Freitag, 10. Juni 2005

fundstück.



thassos, november 04


2.

diese denkschleife, die immer mit "heute vor ..." anfängt, und zeitliche abstände eingrenzt. heute vor zwei wochen dieser verdammte tag x, den ich gerade stück für stück verdaue.
es kommt ohne vorwarnung, ich fahre zur arbeit und plötzlich sind die bilder wieder da. die strasse wird undeutlich, mein kopf dröhnt, ich halte an und setze mich auf eine mauer, lasse die beine baumeln. immer wieder alle bilder, wie ich seinen arm streichle und sein herz immer öfter aussetzt. wie konnten wir stunden später bei dem drive in halten, wie konnten wir pommes essen und cola trinken, wie ging das eigentlich ? schocktaten, einfach dinge machen, die einem normalität vermitteln.
da kommen die gedanken, wie das er immer da war, seitdem ich lebe. das er jetzt nie mehr anruft, weil er mit dem internet nicht weiterkommt, oder weil er bei eBay etwas gesehen hat. nie wieder mein keks-care-paket zu weihnachten, und nie wieder nie wieder und sowieso alles nie wieder.
schlimme minuten, wie große wellen. und wenn sie über mir zusammenschwappen, dann halte ich still, halte alles an, bis sie weiterziehen, suche den punkt, wo ich gerade etwas aufhörte, und mache dort weiter. ich wüßte nicht, wie es anders gehen sollte.
erst zwei wochen, und er ist nur noch asche.

logbuch | © Lu um 22:21h | keine meldung | meldung machen?

ich bin die,

- die eben ohne zu bremsen volle suppe in diesen dämlichen K21 auftsteller gerauscht ist.
wer stellt die eigentlich direkt und so dämlich mitten auf meiner transitstrecke auf ?

- die heute mittag im alten viertel hinz und kunz antraf, unter anderem auch die alte klassenkameradin, die ihre kinder jetzt alle (5) erfolgreich in der schule sitzen hatte, und sich aus akuten leeregefühl einen knuffigen listenhund angeschafft hat, welcher sonnetrunken auf dem rücken über die wiese schubberte.

sie : und ? wie findste ?
ich : sag mal, kastriert ist rambochen nicht, oder ?
sie : nä, wieso ?
ich : na, der hat eier wie tennisbälle. guck mal, wenn der läuft…

rambochen lief arrogant an den weibchen im abgesperrten zaunbereich vorbei, und seine kronjuwelen polterten fröhlich von links nach rechts.

sie : ist doch schön, da weiß jeder, dat mein rambochen ne jung ist.
ich : nee, klar.

es folgte ein monolog ihrerseits über rüdenhoden, pansenernährung und alle verstorbenen hunde des viertels der letzten drei quartale.
wieso kann ich nicht einmal meine klappe halten, bzw was übers fell sagen, oder die ohren ?

- die heute gleich doppelt während der arbeit in den fraglichen genuss kam, einen +80jährigen mann mit runtergelassenen ballonseidehosen vor die nase zu
bekommen. strenge stimme mit bösen blick reichte aber aus, dass er beim dritten versuch die hände direkt wieder hinter den rücken legte, statt
die hose zu greifen.

- die sich jetzt mit einer flasche rotwein in die warme couchdelle des leaderfellchens sinken läßt, sämtliche rüden und deren anhängsel wegtrinkend,
und den DVD-player für die beste investition ( neben laptop und espressokocher ) dieses haushaltes halte.

adieu tag, du warst mir eine bürde.


Mittwoch, 8. Juni 2005

live, in farbe und hoffentlich mit was zu trinken.

da geht wieder ein rascheln durch den kleingartenverein "blogsdorf e.V."
lyssa und don dahlmann lesen am 19.06. aus dem nähkasten, so richtig zum anfassen und reinrufen UND ( und das ist entscheidend ) mal jenseits der üblichen lokalitäten, nämlich im idyll von ... neuss.



kommt in scharen, bringt die massen mit, ich geh auch.


titten against zuckerdosen. ( autsch! )

wenn alle nachbarn gleichzeitg dem wahnsinn verfallen ...
gegenüber werden dachschindeln durch metallrohre nach unten befördert, über mir wird elektronisch gesägt, nebenan wird ein neuer schrein gezimmert, rechts unten unrhytmisch gebohrt, und in sämtlichen gärten im umfeld wird astwerk gehäckselt. ich fühle mich wie in einer hagebaumarktwerbung, und hab lust auf einen liter bier tranquilizern drin.
in der sonne sitzend, papierberge um mich herum, briefkrieg, alle wollen was, und ich will was ganz anderes.

