Donnerstag, 1. Dezember 2005

1. dezember / über achim.

achim war blass, mager und bedröhnt, als ich ihn kennenlernte, damals, unten am gartenzaun. wir waren nachbarn, relativ frisch. seine blässe kam von der chemo, die chemo gegen den unterkieferkrebs. dieser wiederum kam vielleicht durch, weil sein immunsystem dank HIV grad im keller war. die bedröhntheit kam von den tropfen, den pillen, den kapseln und den tabletten.

achim kämpfte die nächsten jahre. er wurde egozentrisch, er wurde dünner, er wurde dicker, er keifte, er blühte, er rauchte und er sprach von der nacht, als er es sich besorgen ließ. er hatte ein leben, war negativ, passiv und er hatte seinen freund, throrsten, beide zusammen eine wohnung, es ging ihnen gut. es hätte ihnen auch die nächsten jahre noch gut gehen können, hätte achim nicht eine schwache minute gehabt, als er den mann traf, dessen namen er am nächsten tag nicht mehr wissen würde. seinen virus holte er sich auf einer toilette in einer homospelunke nah am bahnhof, er hat sie mir mal gezeigt.
“ich zog mir die hose hoch und wußte genau in diesem moment, das etwas auf einmal nicht mehr stimmte mit mir.“
als er mir das erzählte, war es herbst, und wir sassen in seiner küche und bastelten kastanienkerle, die mochte er besonders, wenn er die schmerzmittel intus hatte. bunte welt, heile welt, kastanienmännchen und vorweihnachtszeit.

ich freundete mich mit seinem freund an, wir waren uns vom wesen her näher, sahen uns täglich und teilten zeit und alltag.
am ende kamen immer häufiger anrufe, achim sei wieder in der uniklinik, ob ich eben mit den hunden gehen könne?
es waren die kurzen momente des nichts sagens, des durchatmens, die stille zwischen zwei handys. ich erinnere mich an einen abend, da war das telefonat besonders still, achim wäre auf dem level eines babys, sagte thorsten, er würde sich einpinkeln und erkennt keinen mehr. ich erinnerte mich, das ich thorsten mal sagte dass es oft der letzte rückschritt sei, wenn menschen wieder zu säuglingen würden. ich wußte, das er daran dachte, und ich sagte, geh, bleib, ich kümmere mich um die hunde. halt die ohren steif, bitte.
als ich danach an der dunklen düssel den gassigang machte, fror ich durchgehend.

das letzte mal, als ich achim sah, erkannte er mich nicht mehr. er fragte abwesend, wer ich sei und ob ich mit seinem freund vögeln würde. es wäre nicht möglich, sagte er, sein freund wäre schwul, der stünde nicht auf frauen.
er wurde künstlich ernährt und hatte keine haare mehr.
achim starb vor zwei jahren mit 39 und sah aus wie 79.
die letzen zwei jahre benötigte er 24-stündige pflege und medikamente im wert von 2400 euro pro monat.

vor HIV kann man sich einfacher schützen, als vor einer grippe.


laut und im trend.

laut, lauter, am lautesten. der contest der lautesten strassenbaumaschinen der stadt düsseldorf wird dieses jahr eindeutig in meinem viertel veranstaltet, und mit sicherheit auch gewonnen. wenn tage vor sieben mit kippenden kipplastern beginnen, dann werden die bestimmt super.
mando diao zum wasser kochen, lärm ausblenden, gute laune züchten. (haha)
kein türchen zum aufmachen. ( heißt auch : keins zum zuknallen )
max herre zum frühstück, welches aus milch besteht. back to the roots ( zurück an die brust ).
bester satz den gestrigen abends zwischen acht und zehn kam übrigens von dieter bohlen, und der ging so :
“ schweine können auch nicht stabhochspringen und sind darüber nicht traurig.“
ich entwickle ein sehr tiefes grundverständnis für dieter bohlen seine und arbeitssituation.

immerhin, neben dem tagesgeschäft erfolgreich audiosoftware eingesogen, installiert und : ausgeführt. ha! wäre endlich mal ruhe im viertel, könnte an dieser stelle auch ein podcast sitzen und blitzen.
norah jones jetzt, die wäsche wartet.