Freitag, 2. Dezember 2005

Auf ein Ende.

Es kann nicht sein, sagte er, Geh weg, geh einfach los und hau ab, Geh!
Sie sah ihn an, und das lange genug, um 12 Jahre später auf die Frage einer flüchtigen aber lieb gewonnen Bekannten, die zwei weitere Jahre später eine echte Freundin werden sollte, in dieser kleinen Berliner Küche in Neu-Kölln, als sie sich ihr Shirt hoch und den Rock herunter zog, als sie also auf die Frage, ob er wenigstens schöne Augen gehabt hatte, mit
Ja antworten konnte. Ja, die hatte er. Braun, grün, so halt.

Aber es ist ja zwölf Jahre zuvor, die Nacht nass und beide haben Hunger, aber so Sachen wussten sie nicht mehr voneinander. Sie wusste auch nicht von vorhin, dass er genau vier Stunden und zweirundvierzig Minuten zuvor noch seine Brieftasche hat aufklappen lassen, bei dieser demütigenden Situation in diesem Drogerie-Markt, als ihn dieses runterbringende Ding an der Kasse mit abgenutztem, zu rotem Lippenstift diesen kleinen Moment zu lange anlächelte, und er liess die Brieftasche genau so aufklappen, dass diese Schmatze ihr Bild sah, mit einem feinen Netz überzogen, direkt neben VISA und der HEJ-Karte.
Als er seine vier Dinge in eine der umsonst aushängenden Plastiktüten packte, machte er sich Gedanken über ihre wirklich andere art. Sie passte nicht in sein Denken, war zu lebendig, und genau das war es, was ihn später Geh weg! sagen liess.
Sie machte ihn zu etwas, was er nicht kannte, sie miaute beim ficken, stapelte Klopapier zu türmen und klaute für ihn im Supermarkt seine Fachzeitungen, die er sich nie leisten wollte. Da stimmte etwas nicht. Er war nie mit Frauen zusammen, die er wirklich unglaublich fand.
Geh, sagte er genau deshalb, Geh einfach los und hau ab.
Und als sie ihn wie oben beschrieben sehr lange ansah, da dachte sie an die Zeit nach ihm. Sie wußte in diesem langen Moment noch nicht, das er der letzte Mann war, bei dem sie sich zu Hause fühlte, deshalb verspielte sie diese ein Liebe lieblos, ungekonnt und zu schnell.
Sie machte nämlich nichts. Sie sagte nichts, sie weinte nicht, keine Schwüre, keine Gnade. Er wollte sie nicht ? Gut, dann bekam er sie nicht. Da draussen, da sind ja viele, und mindestens drei davon sicher richtig, ganz sicher, und keine Augen sahen seinen ähnlich, das war gut so.
Was willst du mit ihm? fragten ihre Mutter und Hanne, die sie gern als Schulfreundin ersten Grades vorstellte, ergab es sich mal, das man Schulfreundin sagen konnte.
Leben, sagte sie damals, und bei Hanne lächelte sie sogar dabei.

Er ist nicht so wie du die Männer magst, sagte sie sich selbst einmal in die Augen, als sie abends in einem Schaumbad mit ihrem Handspiegel diskutierte, wer und ob.
Erträumen, so muss man sich einen Mann, und alles weitere auf das aufwachen schieben. Aufwachen.
Gehen wir zurück zu beiden, als sie noch zusammen und sich gegenüber standen.
Die Luft war so etwas wie dünn, sie sahen sich an und dachten rückwärts. Zwischen ihnen hing eine kleine Liste an Plänen in der Nachtluft, von denen zwar einige abgehakt, aber der größte Teil noch offen war.
Was wird aus Malta?, dachte sie.
Wer bringt sie durch die Nächte? er.
Ein Abwägen der Eitelkeiten, kurz flammte Eifersucht in ihm auf. Sie ist unglaublich.
Einer, der mich will, der sagt nicht GEH, dachte sie, drehte sich etwas zu schnell in die falsche Richtung und setzte den ersten Schritt an.
Es wäre seine Sekunde gewesen, es zu sagen.
Sie wäre stehen geblieben. Sie wäre ein ganzes Leben geblieben, hätte er in dieser einzigen Sekunde, die ihm dafür zur Verfügung stand, etwas gesagt, das sie zum stillhalten gebracht hätte.
Hat er aber nicht. Geh, hatte er gesagt, Minuten zuvor.
Sie ging.

und weg war sie.

Nachts, da drehte sein Hund Freddo sich um, reckte seine Tatzen ein wenig zu theatralisch in die Luft und seufzte tief. Er dachte an ihre kalten Hände, die sie Nachts in der Diele gerne mal durch sein fell schob, auf dem Weg zur Toilette im Flur.
Freddo schmiss sich auf die andere seite, streckte die Hinterpfoten erneut nach oben und mit einem genussvollen Geräusch schlief er sich schnurstracks hinein in seinen Hundetraum.

ein Ende.

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sie schreiben sehr schön. ich komme gern her, um hin und wieder mal im stress einfach in ruhe traurig sein zu können. danke für die vielen melancholischen worte!

denn ich mag die nicht ganz einfache seite des lebens.

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ich musste kurz überlegen, ob da ironie versteckt ist.
aber in der letzten zeit war mir wohl etwas ernst zumute, da müssen jetzt alle durch.
( ist das echt so ? werd ich zum melancholieblog hier, ist der hafen am ende gar verschlammt, und ich merk das noch nicht mal ? )

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nein, absolut keine ironie.

oft ist alles viel zu hektisch und ohne gefühl, da bin ich gern mal an bord, lese einen (längeren) artikel und geniesse eine träne im knopfloch.

dann kann von mir aus die hölle hier wieder zu lodern beginnen.

das wetter mag zwar schneller umschlagen, hier im hafen. dafür ist die luft aber immer klar und es gibt jede menge möglichkeiten, sich aufzuwärmen.

dafür mein danke!

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okay, verstanden, ganz lieben dank.

( und wenn sie hier länger lesen, dann kennen sie meine lakonische art und weise, und werden meinen kurzen aufschrei na toll, jetzt bring ich die kerle schon zum heulen, wo soll das nur enden! richtig verstehen, nech ? ;-)

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