Mittwoch, 21. Februar 2007
full flavour, oder 'wie ich neulich die ziege liebte.'
Da sitze ich Abends am Küchentisch und frohlocke und freue mich wie ein Bolle, weil jahrelange wirklich harte Arbeit am Gaumen endlich von Erfolg gekrönt wurde:
Ich. kann. Ziegenkäse essen!
Was habe ich mich gewunden und bemüht. Was habe ich, in den tiefsten Tiefen Frankreichs in den puristischsten Küchen von alten Mönchen gesessen, bewaffnet mit herrlich duftendem Baguette, frisch aus dem Ofen, Angesicht zu Angesicht mit Ziege und Ziegenendprodukt.
Wie habe ich Gänsehäute nach oben schnellen lassen, nach dem ersten Bissen, mit intern fest geschlossener Nase. Ich wollte verzückt sein, ich wollte auch eine von denen sein, die beim Anblick einer strammen Ziege einspeicheln, ich wollte zu den Gourmets der Chèvre gehören, ein Freund des harten Geschmacks, eine wo man denkt 'Oha, sie nimmt von der Ziege, was für ein Teufelsweib!'
Was ich wirklich war, und das über die Jahre hinweg, war ein erstaunter Gesichtsausdruck mit einem Körper unten dran, der schnell das Weite und die Mülltonne suchte, kaum war der erste Bissen Käse im Mund. War beides nicht greifbar, dann war ich die, die schnell zur nächsten Flasche griff und ordentlich über Minuten spülte, manchmal über den Rest des Abends verteilt. Egal wo ich stand und wo Käse feil geboten wurde, immer kam von meiner Seite ein trauriger Stoßseufzer Richtung der kleinen Flatschen, die der Ziegenkäse waren, und vom Ziegenkäse selber ein stummer Schrei. Diese ganzen Hübschen, in Asche gewälzt, unter Grotten gelabt, ich sah glückliche Ziegenweibsen mit prallen, rosigen Eutern, welche nur gern und nur gesund abgaben, alles für den Käse, den ich nie herunter bekam.
'Ach', sagte ich dann so sicher, wie das täglich eine Sonne aufgeht, 'Ach, würde ich euch nur mögen, mein Leben wäre abgerundet, wenn nicht sogar voll.'
Dann dieser fragwürdige Abend direkt zu Anfang des Jahres 2007. Stundenlanges wegfahren aus Frankreich wurde mit dem Ankommen in Deutschland belohnt, im Gepäck eine mitgegebene Käseplatte, übrig vom jahreswechsel, knisternd verpackt. Mit einer Flasche Wein und einem ebenfalls mitgebrachtem Baguette die einzige Nahrung im Hause, sah ich mich also Aug’ in Aug’ mit einer Rolle Ziegenkäse im Aschemantel.
Nach ein paar Stunden Autobahn und zwei Gläsern Rotwein steigt mein Mut wie Leichtsinn, und ich schnitt beherzt in die weiche Rolle, machte zwei Scheiben davon weg und schmierte sie mir naserümpfend auf mein Brot.
Der erste Biss war wie erwartet, ein Biss in einen Ziegenhintern
auf einer bildschönen Weidelandschaft kann nicht anders schmecken, aber dann, gerade als ich mit dem guten Roten nachspülen wollte, da passierte etwas, da schmeckte plötzlich etwas und ein Ruck ging durch das Universum, die Götter hielten die Luft an:
Ich mochte es!
'ICH MAG DAS!' schrie ich, sprang um den Tisch, beide Hände wie ein Schraubstock um das Baguette geschlossen, bereit, um meine Erfahrung zu kämpfen, sollte sie mir ein Schuft wegnehmen wollen.
'Ich mag das- unfassbar!'
Angestachelt, ja, fast übermütig griff ich nach allem, von dem ich jemals hörte, es würde zur Ziege passen. Honig, Senf, Honig-Senf, alles wuchtete ich auf den Küchentisch und häufte es in vollen Löffeln auf meine Stulle, in rasanter Entdeckungslust.
