Samstag, 4. Juni 2005

du bist was du isst.

wenn mal wer komplette abschottung vom restlichen weltgeschehen braucht, dem empfehle ich die dosis beschäftigung, welche ich gestern und heute ( wochenende, es ist eigentlich wochenende ! ) erleben durfte.
fortbildungsseminar in orthomolekularer medizin, preiset der nahrung, den spuren, den elementen und den vitaminen.
ich weiß nicht, wann ich das letzte mal so derbe in so kurzer zeit so überinformiert wurde. meine synapsen machten geräusche wie eine abgetickerte festplatte, ich trank am ende nur noch alles doppelt, welches aus den kaffeeautomaten kam, und rutschte in orthopädische grenzwerthaltungen mit wahrscheinlichen spätfolgen- so ab morgen früh.

nicht falsch verstehen, ich war da quasi freiwillig, ernährungsberatung kommt nicht von nix, und es war auch alles ganz töfte und doll und so. aber der vortragende war eine rhetorische herausforderung, der hinter jedem satz ein JA? platzierte, und ich wollte ihm schon nach ca. 25 minuten an den hals und kräftig daran drücken.
JA?
uffz.
ausserdem ist es erniedrigend, immer an allen anderen vorbei zu müssen, wenn die blase schon fast hörbar kreischt und beim laufen gluckert, und alle wissen nicht wohin mit ihren beinen und stühlen, weil der platz so knapp bemessen und überhaupt … selbst im dunklen kino ist es einfacher, „mal eben auf klo“ zu gehen, ohne dass einen alle in die kanalisation wünschen. JA?
überstanden, zertifikat in der tasche und am ende auf der rückfahrt vor dem teilchef die rampensau mit der schweinehündin rausgelassen, und jede noch so kniffelige diagnostik mit links behandelt, während die A3 den weg nach hause zeigte und draussen die gewitter tobten.
ich war also an den richtigen stellen wach, timing ist ja auch so ne sache.

und trotzdem … gestern eher nicht, aber heute ganz oft und ganz unvermittelt in gedanken ins geschehene abgerutscht.
launenbrüche, die achterbahn verläßt den gipfel. die bilder kommen jetzt wieder häufiger hoch, die trauer verfärbt sich, wird immer schwärzer und schmeckt plötzlich nach angst.
ich fühle mich alleine, ich bin alleine, und sitze in seinem alten shirt auf dem stuhl. kein arm um mich, kein gedanke an so was wie freude um mich, nur ich und das shirt und lust auf blinden aktivismus und exzess. wenn es auf der einen seite so tot ist, muss auf der anderen massives leben her ?
falscher ansatz, vielleicht.
ich hab alles gemacht. ich mache immer alles, scheinbar.
jetzt mag ich nicht mehr, ich bin alle.
das leben, eine einzige leere versprechung (?).

logbuch | © Lu um 23:07h | keine meldung | meldung machen?

kleincockig & ultralustig

okay, welcher vollpfosten hat mich beim NENA-newsletter angemeldet ?

du kommst dafür in meine private hölle und wirst mit ödem spam gefüttert,
freu dich vor.


Freitag, 3. Juni 2005

letzter gang.

mit dem aufhören des tages gestern fing dann der heutige an, normale sache, aber für mich trotzdem ein umbruch.
ich lag totmüde in den laken, und starrte mit rotgeheulten augen die digitalen ziffern meines weckers an.
-klick-
00:00
der tag war also offiziell vorbei. die trauerfeier für meinen vater auch.
unwirklich, alles zur selben zeit wie vor einer woche zu tun.
fast die selbe strecke, wieder die wälder, wieder diese täler, die ich ab bald wohl kaum noch sehen werde. das gefühl im bauch ähnlich, nur endgültiger.

ich sehe meinen halbbruder das erste mal seit jahren wieder. er ist verheult und mir bleibt einen kurzen moment die spucke weg, wie ähnlich er unserem vater mittlerweile sieht. die augen, der mund. genetisches dableiben.

