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Samstag, 22. September 2007
umnachtet und besonnt.
Vorhin stehe ich im lichtdurchflutetem Bad und versuche, mir zwei Augen und einen Mund zu malen, die wie meine zwei Augen und mein Mund aussehen. Es hätte ein toller Moment sein können, so wie der heute Morgen vor acht, als ich die Haustür öffnete, meinen Gaul unterm Arm, und tatsächlich frische Luft und einen Hauch Erde roch. Da hat der Park mal richtig das Viertel geflutete letzte Nacht, lecker Bäume!
Jedenfalls, um zurück zum tollen Moment zu kommen, bzw. dessen Ausfall: das Bad geht zum Hinterhof, zum Hinterhof gehen auch sämtliche Fenster sämtlicher Mitbewohner, Nachbarn, Menschen an sich, und Menschen produzieren Geräusche, meist niedere, und viel Krach. So stand ich mit der Wimperntusche in der Hand und hörte ein Klanggewitter von cirka fünf verschiedenen Musikrichtungen, eine laut in ihr Telefon schwadronierende Russin mit Restalkohol, einen Staubsauger der sicher den stolzen Titel eines Industriesaugers führt, und einen laut stöhnenden Nachbarn auf dem Klo nebenan.
Flucht nach vorn, Rucksack an entsprechende Stelle gerückt und mit dem Rad zum Bio-Markt meines Vertrauens. Ich krieche gerade einmal um den gesamten Drahtgaul, um ihn großstadtsicher zu vertäuen, da brüllt jemand 'Hey!' in meine Rückfront. Ich schnelle verschrocken hoch und schaue mit einer Mischung aus Entrüstung und Ratlosigkeit zurück, rufe ebenfalls 'Hey!' und denke dabei, wer zum Teufel ist das?
Der Mensch ist männlich, trägt graue, lange Haare und einen Zottelbart, speckige Lederklamotten, einen Antifa-Button, und tatsächlich, als wenn es heute an Klischees mangeln würde, quillt eine zerdrückte Packung Tabak aus der Hosentasche. An der Hand ein mies gelauntes Mädchen kurz vor der Pubertät, am Handgelenk ein Haargummi, cirka schwarz bis braun.
'Hey!', er wieder.
'Du machst aber auch alles so richtig richtig, was?' strahlt er mich an und knufft mir zur Unterstreichung seiner Worte noch angedeutet in die Seite.
'Könn wa jetz jehn?' das Mädchen.
'Was mache ich genau?' versuche ich Zeit zu schinden. Ich habe immer noch keinen blassen Schimmer, wer mich da knufft und anstrahlt, enthaare ihn in Gedanken, Bart weg, grau weg, Georg vielleicht, nein, Georg war mehr nordisch blond, der würde anders ergrauen.
'Na, mit dem Rad zum Körnerladen. Hättste auch nie gedacht, dass du mal so wirst, oder?', und zack, der nächste Knuffer.
'Papa. Könn wa jetze?' rettet mich das Mädchen vor erneuten Angriffen.
'Mensch, wart doch ma, Inchen. Wenn ich schon mal wen von früher treff. Mensch, wat machste denn so?'
Das ist genau die Frage, die mir den Schweiß unter die Achseln treibt. Da trifft man wen, den man so lange nicht getroffen hat, dass sich keine Erinnerung mehr einstellen will, und dann fragt der gleich, was man denn jetzt so macht. Ich meine, da liegen Billiarden von Momenten, Entscheidungen, Erfahrungen, warmen Mahlzeiten und Erkältungen dazwischen.
Was man jetzt so macht.
'Och' sage ich, 'so dies und das.'
'Ah' er.
'Papa, ich hab meine Tage, ich will jetzt nach Hause!'
'Hör mal, echt schade, aber ich muss.' sagt er, 'schön, Dich mal wieder getroffen zu haben.'
'Ja, war prima.' lüge ich unverhohlen, und werde ganz sicher einen dicken Karmapunkt für Flunkern und Misanthropie abgezogen bekommen.
Kurz darauf, eine Ampel weiter. Herrlich, diese Sonne. Wie ein völlig überpackter Käfer schlingere ich mit dem Drahtgaul über den Kirchplatz, wie hübsch diese Bänke, und wie fröhlich die Spätblüher.