-pause für den nächsten schindelschub-

ohrknöpfe und die homöopathischen tropfen against trauerklops sein eine dosis höher gedreht, schon ist mittag.

und wo wir grad bei drehen sind. im moment läuft juliette & the licks, band und musik um die schauspielerin juliette lewis, die ich immer sehr gnadenlos und klasse fand. und genau ab hier wirds zwiegespalten, weil ich höre die musik jetzt zum dritten mal, ich habs die anderen beiden male als " ziemlich öde, alles schon tausend mal dagewesen, alles schon mitgemacht" abgetan und gut war.
aber ich mag die frau, ich mag generell gern den typus frau, der nicht auf zuckerdose macht, sondern das gegenteil für sich will, ich zähl mich selber zu den direkten in der spielgruppe. ich hab eher titten zu meinen titten gesagt, als sich das einer der heute so gut erzogenen jungs getraut hat. ich mache zwar keine flaschen mit den zähnen auf, weiß aber gut genug, was frau in den mund nehmen sollte, und was nicht. und ja, ich bleibe an roten ampeln stehen, wenn man das als messlatte nehmen will, dafür bin ich in anderen bereichen null handzahm - aber ist auch egal jetzt, geht ja um musik und nicht um meinen weg, mit ampeln umzugehen.
wie soll musik sein, wenn frau eben nicht britney_beyonce_like ist, sondern was zu anderes zu sagen hat, was zeigen will, temperament statt haarspray in den spitzen, und titten statt busen hat ? wenn ich ein mann wär, ich würd mit ihr ausgehen, und beyonce könnte ihre freundinnen anrufen, wie in ihren songs.

( noch 12 minuten bis zur mittagsruhe, aushaltenaushaltenaushalten )


Mittwoch, 8. Juni 2005

insomniasten und insomniastInnen.

heute nacht, um 0:40, gibts auf arte" durch die nacht mit..."

und heute *macht mit aufgeplusterten backen einen tusch nach* mit moritz bleibtreu und dem pocher quer durch *macht mit hängenden schultern einen grimmigen gesichtsausdruck, aber nur wegen fernweh* genau : hamburg. *weint*

aus der fabrikwerkszeitung folgender text :

" Sie stromern durch Hamburg, treffen auf Regisseur Fatih Akin, tauchen ins Rotlichtmilieu der Reeperbahn ein, reden.
Comedian Oliver Pocher (27) und Schauspieler Moritz Bleibtreu (33), die sich kaum kannten, stellen Gemeinsamkeiten fest: kein Alibi Abi, kein Glück bei Frauen ... Spannendes, poetisches Experiment. "

(hurra)


lieber herr gott.

ich wär so gern viel näher dran.

( und über 20 °C wär auch töfte. )

danke,

dein schaf lu, ( abtrünnig wie gehabt )


ab donnerstag im lichtspielhaus.

crossing the bridge



(...)" Wenn ihr einen Ort besucht und verstehen wollt, welche Kultur
dort herrscht, dann hört euch die Musik an, die dort gemacht wird."


Montag, 6. Juni 2005

gegenschmerz.

der faden riss laut und hörbar irgendwo im telefonat, als es darum ging, dass die überreste meines vaters samt urne mit der post verschickt werden würden.
ich weiß nicht, ob es das war, oder die alten keilereien mit meiner mutter, die zwar aus aktuellem anlass hinter der kammertür versperrt sind, aber dann laut gegen das modrige holz klopfen, wenn wir unsere alten muster aus dem hinterhalt holen. ich mit meiner zu direkten art, sie mit ihrem von hinten durchs knie.

es fühlte sich gut an, das telefon auf den tisch zu knallen, und ich bedauere heute noch, das es keine griffigen telefone mehr gibt, wo man den hörer so richtig mit vollem emotionalen einsatz auf die gabel knallen kann, statt wie jetzt so ein filigranes ding in seine station zu stecken. das bringt einem nichtsnichtsnichts.
es fühlte sich noch besser an, mit 30 km/h ins bad zu laufen, und die dicke tür mit schwung zuzuschmeissen, sich an der kalten wanne auf den boden sinken zu lassen und auf alles einzuschlagen, was da im umfeld war. irgendwann kam m. und hielt mich fest, die möbel werden es ihm ewig danken, der klodeckel hat es auch überlebt.