es kommen immer mehr ins haus, und zwischen wassergläsern und wenigen worten versuche ich, seine lezte woche zusammen zu puzzeln, weil jetzt die leute da sind,
die ihn noch getroffen haben, auf seinem letzten besuch in seiner heimat. mit jedem puzzlestück werde ich ein stück trauriger, meine ahnung, das es ihm auch dort nicht mehr gut ging wird zur gewissheit. ich fühle mich leer.

die trauerfreier ist einfach gehalten, wir sind alle evangelisch, die kapelle dementsprechend.
meine mutter dreht durch, als wir auf die weit geöffneten türen zugehen, auf den sarg zu. ich begrabe sie unter meinen armen und sage, dass wir auch gehen können. sie will bleiben, der letzte gang soll nicht ohne sie sein.

ich freue mich, dass er eine pastorin hat, und sie erinnert mich an eine hohepriesterin. der organist ist scheinbar taub, ein kurzes aufbäumen einer akuten albernheit, ich schlucks runter, das geht jetzt nicht. ein handy klingelt.
was die pastorin sagte, war mir wurscht. sie kannte ihn nicht, und meine mutter hat natürlich nur gutes erzählt. mein vater wurde fast heilig gesprochen in dieser kathedrale, viele schnieften, mutter flatterte neben mir. ich dachte, dass man von dieser stelle aus herrlich über die landschaft gucken konnte, die hatten sich schon was dabei gedacht. ich dachte, dass mein dad nie ein kostverächter war, er hat sein leben gelebt, und selten viel rücksicht auf andere genommen. je älter er wurde, um so weicher wurde er, aber ein heiliger war er wirklich nicht.
die pastorin war fertig, alle beteten, ich guckte den sarg an. ich hatte wenig bezug zu all dem, ich dachte noch, ich hätte vielleicht selber was zu ihm schreiben und vorlesen sollen,
aber ich hab nicht dran gedacht, die letzten tage. später, vielleicht.

am ende konnten wir ihm noch eine riesige rote rose auf den sarg legen, der bestatter hat sich dafür verbürgt, dass diese mit verbrannt werden. ich schob meine mutter sanft, sie gab sich den letzten ruck.
mein bruder nahm zwei rosen aus dem eimer, gab mir eine, und ich hatte endlich mal die möglichkeit, ihm den vortritt zu lassen, ihm, den unehelichen, der vom kuchen "vater"viel zu wenig zeit abbekommen hatte, trotz liebe und allem. und viele guckten fragend, seine ähnlichkeit war offensichtlich, mir wars egal. sollten sie sich doch fragen.
ich legte die rose ab, stupste ein letztes mal an den sarg, und war raus.

diesen gigantischen kelch bier hab ich später nur für ihn getrunken, der mittägliche rausch inklusive.
auf der rückfahrt nach düsseldorf hatte ich endlich zeit und ruhe, für mich weiterzuheulen, und in ein paar wochen holen wir seine urne nach. zwölf jahre nachdem er von hier weg ist.
ich denke mit viel liebe an ihn, und werde dann das tun, was ich mir in seinen letzten minuten versprochen habe. eine fahrt nach aachen, ein tattoo zu seinen gedenken.
ein hafentattoo, in erinnerung an seine.


Dienstag, 31. Mai 2005


so wie hier oben, mit drei ratlosen kleinen punkten, fingen in den letzten tagen fast alle mails an, die ich bekam.
ganz egal, ob die absender mich nun persönlich kennen, das erste mal bei mir im hafen strandeten oder liebe freunde, treue leser oder wasauchimmer sind - es liefen bei ihnen viele tränen beim lesen. ich las es, wenn ich den links folgte, ich las es in euren mails, ich hörte es am telefon.

