans.
Morgens mit dem Gedanken aufgewacht, dass ich gestern nicht auf dem Trecker sass, sondern ganzkörper drunter lag. Rücken aua, Füße weh, und meine Hände nicht von dieser Welt. Linker Zeigefinger steif vor Schmerz, dessen Ursprung ich mir nicht mehr erklären kann, aber jetzt will meine Hose auch einmal zu Wort kommen. Die kann nämlich mittlerweile von allein in der Ecke stehen und mir morgens ins Bad hinterher laufen, damit ich direkt mit Schmackes in sie hineinspringen kann. Die Schuhe –hingegen- sind beleidigt, weil sie morgens noch genau so nass sind wie abends, und meine Socken (steif wie die Jeans) habe ich eben einfach mit unter die Dusche genommen, schön mit Shampoo geschrubbt und nun baumeln sie über der Heizung ihrem nächsten Einsatz entgegen.
So wie ich. Ich baumele erst unter der heißen Brause, der ich nur noch meine Aua-Stellen entgegen halte, um dann die Beine doch nicht zu rasieren, wozu auch, den Wingert interessiert das einen feuchten Misthaufen, ob wer einen Chinchilla unter dem Arm trägt, oder eben nicht.
Heute gelernt: Trompetenkäfer und die Wünsche von 15jährigen, die immer 6 sein wollen.
Heute Riesling komplett, morgen angedrohter Regen.
15.10.2008
Schlaflos in Maring – Noviand.
War letzte Nacht Vollmond? Kein Auge schlafend zu, aber jede Wunde und Gebrechen sehr anwesend. Ganzen Tag gearbeitet, abends Stromberg auf Laptop. Vom Lüfter wieder wach geworden.
„Man muss die Weintraube vernaschen bevor sie zur Rosine wird.“ (Zitat Stromberg)
Fühle mich thematisch verfolgt und schlafe dann mit der zur Wurst gedrehten Decke im Arm ein. Draußen Regen, innen Zufriedenheit und der Gedanke, dass der eigene Körper morgen Regenpause hat.
16.10.2008
Regenpause ist Luxemburgausflug.
Regen. Im ganzen Haus herrscht gelassene Stimmung. Ruhige Arbeit, ich schäle einen ganzen Garten Äpfel zu Kompotthäppchen, und gegen Mittag sage ich zu wem, dass ich mich wie Schneewittchen fühle, die für die sieben Zwerge deckt. Überall Teller, Gabeln, Gläser, während der Hund vor dem glimmenden Kamin schläft.
Nach dem Nudelgau schleichen alle im Kohlehydratrausch in ihre Zimmer und schlafen. Ich liege auch und gucke weiter Stromberg. Jetzt habe ich ja endlich mal Zeit, diese DVDs in meiner Laptop-Tasche gebührend Zeit zu schenken.
Knick-Knack. Niveau rutscht.

Nachmittags Ausflug zur Luxemburgbegehung. War schön. Auch, weil dort die Sonne aus blauem Himmel schien und die Auslagen der Geschäfte ebenso appetitlich lachten (Krabben und Kleider).
Erzähle auf der Rückfahrt im Stau, dass ich vorab versucht habe, meine Hände mit der Zahnbürste zu schrubben. Ernte 3-faches Gelächter, alle lustig heute.
17.10.2008
Letzter Tag.

Morgens ein letztes Mal mit im Weinberg. Henkersmahlzeit und warme Händedrücker. Kloß im Hals gehabt. Alles liebe Menschen. Alles eine Zeit, die man so nie ein zweites Mal hat.
Mittags Geschichten eines alten Haudegens mit Federweißen probieren, Schläuche anschließen und Stoßgebete ausdenken. Alles ging gut.

(links der Geschichtenerzähler Martin, rechts Winzer Timo Dienhart)
Bahnhof und die Götter hatten grad Zeit: eine Steckdose am Platz. Die zweite Staffel Stromberg zu Ende geguckt und kaum war es dunkel, stand ich im Düsseldorf.
Schön wars.
Und: to be continued!
Alle Photos zum Text: Bitte HIER sachte pressen.
Das alles wurde übrigens erlebt auf dem Bio-Weingut zur Römerkelter der Familie Dienhart.
Dienstag, 21. Oktober 2008
♥
Bada Bing!
(aktuell staffel 5 richtung ende)
(aktuell staffel 5 richtung ende)
Samstag, 18. Oktober 2008
back in town. (yeahyeahyeah!)
Ich in tatsächlich zurück.
In einem Stück (scheints verblödet, wie man liest).
Das Einzige was unschmerzig mit an Bord ist: mein rechter Zeigefinger.
Der Rest, aber fragen sie nicht.
Bald mehr. Muss ja.
In einem Stück (scheints verblödet, wie man liest).
Das Einzige was unschmerzig mit an Bord ist: mein rechter Zeigefinger.
Der Rest, aber fragen sie nicht.
Bald mehr. Muss ja.