Honig und Ziege, Super! Senf auf Ziege, köstlich! Mein geliebter Honig-Senf auf Ziege: unbeschreiblich!
Ich ass alles und ohne Unterbrechung, immer in der Gewissheit, es könnte ein kosmischer Ausrutscher sein, ein Götterscherz, und am nächsten Tag war wieder alles beim alten, und ich die mit der Gänsehaut.
So war es dann auch, fast. Sah ich nun diese kleinen Käseleiber im Bio-Laden still nach mir rufend, dann konnte ich gelassen wie Appetitlos die Schultern zucken und sagen 'Euch hatte ich schon, es war mir ein Fest, aber nun gehe ich mit den milden Schafen nach Hause.'
Immer, bis auf letzte Woche. In einer eiskalten Käseabteilung in einer sehr großen Handelskette griff ein junger, hochattraktiver Mann in die Abteilung Ziege und ihr Käse und nahm zwei kleine Leibchen heraus, packte sie ein und nahm sie mit nach Hause. Etwas später lagen sie mir gegenüber, Zimmertemperatur, weich und stark duftend, und ich hatte Rotwein in der Hand und war auf Gänsehaut gebürstet.
'Hmmm, mal sehen, ob ich noch mal so einen Aussetzer habe.' Sprachs, schnitt ab und ass. Sie, also ich, hatte in der Tat, und er war ganz zu meinem Verblüffen einfach nur gut, viel besser als der Erste, köstlich und wild aromatisch. Ich und die Ziege, wir wurden eins, und auf uns drauf ein zarter Klecks Honig-Senf, welch Fest, wie Felliniesk!
Aber dann, ein Ach und ein Weh', Stunden später und ohne Vorwarnung passierte etwas, was mir die Ziege bis auf ewig nur noch als nettes Tier, vielleicht guten Kumpel, verleidet hat, und wovor mich nie jemand warnte, weder hinter einer Käsetheke, noch in einer französischen Käseküche mit Mönch innen drin.
Ich musste kurz bäuern (Anm. d. Blog-Red.: bäuern= aufstossen; Lu wollte nur das Wort ‚rülpsen’ vermeiden, weil es Lautstärke und primitives Gebärden vermittelt, was es nicht war. Bäuern ist diskret, leise, für eine Frau völlig i.O.) und da hatte ich das Dilemma:
Die Ziege war wieder da, es machte laut 'Määää!' aus meinerSeele Ösophagus-Zone und ich dachte, ich müsse auf der Stelle sterben, von mir aus nach Ziege müffelnd, aber in jedem Falle schlagartig umfallen und präzise wegsterbend, schnell, ohne Tonne, und mit genau dem selben Gesichtsausdruck wie damals, als ich noch keinen Ziegenkäse mochte.
Schalten sie auch nächste Woche wieder ein, wenn sie Dr. Bob sagen hören:
" Folge einem Esel und du kommst in ein Dorf.
Folge einer Ziege und du stürzt in den Abgrund."
(Italienisches Sprichwort)
Ich. kann. Ziegenkäse essen!
Was habe ich mich gewunden und bemüht. Was habe ich, in den tiefsten Tiefen Frankreichs in den puristischsten Küchen von alten Mönchen gesessen, bewaffnet mit herrlich duftendem Baguette, frisch aus dem Ofen, Angesicht zu Angesicht mit Ziege und Ziegenendprodukt.
Wie habe ich Gänsehäute nach oben schnellen lassen, nach dem ersten Bissen, mit intern fest geschlossener Nase. Ich wollte verzückt sein, ich wollte auch eine von denen sein, die beim Anblick einer strammen Ziege einspeicheln, ich wollte zu den Gourmets der Chèvre gehören, ein Freund des harten Geschmacks, eine wo man denkt 'Oha, sie nimmt von der Ziege, was für ein Teufelsweib!'