Hach, denke ich und lächle in eine Gruppe Berber, die gemütlich in der Morgensonne Bier frühstücken.
'Gute Reise!' ruft mir einer zu, und ich überlege ernsthaft, ob es für Trekkingräder Fahrradkörbchen gibt, und ob diese nicht endlich mal eine Alternative wären.
Jedenfalls, um zurück zum tollen Moment zu kommen, bzw. dessen Ausfall: das Bad geht zum Hinterhof, zum Hinterhof gehen auch sämtliche Fenster sämtlicher Mitbewohner, Nachbarn, Menschen an sich, und Menschen produzieren Geräusche, meist niedere, und viel Krach. So stand ich mit der Wimperntusche in der Hand und hörte ein Klanggewitter von cirka fünf verschiedenen Musikrichtungen, eine laut in ihr Telefon schwadronierende Russin mit Restalkohol, einen Staubsauger der sicher den stolzen Titel eines Industriesaugers führt, und einen laut stöhnenden Nachbarn auf dem Klo nebenan.
Flucht nach vorn, Rucksack an entsprechende Stelle gerückt und mit dem Rad zum Bio-Markt meines Vertrauens. Ich krieche gerade einmal um den gesamten Drahtgaul, um ihn großstadtsicher zu vertäuen, da brüllt jemand 'Hey!' in meine Rückfront. Ich schnelle verschrocken hoch und schaue mit einer Mischung aus Entrüstung und Ratlosigkeit zurück, rufe ebenfalls 'Hey!' und denke dabei, wer zum Teufel ist das?
Der Mensch ist männlich, trägt graue, lange Haare und einen Zottelbart, speckige Lederklamotten, einen Antifa-Button, und tatsächlich, als wenn es heute an Klischees mangeln würde, quillt eine zerdrückte Packung Tabak aus der Hosentasche. An der Hand ein mies gelauntes Mädchen kurz vor der Pubertät, am Handgelenk ein Haargummi, cirka schwarz bis braun.
'Hey!', er wieder.
'Du machst aber auch alles so richtig richtig, was?' strahlt er mich an und knufft mir zur Unterstreichung seiner Worte noch angedeutet in die Seite.
'Könn wa jetz jehn?' das Mädchen.
'Was mache ich genau?' versuche ich Zeit zu schinden. Ich habe immer noch keinen blassen Schimmer, wer mich da knufft und anstrahlt, enthaare ihn in Gedanken, Bart weg, grau weg, Georg vielleicht, nein, Georg war mehr nordisch blond, der würde anders ergrauen.
'Na, mit dem Rad zum Körnerladen. Hättste auch nie gedacht, dass du mal so wirst, oder?', und zack, der nächste Knuffer.
'Papa. Könn wa jetze?' rettet mich das Mädchen vor erneuten Angriffen.
'Mensch, wart doch ma, Inchen. Wenn ich schon mal wen von früher treff. Mensch, wat machste denn so?'
Das ist genau die Frage, die mir den Schweiß unter die Achseln treibt. Da trifft man wen, den man so lange nicht getroffen hat, dass sich keine Erinnerung mehr einstellen will, und dann fragt der gleich, was man denn jetzt so macht. Ich meine, da liegen Billiarden von Momenten, Entscheidungen, Erfahrungen, warmen Mahlzeiten und Erkältungen dazwischen.
Was man jetzt so macht.
'Och' sage ich, 'so dies und das.'
'Ah' er.
'Papa, ich hab meine Tage, ich will jetzt nach Hause!'
'Hör mal, echt schade, aber ich muss.' sagt er, 'schön, Dich mal wieder getroffen zu haben.'
'Ja, war prima.' lüge ich unverhohlen, und werde ganz sicher einen dicken Karmapunkt für Flunkern und Misanthropie abgezogen bekommen.
Kurz darauf, eine Ampel weiter. Herrlich, diese Sonne. Wie ein völlig überpackter Käfer schlingere ich mit dem Drahtgaul über den Kirchplatz, wie hübsch diese Bänke, und wie fröhlich die Spätblüher.
Hach, denke ich und lächle in eine Gruppe Berber, die gemütlich in der Morgensonne Bier frühstücken.
'Gute Reise!' ruft mir einer zu, und ich überlege ernsthaft, ob es für Trekkingräder Fahrradkörbchen gibt, und ob diese nicht endlich mal eine Alternative wären.
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