Samstag, 11. Oktober 2008
elektrisch stimmung machen.
Ich stehe unter Pheromoneinfluss.
Eigentlich wurde diese kleine Flasche, die man erst enthauptet und dann in die Steckdose parkt für die vier Fellchen gekauft. Sie verspricht schnellere Harmonie in Streßsituationen weil alle ganz puschelig drauf kommen dank vernebelterSinne Pheromone. Ist seriös, nicht vom Tele-Shopping.
Jedenfalls steckt dieses Ding in einer Steckdose meines Arbeitszimmers, weil natürlich genau da immer alle Pelzmatrosen rumhängen und mir wie jetzt völlig begeistert die auf dem Display erscheinenden Buchstaben fangen wollen.
Kurzer Einwurf an Gott oder Santa Claus:
Weihnachtswunsch Lu -> noch vier Arme bitte.
Zurück zur Gegenwart. Ich befürchte, dass diese Pheromone auch bei mir irgendetwas bewirken, von einem gewissen Nestbautrieb und fünfe mal gerade sein lassen kann ich in jedem Fall berichten, habe aber immer noch keine Lust auf Dauerwelle oder braune Wildlederpumps.
Die Fellchen finden es toll. Haben die kleinen sich nach einer Woche angeknurrt werden zur Aufgabe gemacht, sich über Ohrenputzen der Großen an den Rest der Katzen anzubiedern, klappt das schon ziemlich gut. Ab und an erwische sie, wie sie sich freundlich angucken und über Köpfe lecken, was die Großen jetzt ebenso nach ausgewachsenem Iltis riechen lässt wie die kleinen. Das liegt an dem richtigen Gebiß, was sich jetzt langsam seinen Weg bahnt und an den Hormonen der Kleinen, die langsam in ihre Startposition schlendern. Das bedeutet noch ein paar Wochen niedliche Gesichter mit phasenweiser Mundratte.
Völlig harmonisiert unterdrücke ich eventuell jetzt auch meinen Drang, vor meiner Abfahrt die ganze Wohnung mit Zetteln wie "Fenster ZU?!!!" und "frisches Wasser?!!!" zu tapezieren, bevor ich mich gleich mit festem Schuhwerk und praktischen Klamotten in den Zug Richtung Mosel setze und erst in Wittlich wieder aussteige. Der Mann schafft das auch ohne 50 Post-its, und mit einem Liter Riesling in der Blutbahn schaffe ich vielleicht auch das Einschlafen ohne Bilder von verdurstenden Katzen, die sich selbst im gekippten Fenster umbringen und anderen Horrorszenarien.
Wie ein Pheromonentzug aussieht, schreib ich dann von der Mosel weg.
Eigentlich wurde diese kleine Flasche, die man erst enthauptet und dann in die Steckdose parkt für die vier Fellchen gekauft. Sie verspricht schnellere Harmonie in Streßsituationen weil alle ganz puschelig drauf kommen dank vernebelter
Jedenfalls steckt dieses Ding in einer Steckdose meines Arbeitszimmers, weil natürlich genau da immer alle Pelzmatrosen rumhängen und mir wie jetzt völlig begeistert die auf dem Display erscheinenden Buchstaben fangen wollen.
Kurzer Einwurf an Gott oder Santa Claus:
Weihnachtswunsch Lu -> noch vier Arme bitte.
Zurück zur Gegenwart. Ich befürchte, dass diese Pheromone auch bei mir irgendetwas bewirken, von einem gewissen Nestbautrieb und fünfe mal gerade sein lassen kann ich in jedem Fall berichten, habe aber immer noch keine Lust auf Dauerwelle oder braune Wildlederpumps.
Die Fellchen finden es toll. Haben die kleinen sich nach einer Woche angeknurrt werden zur Aufgabe gemacht, sich über Ohrenputzen der Großen an den Rest der Katzen anzubiedern, klappt das schon ziemlich gut. Ab und an erwische sie, wie sie sich freundlich angucken und über Köpfe lecken, was die Großen jetzt ebenso nach ausgewachsenem Iltis riechen lässt wie die kleinen. Das liegt an dem richtigen Gebiß, was sich jetzt langsam seinen Weg bahnt und an den Hormonen der Kleinen, die langsam in ihre Startposition schlendern. Das bedeutet noch ein paar Wochen niedliche Gesichter mit phasenweiser Mundratte.
Völlig harmonisiert unterdrücke ich eventuell jetzt auch meinen Drang, vor meiner Abfahrt die ganze Wohnung mit Zetteln wie "Fenster ZU?!!!" und "frisches Wasser?!!!" zu tapezieren, bevor ich mich gleich mit festem Schuhwerk und praktischen Klamotten in den Zug Richtung Mosel setze und erst in Wittlich wieder aussteige. Der Mann schafft das auch ohne 50 Post-its, und mit einem Liter Riesling in der Blutbahn schaffe ich vielleicht auch das Einschlafen ohne Bilder von verdurstenden Katzen, die sich selbst im gekippten Fenster umbringen und anderen Horrorszenarien.