diese vermeintliche unfähigkeit, die situation wirklich anzunehmen. dieser tag, an dem ich die ganze zeit dachte, dass ich vor zwei wochen das letzte mal mit ihm gesprochen hatte.
es tut so verdammt weh, und das jeden tag mehr. der schock geht langsam dahin und die seelische mülltonne dafür weit auf. verarbeiten, akzeptieren, vermissen.

heute habe ich blutergüsse in den handinnenflächen, so viel kraft steckt in trauer.


wettervorhersage für heute

gesprochen gestern abend, 20:14 in der ARD tagesschau :

" ... am rhein freundliche momente."

na dann.

( generell dem TV ein dickes danke-schmatzi für romanek, dittsche und fassbinder. reihenfolge ist wichtig! geht doch. )


Sonntag, 5. Juni 2005

edit

zehn minuten später denken, dass doch eh alles schmu ist.
es dürfte reichen, in den untergrund zu gehen und ein tamagotchi mitzunehmen.


warum nicht

mal wieder zehn stunden an einem stück schlafen.
Sitting, Waiting, Wishing gucken.
ans meer fahren.
das handy statt den stein mit schwung ins wasser werfen.
einen cola-rausch antrinken.
eine hurricane-karte bekommen.
hamburg vermissen.
aufwachen mit dem wort "protonenpumpenhemmer" im kopf.
mal wieder einen sonntag vor dem krimi gut finden.

reggae galore, mit den molekülen wackeln und die
sonne wenigstens in die ohren lassen. warum auch nicht.


Samstag, 4. Juni 2005

du bist was du isst.

wenn mal wer komplette abschottung vom restlichen weltgeschehen braucht, dem empfehle ich die dosis beschäftigung, welche ich gestern und heute ( wochenende, es ist eigentlich wochenende ! ) erleben durfte.
fortbildungsseminar in orthomolekularer medizin, preiset der nahrung, den spuren, den elementen und den vitaminen.
ich weiß nicht, wann ich das letzte mal so derbe in so kurzer zeit so überinformiert wurde. meine synapsen machten geräusche wie eine abgetickerte festplatte, ich trank am ende nur noch alles doppelt, welches aus den kaffeeautomaten kam, und rutschte in orthopädische grenzwerthaltungen mit wahrscheinlichen spätfolgen- so ab morgen früh.

nicht falsch verstehen, ich war da quasi freiwillig, ernährungsberatung kommt nicht von nix, und es war auch alles ganz töfte und doll und so. aber der vortragende war eine rhetorische herausforderung, der hinter jedem satz ein JA? platzierte, und ich wollte ihm schon nach ca. 25 minuten an den hals und kräftig daran drücken.
JA?
uffz.
ausserdem ist es erniedrigend, immer an allen anderen vorbei zu müssen, wenn die blase schon fast hörbar kreischt und beim laufen gluckert, und alle wissen nicht wohin mit ihren beinen und stühlen, weil der platz so knapp bemessen und überhaupt … selbst im dunklen kino ist es einfacher, „mal eben auf klo“ zu gehen, ohne dass einen alle in die kanalisation wünschen. JA?
überstanden, zertifikat in der tasche und am ende auf der rückfahrt vor dem teilchef die rampensau mit der schweinehündin rausgelassen, und jede noch so kniffelige diagnostik mit links behandelt, während die A3 den weg nach hause zeigte und draussen die gewitter tobten.
ich war also an den richtigen stellen wach, timing ist ja auch so ne sache.

und trotzdem … gestern eher nicht, aber heute ganz oft und ganz unvermittelt in gedanken ins geschehene abgerutscht.
launenbrüche, die achterbahn verläßt den gipfel. die bilder kommen jetzt wieder häufiger hoch, die trauer verfärbt sich, wird immer schwärzer und schmeckt plötzlich nach angst.
ich fühle mich alleine, ich bin alleine, und sitze in seinem alten shirt auf dem stuhl. kein arm um mich, kein gedanke an so was wie freude um mich, nur ich und das shirt und lust auf blinden aktivismus und exzess. wenn es auf der einen seite so tot ist, muss auf der anderen massives leben her ?
falscher ansatz, vielleicht.
ich hab alles gemacht. ich mache immer alles, scheinbar.
jetzt mag ich nicht mehr, ich bin alle.
das leben, eine einzige leere versprechung (?).

logbuch | © Lu um 23:07h | keine meldung | meldung machen?

kleincockig & ultralustig

okay, welcher vollpfosten hat mich beim NENA-newsletter angemeldet ?

du kommst dafür in meine private hölle und wirst mit ödem spam gefüttert,
freu dich vor.