Was ich wirklich war, und das über die Jahre hinweg, war ein erstaunter Gesichtsausdruck mit einem Körper unten dran, der schnell das Weite und die Mülltonne suchte, kaum war der erste Bissen Käse im Mund. War beides nicht greifbar, dann war ich die, die schnell zur nächsten Flasche griff und ordentlich über Minuten spülte, manchmal über den Rest des Abends verteilt. Egal wo ich stand und wo Käse feil geboten wurde, immer kam von meiner Seite ein trauriger Stoßseufzer Richtung der kleinen Flatschen, die der Ziegenkäse waren, und vom Ziegenkäse selber ein stummer Schrei. Diese ganzen Hübschen, in Asche gewälzt, unter Grotten gelabt, ich sah glückliche Ziegenweibsen mit prallen, rosigen Eutern, welche nur gern und nur gesund abgaben, alles für den Käse, den ich nie herunter bekam.
'Ach', sagte ich dann so sicher, wie das täglich eine Sonne aufgeht, 'Ach, würde ich euch nur mögen, mein Leben wäre abgerundet, wenn nicht sogar voll.'
Dann dieser fragwürdige Abend direkt zu Anfang des Jahres 2007. Stundenlanges wegfahren aus Frankreich wurde mit dem Ankommen in Deutschland belohnt, im Gepäck eine mitgegebene Käseplatte, übrig vom jahreswechsel, knisternd verpackt. Mit einer Flasche Wein und einem ebenfalls mitgebrachtem Baguette die einzige Nahrung im Hause, sah ich mich also Aug’ in Aug’ mit einer Rolle Ziegenkäse im Aschemantel.
Nach ein paar Stunden Autobahn und zwei Gläsern Rotwein steigt mein Mut wie Leichtsinn, und ich schnitt beherzt in die weiche Rolle, machte zwei Scheiben davon weg und schmierte sie mir naserümpfend auf mein Brot.
Der erste Biss war wie erwartet, ein Biss in einen Ziegenhintern
auf einer bildschönen Weidelandschaft kann nicht anders schmecken, aber dann, gerade als ich mit dem guten Roten nachspülen wollte, da passierte etwas, da schmeckte plötzlich etwas und ein Ruck ging durch das Universum, die Götter hielten die Luft an:
Ich mochte es!
'ICH MAG DAS!' schrie ich, sprang um den Tisch, beide Hände wie ein Schraubstock um das Baguette geschlossen, bereit, um meine Erfahrung zu kämpfen, sollte sie mir ein Schuft wegnehmen wollen.
'Ich mag das- unfassbar!'
Angestachelt, ja, fast übermütig griff ich nach allem, von dem ich jemals hörte, es würde zur Ziege passen. Honig, Senf, Honig-Senf, alles wuchtete ich auf den Küchentisch und häufte es in vollen Löffeln auf meine Stulle, in rasanter Entdeckungslust.
Honig und Ziege, Super! Senf auf Ziege, köstlich! Mein geliebter Honig-Senf auf Ziege: unbeschreiblich!
Ich ass alles und ohne Unterbrechung, immer in der Gewissheit, es könnte ein kosmischer Ausrutscher sein, ein Götterscherz, und am nächsten Tag war wieder alles beim alten, und ich die mit der Gänsehaut.
So war es dann auch, fast. Sah ich nun diese kleinen Käseleiber im Bio-Laden still nach mir rufend, dann konnte ich gelassen wie Appetitlos die Schultern zucken und sagen 'Euch hatte ich schon, es war mir ein Fest, aber nun gehe ich mit den milden Schafen nach Hause.'
Immer, bis auf letzte Woche. In einer eiskalten Käseabteilung in einer sehr großen Handelskette griff ein junger, hochattraktiver Mann in die Abteilung Ziege und ihr Käse und nahm zwei kleine Leibchen heraus, packte sie ein und nahm sie mit nach Hause. Etwas später lagen sie mir gegenüber, Zimmertemperatur, weich und stark duftend, und ich hatte Rotwein in der Hand und war auf Gänsehaut gebürstet.