mit ein paar tagen abstand muss ich sagen, dass es für mich die richtige entscheidung war, diesen text online zu stellen, auch wenn ich anfangs kurz zögerte.
ich habe mit sicherheit ein wenig an euren ängsten gezogen, habe bei den einen erinnerungen aufgeweckt und bei dem nächsten einen streit mit den eltern nichtig werden lassen, whatever. ich weiss, dass einige eltern in diesen tagen einen anruf ausser der reihe bekamen, und das finde ich schön.

ich habe ebenfalls viel liebe bekommen, die letzten tage, auch virtuell kann einiges transportiert werden und ich möchte an dieser kleinen stelle hier allen einen ganz innigen dank schicken, für eure zeilen, für eure anrufe, für euer
" ich denk an dich ".
ich habs gespürt und es hat geholfen.
danke.


Samstag, 28. Mai 2005

fronleichnam, oder der tag, als mein vater einfach so ging.

( … sie haben ihn mit dem hubschrauber nach mainz geflogen, er wird dort gleich not-operiert. es sieht nicht gut aus … )

es fühlte sich an wie hohn, dass draussen die sonne schien und die ganze natur schier umkippte vor sommerglück. die nacht zuvor war gefühlt nicht gewesen, die luft zu dick zum atmen, es stank fast obszön nach blüten und sternenklar. ich bekam die augen nicht zu und meine gedanken nicht mehr in form.
papa.

nach sechs halte ich es nicht mehr aus. ich habe angst, als ich das bett zurücklasse, will den tag nicht anfangen lassen. mein bauch revoltiert. die mailbox blinkt -

( … ruf mich bitte sofort zurück wenn du das hörst. bitte! )

ich höre sätze, die ich so nie hören wollte. das konnten andere sagen, in fiktiven momenten. bitte nicht zu mir.
bitte.
aber sie kommen trotzdem, ich halte die hände auf, will sie abwehren, umleiten, aber ich höre ein ums andere wort, das handy fühlt sich zu heiß an in meiner hand, mein kopf rauscht, ich will das alles anhalten, aussteigen, aufwachen, und wundere mich, wie man in diesem moment über leergekratzte nutella-gläser nachdenken kann, während.
bitte nicht. daddy.

( … wurde bis heute nacht um vier operiert … schlecht gehen, die klappe, abzess … du musst sofort kommen, bitte … wissen nicht, ob sie ihn durchkriegen … )

ich habe seinen geruch in der nase, als ich wie ferngesteuert die fellchen füttere, kaffee koche, angst habe. alles gleichzeitig. ich wundere mich, zu welchen dingen man fähig ist, in solchen momenten. ich gieße die blumen auf dem balkon und überlege, was ich anziehen soll.
ich putze mir zwei mal die zähne, weil ich das erste mal schon wieder vergessen hatte. ich bin taub. ich sehe bilder, während ich das wasser ins becken laufen lasse. ich sehe uns in die ostsee fallen, ich höre ihn rufen, ich solle meine badehose wenigstens festhalten, wenn ich sie schon im offenen meer ausziehen müsse. das badezimmer um mich herum wabert.
halt durch, bitte.

die ganzen 220 kilometer denke ich in schleife. ich hasse das wetter. ich denke, wie kann denn jetzt die sonne scheinen, ausgerechnet. mein körper fühlt sich an wie mit leim überschüttet. abgeschirmt, würde so gerne raus aus diesem taucheranzug, aber es geht nicht. ich kann mich nicht ausziehen. ich gucke über die felder und heule. ich sehe wald, während er kämpft.
ich kann nichts tun. nichts.

die klinik erkenne ich wieder, auch die allee dorthin. hier war ich nie angstlos, dachte ich.
beim letzten mal rannte ich genau so schnell die treppen hoch, letztes jahr.
papa.
da wollte ich ihn endlich sprechen und anfassen können, nach der operation. er sah blass aus, damals. sie haben ihm wehgetan, aber seine augen waren blau und strahlten. ich dachte immer, warum habe ich nicht dieses volle blau bekommen, statt diese mischung, die das raten bei mir oft ausufern läßt.