Wie ein Pheromonentzug aussieht, schreib ich dann von der Mosel weg.
Mittwoch, 8. Oktober 2008
.
Boah.
(Ey)
(Ey)
Dienstag, 7. Oktober 2008
@a.
In anderen Phasen oder Jahren, A., da würde ich jetzt vielleicht einen Ghettoblaster an die Hand nehmen, eine Flasche Bordeaux und eine Kerze. Ich würde all das und mich an Deinen Stein lehnen, A., und ich würde die Musik für Dich spielen.
Heute wäre Dein Geburtstag, und wir hätten ihn sicher nicht gefeiert wie früher, mit Marshmellow-Torte in der Agentur und Schnaps im Kaffee.
Alles hat seine Zeit, und für Dich habe ich heute keine Kerze, A., aber ich hab viel an Dich gedacht, an unsere Geburtstage, an Dein Lachen und mit was ich Dir eine Freude machen könnte, wo auch immer Du jetzt steckst.
Ich höre Deinen Traummann, A., und ich denke, zu diesem Lied hätten wir getanzt, damals.
Lass es Dir schmecken, A. ich mache jetzt den Bordeaux auf und trinke ein Glas für Dich mit.
Wir sehen uns!
Albert goes west
Heute wäre Dein Geburtstag, und wir hätten ihn sicher nicht gefeiert wie früher, mit Marshmellow-Torte in der Agentur und Schnaps im Kaffee.
Alles hat seine Zeit, und für Dich habe ich heute keine Kerze, A., aber ich hab viel an Dich gedacht, an unsere Geburtstage, an Dein Lachen und mit was ich Dir eine Freude machen könnte, wo auch immer Du jetzt steckst.
Ich höre Deinen Traummann, A., und ich denke, zu diesem Lied hätten wir getanzt, damals.
Lass es Dir schmecken, A. ich mache jetzt den Bordeaux auf und trinke ein Glas für Dich mit.
Wir sehen uns!
Albert goes west
Montag, 6. Oktober 2008
absonders.
Ich passe gerade nicht in mich hinein, und auch nicht um mich herum.
Ein Zustand, der mich mindestens fünf mal am Tag nervös macht.
Dazu hibbel ich mit den Händen und den ganzen Beinen.
Dann.
In Bilder verliebt sein.
So wie in dieses hier.
Tage wie diese.
Immer wieder, gut.
Ein Zustand, der mich mindestens fünf mal am Tag nervös macht.
Dazu hibbel ich mit den Händen und den ganzen Beinen.
Dann.
In Bilder verliebt sein.
So wie in dieses hier.
Tage wie diese.
Immer wieder, gut.
immer, wenn ich hamburg seh'.
Gestern Abend beim Tatort geheult. Vier Mal am Stück, Katze Luna war hinterher mit einem feuchten Rücken zu sehen.
Als ich heute Morgen aufwachte, hatte ich einen Satz im Kopf.
"Immer wenn ich Hamburg seh'."
Ja was denn dann?
Und nu?
Mein Kopf gibt mir fragwürdige Kurznachrichten, und da ich wegen Wetter heute nun doch noch nicht im Zug an die Mosel sitze, um mich dort an steilen Weinbergen zu vergreifen, habe ich einen kompletten verregneten Montag Zeit meinen Muskelkater von gestern zu pflegen und über diese Nachricht nachzudenken.
"Immer wenn ich Hamburg seh'."
(Das Buch der vollendeten Sätze, Suhrkamp 2010)
Achtung, Interna, weil ich es die Tage wiederfand:
Ja, das machen wir. Aber vorher musst Du alle Staffeln Sopranos sehen, da sind auch viele Stangentänzerinnen.
Und ja, das ist tatsächlich so. Ab der Kö bin ich dann mit Reden dran. (An dieser Stelle was zwinkerndes, liebe m.)
Als ich heute Morgen aufwachte, hatte ich einen Satz im Kopf.
"Immer wenn ich Hamburg seh'."
Ja was denn dann?
Und nu?
Mein Kopf gibt mir fragwürdige Kurznachrichten, und da ich wegen Wetter heute nun doch noch nicht im Zug an die Mosel sitze, um mich dort an steilen Weinbergen zu vergreifen, habe ich einen kompletten verregneten Montag Zeit meinen Muskelkater von gestern zu pflegen und über diese Nachricht nachzudenken.
"Immer wenn ich Hamburg seh'."
(Das Buch der vollendeten Sätze, Suhrkamp 2010)
Achtung, Interna, weil ich es die Tage wiederfand:
Ja, das machen wir. Aber vorher musst Du alle Staffeln Sopranos sehen, da sind auch viele Stangentänzerinnen.
Und ja, das ist tatsächlich so. Ab der Kö bin ich dann mit Reden dran. (An dieser Stelle was zwinkerndes, liebe m.)
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