'Hmmm, mal sehen, ob ich noch mal so einen Aussetzer habe.' Sprachs, schnitt ab und ass. Sie, also ich, hatte in der Tat, und er war ganz zu meinem Verblüffen einfach nur gut, viel besser als der Erste, köstlich und wild aromatisch. Ich und die Ziege, wir wurden eins, und auf uns drauf ein zarter Klecks Honig-Senf, welch Fest, wie Felliniesk!
Aber dann, ein Ach und ein Weh', Stunden später und ohne Vorwarnung passierte etwas, was mir die Ziege bis auf ewig nur noch als nettes Tier, vielleicht guten Kumpel, verleidet hat, und wovor mich nie jemand warnte, weder hinter einer Käsetheke, noch in einer französischen Käseküche mit Mönch innen drin.
Ich musste kurz bäuern (Anm. d. Blog-Red.: bäuern= aufstossen; Lu wollte nur das Wort ‚rülpsen’ vermeiden, weil es Lautstärke und primitives Gebärden vermittelt, was es nicht war. Bäuern ist diskret, leise, für eine Frau völlig i.O.) und da hatte ich das Dilemma:
Die Ziege war wieder da, es machte laut 'Määää!' aus meiner
Schalten sie auch nächste Woche wieder ein, wenn sie Dr. Bob sagen hören:
" Folge einem Esel und du kommst in ein Dorf.
Folge einer Ziege und du stürzt in den Abgrund."
(Italienisches Sprichwort)
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diagonale,
Mittwoch, 21. Februar 2007, 18:13
Komisch. Sie finden Schafe mild und Ziegen wild-aromatisch? Mir geht's genau umgekehrt. Ich liebe Ziegenkäse und dulde Schafskäse höchstens. Sind Sie komisch oder ich?
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novesia,
Mittwoch, 21. Februar 2007, 19:42
Die Damen sind beide "komisch" würd ich sagen ;-) Ich bin in Essensachen extrem heikel, aber sowohl nach Schafs- als auch nach Ziegenkäse geradezu süchtig.
- Naja, vermutlich bin ich die wahrhaft komische hier :-D
- Naja, vermutlich bin ich die wahrhaft komische hier :-D
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tibits,
Mittwoch, 21. Februar 2007, 20:49
Nun ja, zu Zeiten meiner Kuhmilchallergie hab ich viele Alternativen versucht. Ziegenmilch gehörte da auch dazu. Ganz frisch ist sie ja wunderbar und extrem gut, aber kaum lässt du sie stehen. Oh gezeter. Ich hab einmal Kartoffelpürree mit so einer ein Tage alten Milch gemacht. Armes Kartoffelpürree, arme Ly (ich). Jedenfalls verhält es sich bei Ziegenkäse ähnlich, das Dumme an Ziegenkäse ist ja noch dazu, dass die Milch des Käses ja schon eine Weile stehen muss, also es gibt keinen Käse frisch von der Ziege. Um Ziegenkäse mache ich also einen großen Bogen.
Schafskäse absolut kein Problem. Einzig ganz lecker mit Ziege ist spanischer Mischkäse (Kuh, Schaf, Ziege). Der ist ok, den kann man mit Genuss essen. :o)
Schafskäse absolut kein Problem. Einzig ganz lecker mit Ziege ist spanischer Mischkäse (Kuh, Schaf, Ziege). Der ist ok, den kann man mit Genuss essen. :o)
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Lu,
Freitag, 23. Februar 2007, 16:08
ob das was hormonelles ist, oder warum halten sich die kerle bei käse aus dem thema?
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dorn,
Sonntag, 25. Februar 2007, 18:12
habe selten so unvermittelt lachen müssen - und konnte gleichzeitig jedes Wort nachvollziehen. Großartig! Sie haben für diesen Text einen Preis verdient (vielleicht 'Das goldene Teufelsweib'?)...
meint Dorn
meint Dorn
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