vor der tür der intensivstation atme ich drei mal bis zum schwindelig werden durch, schlucke meine angst weg und versuche mich in meine rolle zu fügen. stark sein. lächerlich.

meine mutter kommt mir in steriler kleidung entgegen, ich sehe ihre beine zittern, und sauge sämtliche wörter auf, aber es gibt keine neuen. ich höre immer nur schlecht, nicht durchkommen, schwere operation. ich will mir die ohren zuhalten, ich will nichts mehr hören, ich will klein sein und in papas arme laufen, weil der böse mann um die ecke wartet.

( … sie können noch nicht zu ihm, wir müssen messungen machen … bitte noch ein wenig geduld … )

geduld. lasst mich endlich durch. bitte.

man sitzt, wie man es immer in filmen gesehen hat. irgendwer bringt kaffe. irgendwer bringt wasser. noch mehr wasser. keine worte mehr, die lippen wollen gar nicht auseinander, während man aus taschentüchern papierwürste rollt. es wird geputzt, es werden schläuche mit urin entsorgt, es

( … ein arzt BITTE ! schnell … )

papa.

ich gehe auf toilette, ich halte diesen geräuschen nicht mehr stand. alles wie watte, mein kopf platzt fast beim gehen. klospray mit ozean-duft. die sinne halten sich an kleinigkeiten fest, wenn sie überfordert werden. ich heule statt zu pinkeln.

das erste was mir beim zurückkommen auffällt, war der gesichtsausdruck des oberarztes, als er den satz sagte, den ich nie wieder vergessen werde …

( … der letzten minuten. es kann jetzt sehr schnell gehen, wenn sie also mitkommen möchten … )

es kann jetzt sehr schnell gehen.
sehr schnell gehen.

ich kann den satz nicht mehr begreifen, ich drehe ihn hin und her, als ich den kittel um mich herumwickel und meine mutter am arm halte.
alptraum, unwirklich. ich schaue im vorbeigehen einem mann in die augen, der in seinem bett zwischen maschinen liegt. er schaut mich an und ich kann seine gedanken fast anfassen, sehe schnell weg. er sollte nicht so anguckbar da liegen.

ankommen. die türen sind auf, ich erkenne seine unterarme, mehr sehe ich von ihm nicht.
beissen, mit voller wucht auf die zunge, gegenschmerz, bloss nicht die kraft verlieren jetzt.
der direktor der klinik, die oberärztin, zwei schwestern und der intensivpfleger. alle gucken uns schweigend an. ich begreife den monitor mit jeder verschissenen kleinen frequenz. ich hasse die daten, das darf nicht sein. mein vater kann das anders, der ist doch stark.
darf ich an die seite, bitte ? darf ich an ihn ran ?
ich schiebe die schläuche zur seite, ich streichle seine stirn, mir fällt auf, dass er keine bartstoppeln hat. warum nicht ? wer hat ihn rasiert, und wer hat ihm dabei ins kinn geschnitten ? und er ist so schön braun geworden. wie kann er sich so kühl anfühlen.
ich bin bei dir, paps, bitte halt durch.
der direktor zählt die chancenlosigkeit auf, er ist abgeklärt und kalt, dafür gucken die anderen mitfühlend auf unser kleines familiendrama, letzter akt.
ich will weg, aber er wohl auch.
sie lenken meine mutter ab, sie soll nicht auf die monitore schauen, während medizinische vorgänge erklärt werden und die operation mit allen tücken. ich habe eine medizinische ausbildung sage ich motorisch, und ja, eine sepsis sagt mir was.
anstarren der maschinen, hand halten, und die frage, ob die geräte gleich abgestellt werden sollen. augenpaare, alle auf mir. mutter weint, ich sage ja, ja zu mehr morphin, ich sag noch was von, er hätte ja sonst kaum laster gehabt, sei ihm der freiflug gegönnt. man sagt so bescheuerte dinge in so ratlosen momenten.

