Mittwoch, 22. März 2006

1h.

Ich bin fassunglos. Nein, ich bin kühn. Anders gesagt: ich bin für eine Stunde frei und habe einen Kaffee und einen Laptop zur Hand. Meinen Kaffee, meinen Laptop.
Eine Stunde. Die Sonne scheint. In dieser ging ich eben im Zickzack durch die Düsselstadt, unterwegs in geheimer Geburtstagsmission und mit 4,7 Aufgaben auf dem Zettel.

Herrlich, so in der Sonne zu stehen und auf Durchzug zu schalten. Das Hirn in der Sonne, nein, mein Hirn in der Sonne schlägt sehr gerne Kapriolen, schwingt von Nord nach Süd, macht eine Arschbombe mitten ins Bassin und kommt in einem Kleid a la "Titten auf Toast" wieder aufgefrischt an die Oberfläche des Seins. Phantastisch.
Man steht nur neun Minuten in der Kälte und wartet auf die Bahn, und es können Welten dazwischen liegen, wenn Wolken oder Sonne mit von der Partie sind. Neun Minuten Vollbestrahlung.
Ein Trieb, eine Blüte und eine rote Nase, und das alles mitten in der Großstadt.

Und jetzt noch das. Auch noch. Ich, ich und Kaffee und eine Stunde Zeit. Etwas unter Druck, überlege, ob nicht doch noch was erledigt werden muss, zwischen jetzt und gleich. Gleich.
Die Tasche steht schon gepackt an der Tür. Eine Hose, die Feuchtigkeit transportieren kann, ein Shirt, was viel Feuchtigkeit ab kann und zwei Liter Feuchtigkeit zum Nachfüllen mit Mineralien und ohne Geschmack, Handgerührt und nicht fertig gekauft. Zwei Stunden Kurs, danach Couchtod.

Ich könnte auch mit dem weitermachen, mit dem ich die ganze Woche schon rummache- Katerrotz jagen.
Und das geht so: Wenn das Leaderfellchen die Augen so komisch zusammenkniept und lautlos aber doch sichtbar zu einem "Ha-haaaa" ansetzt, dann hat der Mensch, also ich, alles daran zu setzen, möglichst schnell in die Küche zu rennen, eine 5ml Spritze aus der keimfreien Verpackung zu entpacken, mit dieser dann möglichst schnell zurück zum "Tschiii!" des Katzes, nur um dann doch zu spät vor dem nun kontaminierten Rotzfleck auf der Holzdiele zu stehen. Beide gucken verdrossen auf den kleinen Flatschen, der mal wieder unaufgesogen nicht in der Spritze Weilt, sondern von mir diskret mit einem Zewa weggewischt und in die Tonne entsorgt wird.
So etwas kann zu einer zwanghaften Aufgabe werden, und ich höre selbst im Tiefschlaf des Fellchens "Ha...haaaa-TSCHI!" durch drei Altbauwände, und ärgere mich, nicht schnell genug mit dem Spritzkolben in der Hand vor Ort zu sein, aber man kann wohl nicht alles haben.
Ab morgen suche ich mir einen anderen Träger, um mit diesem dann den Rotz in einer Nachbarstadt auf E+R (Erreger + Resistenz) untersuchen zu lassen. Erreger +Resistenz.
Auch schön für ein Shört.

Heute Morgen in meiner mir ( und sonst keinem ) heiligen Kaffee-Stunde, die eigentlich nur eine halbe ist, da lassen die doch einfach einen der sehr wenigen in der Soap abstürzen und sterben, der noch schauspielern kann. Und das einen Tag vor seiner Soap-Hochzeit. Er sagte noch "Adieu" zu seiner Sippe, schubste kurze Zeit später seine Verlobte und Ex-Nonne mit einem "Ich liebe Dich" und dem Fallschirm aus dem zum Absturz verurteilten Flugzeug (Cesna?) und starb den Heldentod. Wäre er nämlich mit seiner Verlobten und dem einzigen Fallschirm in eine weitere Zukunft gesprungen, wäre das Flugzeug in eine Wohnsiedlung gedonnert, und das konnte er nicht verantworten. Natürlich nicht.
"Die lassen nix aus", sagte ich noch zu den zwei Fellchen, die diese frühe wie dunkle Leidenschaft mit mir teilen, heulte dann aber trotzdem ganz gegen meinen Willen.

Halbe Stunde und heilig, die hab ich jetzt auch noch. Zwischendrin hat eine Firma auf der bösen Nummer angerufen, und wollte mir eine Wunschreise verkaufen. Die Call-Center-Trulla hat sich angehört wie ein Band und ich sagte entweder nichts zu oder brüllte laut HALLO ? DREI !, was sie völlig aus ihrem Monolog brachte.
Wunschreise. Mehr Reizwörter kann man mir grad kaum unterjubeln.

Die Sonne scheint übrigens immer noch, ist aber eine Mogelpackung, weil draussen ist es bitter kalt, obwohl ich schon diesen Frühling'schen Drang verspüre, meine Winterpullis wegzutuppern und meine Kleider und Schlüppchen im Keller zu suchen.
In der Nachbarschaft wird ab heute die Wäsche schon draussen getrocknet. Ich ging eben vorbei an gigantischen weißen Unterhosen, an Wolldecken mit zwei verknallten Pferden drauf, an Kloschüsselvorlegern mit Miro-Mustern und an Laken in rosa. Ein Haus weiter hingen um die 20 BHs mit Körbchenverstärkung, alle fleischfarben und Doppel-D. Ich hatte noch nie 20 BHs, denke ich, aber ich hatte auch noch nie Wolldecken und Überwürfe mit Pferden oder Katzen drauf.
Ich nehme mir aber vor, meine Wäsche ab jetzt auch an die große Leine zu hängen, um unseren rassistischen, türkischen "Scheiss Deutschland ey" über-uns-Nachbarn den psychologischen Krieg zu erklären.
Die akustische Stufe eins habe ich neulich gewonnen, gegen Leftfield hatten sie rein lärmlich nichts mehr entgegenzuhalten, da half auch das plärrende Leihkind nix.
Tja. Und ab nächster Woche dann kleine Strings mit großem Snoopy drauf.

Noch zwölf Minuten. Ich muss erst mal wieder reinkommen, bloggen hat ja auch was mit Fluss zu tun, nichts mit stocken,
sonst könnte man ja auch Bücher schreiben und am Abend zufrieden mit einem "Ach, ich habe heute phantastische vier
Zeilen erarbeitet und getippt, ich alte Content-Sau." in den Sessel fallen.

Schluss jetzt, die letzten Minuten frass der nächste Anrufer, angeblich haben wir ein Haus gewonnen, und am Ende meinte der Mann, ich wäre ja wohl unverschämt.
Stimmt. Und böse.
Drei Uhr, Gongschlag.

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...ich wünsche mir...
...mehr freie stunden für dir. thx 4 the nice story.

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danke, werd ich tinkerbell heute nacht direkt mal als zettel hinlegen, also den wunsch.
sport etc. ist ja auch frei-zeit, ich mach das ja gern, aber frei-zeit ist nicht gleich schreib-zeit, und die zählt bei mir zu den grundbedürfnissen .

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