Freitag, 3. Juni 2005

letzter gang.

mit dem aufhören des tages gestern fing dann der heutige an, normale sache, aber für mich trotzdem ein umbruch.
ich lag totmüde in den laken, und starrte mit rotgeheulten augen die digitalen ziffern meines weckers an.
-klick-
00:00
der tag war also offiziell vorbei. die trauerfeier für meinen vater auch.
unwirklich, alles zur selben zeit wie vor einer woche zu tun.
fast die selbe strecke, wieder die wälder, wieder diese täler, die ich ab bald wohl kaum noch sehen werde. das gefühl im bauch ähnlich, nur endgültiger.

ich sehe meinen halbbruder das erste mal seit jahren wieder. er ist verheult und mir bleibt einen kurzen moment die spucke weg, wie ähnlich er unserem vater mittlerweile sieht. die augen, der mund. genetisches dableiben.

es kommen immer mehr ins haus, und zwischen wassergläsern und wenigen worten versuche ich, seine lezte woche zusammen zu puzzeln, weil jetzt die leute da sind,
die ihn noch getroffen haben, auf seinem letzten besuch in seiner heimat. mit jedem puzzlestück werde ich ein stück trauriger, meine ahnung, das es ihm auch dort nicht mehr gut ging wird zur gewissheit. ich fühle mich leer.

die trauerfreier ist einfach gehalten, wir sind alle evangelisch, die kapelle dementsprechend.
meine mutter dreht durch, als wir auf die weit geöffneten türen zugehen, auf den sarg zu. ich begrabe sie unter meinen armen und sage, dass wir auch gehen können. sie will bleiben, der letzte gang soll nicht ohne sie sein.

ich freue mich, dass er eine pastorin hat, und sie erinnert mich an eine hohepriesterin. der organist ist scheinbar taub, ein kurzes aufbäumen einer akuten albernheit, ich schlucks runter, das geht jetzt nicht. ein handy klingelt.
was die pastorin sagte, war mir wurscht. sie kannte ihn nicht, und meine mutter hat natürlich nur gutes erzählt. mein vater wurde fast heilig gesprochen in dieser kathedrale, viele schnieften, mutter flatterte neben mir. ich dachte, dass man von dieser stelle aus herrlich über die landschaft gucken konnte, die hatten sich schon was dabei gedacht. ich dachte, dass mein dad nie ein kostverächter war, er hat sein leben gelebt, und selten viel rücksicht auf andere genommen. je älter er wurde, um so weicher wurde er, aber ein heiliger war er wirklich nicht.
die pastorin war fertig, alle beteten, ich guckte den sarg an. ich hatte wenig bezug zu all dem, ich dachte noch, ich hätte vielleicht selber was zu ihm schreiben und vorlesen sollen,
aber ich hab nicht dran gedacht, die letzten tage. später, vielleicht.

am ende konnten wir ihm noch eine riesige rote rose auf den sarg legen, der bestatter hat sich dafür verbürgt, dass diese mit verbrannt werden. ich schob meine mutter sanft, sie gab sich den letzten ruck.
mein bruder nahm zwei rosen aus dem eimer, gab mir eine, und ich hatte endlich mal die möglichkeit, ihm den vortritt zu lassen, ihm, den unehelichen, der vom kuchen "vater"viel zu wenig zeit abbekommen hatte, trotz liebe und allem. und viele guckten fragend, seine ähnlichkeit war offensichtlich, mir wars egal. sollten sie sich doch fragen.
ich legte die rose ab, stupste ein letztes mal an den sarg, und war raus.

diesen gigantischen kelch bier hab ich später nur für ihn getrunken, der mittägliche rausch inklusive.
auf der rückfahrt nach düsseldorf hatte ich endlich zeit und ruhe, für mich weiterzuheulen, und in ein paar wochen holen wir seine urne nach. zwölf jahre nachdem er von hier weg ist.
ich denke mit viel liebe an ihn, und werde dann das tun, was ich mir in seinen letzten minuten versprochen habe. eine fahrt nach aachen, ein tattoo zu seinen gedenken.
ein hafentattoo, in erinnerung an seine.