die maschine wurde auf off gedrückt, es wurde um ein technisches geräusch leiser im raum.
ich hielt seine hand und sah durch die rollos, dass draussen sommer war. ich starrte auf die müllbehälter und legte „kontaminiert“ , feucht / trocken auseinander, dachte über das lied nach, welches ich im kopf hatte, und dass ich das ab jetzt wohl nicht mehr hören kann …

minuten, die ich nie wieder vergessen werde. ich weiss noch, dass ich zu meiner mutter sagte, lass ihn gehen, er will nicht mehr. ich weiss noch, dass ich mich die ganze zeit fragte, ob er uns hört. ich liess seine hand los, weil man sagt, dass die seele über die hände entweicht, und man solle besser die füsse halten, wenn man denn halten muss. ich streichelte seine arme, sein gesicht, ich zog die linien seiner seemann tattoos nach, und hatte in diesem moment schon angst vor dem tag, wo ich vergessen haben werde, wie sie aussahen.

er ging. einfach so. ich biss mir in die hände, ich drückte ihm die arme, um zu sehen, wie das blut weicht und zurückkommt, noch leben in ihm ist.
papa.
ich konnte ihn nicht einmal mehr sprechen.

( … wir haben ihm ehrlich gesagt, dass wir alles auf eine karte setzen. fifty-fifty.
„macht schnell“ hat er gesagt … )

tschüss paps.

( … machs gut spatz. )


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ich habe überlegt, ob ich oben stehenden text ins blog setzen soll. er ist eins zu eins, er ist erlebt und ungeschönt.
würde ich dieses für mich grenzwertige erlebnis auslassen, hätte ich das gefühl, ich würde das leben verleugnen, welches einen hart rannimmt ab und an.
ich wüßte auch nicht wo ich anknüpfen sollte, die nächsten tage. es gehört jetzt zu mir, es prägt mich, ich bin um eine erfahrung reicher. die neue wunde, die zeig ich jetzt her, der text war wie eine salbe, ich konnte diese bilder ein kleines stück weit verarbeiten.
und gerade deshalb, und wer weiss für wen.

logbuch | © Lu um 19:49h |

Donnerstag, 26. Mai 2005


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anker raus | © Lu um 23:42h |

Dienstag, 24. Mai 2005

biernarkose an vollmond an maxgoldt.

ich sags direkt am anfang : max goldt war weniger als lala.
ich fand ihn uninspiriert, er verströmte die fleissigkeit eines postbeamten kurz vor der mittagspause, zog sein festes programm durch, und gut war. keine anekdote, keine perle, nichts.
die leute lachten an den richtigen stellen, und ich versank in einer riesenflasche grolsch, die mich dank abwesenden abendessens recht schnell in den grolsch-himmel schoss.
vor mir mein lesungsfluch, es ändert sich nichts, oder warum sitzen die unter20jährigen hühner in 4er-formation immer vor mir , die sich vorher noch schnell im kollektiv gegenseitig die haare gemacht haben ? den ganzen abend nervös zappelige barbieköpfe mit überspannt wippendem zopfhaar, da wird einem irgendwann seekrank zumute, wenn man doch eigentlich dem autor zumindest ansatzweise folgen will. m. schlief ausnahmsweise mal nicht ein, und falls sich jemand gefragt haben sollte, was diese nervige geräuschkulisse seit exakt nach der pause war, also so ein sound, den auch katzen mit trockenfutter hinbekommen : er wars. und ich wars schuld, weil ich hab ihm die tüte mit den pistazien, gesalzen in schale gegeben. und herr goldt ?
er maulte nicht über die digitalblitze, er trank nach jedem text genau ein glas wasser, ihn störte scheinbar die unruhige sippschaft im saal nicht, er machte homo-witze genau so, dass sich die beiden jungs in reihe eins nicht blöd vorkamen, er setzte den text über leute aus der reihe eins genau so, das die alle ins schunkeln kamen vor lachen, und er kam nach noch unter einer minute applaus für die zugabe raus, mit zwei kurzen texten, aber fragt mich nicht. diesmal habe ich es verpennt. ich weiß nur noch, da ging es um beläge, ich erinnere mich an worte wie fussbad, parmesan käse und ein pfund zungenbelag, aber ich war in der grolsch-narkose und das beste an der lesung war das ende, das aus der stickigen halle fallen, das bild des klaren nachthimmels, wo bella luna hing wie aufgemalt, gigantisch, hell und sehr schlimm erleuchtend.
die besten pointen hat sometimes wohl doch die natur.


Montag, 23. Mai 2005

warm.

"was tust du da ?"
"ich lieg auf meinem laptop."
"warum ?"
"warm."
"achso."


undicht.

eigentlich wollte ich ja eine liebe lange woche das blog abschließen, aber ich dachte immer, neee, lass mal, wohin sonst mit den vollen tüten. und ich wollte doch auch noch jenes und das ganz da hinten auf jeden fall.
pustekuchen, arsch ab, hirn tot. hirntod ?

ich hab mir als allerletzte nach allen anderen "der krieger und die kaiserin" angeguckt, und kann nichts drüber sagen, ausser dass mir doch tatsächlich zwischendrin lang und ausdauernd der mund offen stand. ich hab mich durch unliebsame termine gelebt, und kann nichts drüber sagen, ausser das ganz oben immer noch am besten ist ( macht draus was ihr wollt, ich bin zu schwach für erklärungen ) . ich hab mir muxmäuschenstill angeguckt, und wusste danach erst mal gar nicht, wo da die komödie war. guter film, aber ich bin ja des hirnes nicht mehr mächtig, drum muss das reichen. film gut.
ich war in köln, ich war im wasser, ich war mit dem herzen sogar im meer, ich war auf bahnhofstoiletten, und und und.
und mir fehlen sämtliche worte.
dann diese woche … der LAC hat mich wieder eingekauft, und schon am ersten tag ist es wie am letzten vor ein paar wochen. ich kämpfe. ich kämpfe überbezahlt gegen die staubtrockene langeweile, die sich hinter mir lustvoll über den boden schubbert, leise hechelnd, mir schon am knöchel beissend. eine email in drei stunden zu schreiben, davon geht mein hirn erst recht auf notstrom, da kann ich rückenwind haben wie sonst was, ich habs lieber von vorn. also den wind.

draussen scheint die sonne, ich renne mit meinem laptop auf beiden armen liegend durch die büroräume und suche ein offenes netz, der LAC staunt nicht schlecht, aber schlechten gewissens von seiner derbe gelangweilten und überbezahlten teilzeitassistentin ( ich verweigere mich gegen das wort sekretärin, ich bin noch nicht in der menopause gestrandet )
überlagert, fragt er nicht, sondern lächelt milde – und schickt mich zwei stunden früher in den feierabend.

ich laufe quasi summend durch die warme sonne, gucke hoch, gucke höher, höher als die hochhäuser in der innenstadt sind, gucke flugzeuge und wolken und finde mich den bruchteil einer sekunde später in starken männerarmen mit starken tätowierungen wieder. meine mutter sagte früher immer, ich wär so eine lu-guck-in-die-luft, ich hätte den kleinen kopf immer in den wolken. so wohl auch heute, nur das der rest auf einem bauarbeiter lag, das hatt ich früher nie.
“froillein, sie müssen schon aufpassen, wo sie hinlaufen“ lachte der bär, und ich guckte noch verdatterter, sag hi, und wo kommen sie denn jetzt mit diesem loch im boden her?
er hebt mich raus, ich gehe weiter, und wundere mich, wundere mich und wundere mich. ich muss den kopf aus der musik bekommen, ich muss den rest wieder in einen text bekommen, ich muss doch was sagen können. hömma.

heute abend liest max goldt im zakk, hoffentlich überirdisch.