Dienstag, 13. Mai 2008

vienna. boarding time: 5:45 a.m.


(Bildrechte total ungeklärt. Bei Bedarf gerne melden.)

Bis die Tage. Wir werden viel <Platz für Gedanken>.


-

Und plötzlich, nach 7,8 auf der nach oben offenen Richterskala, ist von der Regierung in China "Menschlichkeit" enorm gefragt.


Montag, 12. Mai 2008

gefragte leser:

Diese Woche gilt es, die wunderschöne Stadt Wien zu erleben.
Wer mag mir verraten, was man nicht ausgelassen haben darf, wenn man Wien wieder verlässt? Wo kann man gut essen, was sollte nicht unprobiert bleiben?

Drei Tage, bitte helfen sie in den Kommentaren.


(Reiseführer kann jeder, deshalb.)


Sonntag, 11. Mai 2008

Sequenzen, oder "Der Versuch einer Freizeit im Stadtsommer", Teil 1

Heute: Gedanken über das Wort Sommergehege am offenen Wasser.

Ich wollte schon im Vorfeld nicht raus.
Dennoch, der Beginn einer Serie geht anders.
Sommer in Düsseldorf, den hatte ich ganz grob über den Daumen geschätzt knapp an die vierzig Mal,
unterbrochen von Urlauben an der Ostsee (Baden in der Kindheit), Andreas-Kirche Düsseldorf Altstadt (Schnorren in der Pubertät, Punk und ALDI-Bier),
Brighton-Beach (Gothik und das erste Male ohne Eltern) und viel französische Atlantikküste (Erwachsen bis dort hinaus und bis dato). Italien, Schweiz, Niederlande und Belgien,
quasi vieles außer den Vereinigten Staaten und Emiraten, ich flieg ja so ungern.
Aber jährlich und pünktlich zum ‚schönen’ Wetter steht fast täglich eine Frage ins Haus, und die geht so:
„Was machen wir denn heute?“
Die Betonung liegt in jedem Fall auf dem Wort „machen“, wobei man das auch am besten mehr so norddeutsch ausspricht, mit hartem C-H.
Anfangs, klar. Begeisterung, das war ich in Person.
Anfangs, vor allem Anfangs einer Beziehung, da macht man ja alles mit.
Ich kletterte in rosa Flip-Flops über Drahtzäune der Beton-Union um möglichst aufreizend in eiskaltem Wasser eines Baggersees zu glänzen.
Ich schmiss mich johlend in Tümpel, Weiher und auch in tiefe Pfützen, Hauptsache man macht (norddeutsches CH!) etwas.
Wetter ist ja schön. Da muss man raus.
Aber unter uns allen: So langsam werde ich zu zynisch für Freizeit.
Seit drei Jahren gebe ich öffentlich und ohne mich zu schämen zu, dass meine Sommer-Depression ärger sei als deren Winterversion.
In echt ist die Winter-Depression schon ewig Geschichte, ab Herbst geht es mir eigentlich super. Es ist angenehm muckelig, ist man vom Sauwetter endlich zurück im warmen Drinnen.
Beim Sport bekommt man keinen Kollaps, die städtischen Grünstreifen sind praktisch leer, der Mensch an sich mit seinem Terrier auf der Couch.
Da kann man gut raus, da ist Platz und Ruhe im Gebälk.
Aber jetzt?

(So, die Brücke ist geschlagen, wir kommen zu heute.)

Heute meinte der Mann so:
„Und? Was machen wir denn jetzt Schönes?“
Ich konnte kaum an mich halten, nicht sofort laut zu rufen „NIX! Ich will nur eins machen, nämlich NIX!“
Draußen schon vor Mittag über 20 °C, und das im Mai. Wonnemonat und so.
Ich in Schockstarre, was tun, welchen Weg, welcher See ist noch nicht gnadenlos von Sonnenhungrigen mit Tchibomützchen und Tupperdosen umlagert?
In Gedanken beneidete ich mehr wie üblich die Stadtrandlebenden, generell alle, die eine Einwohnerzahl unter der 4-stelligen hatten,
weil da kann es doch eigentlich nie wirklich irgendwo voll sein.
Oder?
Der Mann aber gibt sich gnadenlos. Draußen ist es schön, also müssen auch wir dorthin.
Rhein? Baggerloch? Wald? Schwimmbad? Freundes Garten? Altstadt? Stadtrand-Waldrand-Bauernhof-Künstlerkommune- wohin denn nun?
Ich immer steifer. Man weiß mittlerweile, was einen erwartet, und Auswahl haben bedeutet nicht immer gleichwohl einen Segen.
Und jedes Jahr bin ich die, welche schlimm fremdelt und spätestens am 4.Schönwetter-Tag meint, dass ich mich jetzt hinlege. Den Rest des kompletten Sommers.

Ich mach’s kurz. Am Ende brasselten wir uns mit Decke, Getränken, Melonenstücken und Büchern durch einen halben Quadratkilometer Brennnesseln, um eine
Kieselkuhle am Rhein (falsche Seite, als Info für die Düsseldorfer) unser Eigen nennen zu können.

10mai08

Wir durchlaufen die saisonalen Vorgärten von Zelten.
Im ersten Zelt: Berber, drei Stück. Sitzen alle fröhlich prall vor ihrem Inuit-Home aus Plaste und grinsen sich zahnlos einen. Als wir an ihnen vorbeigehen, bin ich benebelt vom Weinbrandaroma, welches wie eine zweite haut über ihnen und ihrem Platz liegt. Die direkte Nachbarschaft bildet eine Familie, wo beim normal schnellen vorbeigehen eher unklar bleibt, wer nun Papa und wer Sohnemann ist. Alle qualmen und sehen aus wie zwischen 25 und 50.
Dann ein knutschendes Pärchen. Während er ihr am Bikinioberteil zutzelt, fährt ein Frachter namens KARL-HEIN vorbei. Ich frage mich, ob da ein Z in den Rhein gefallen ist, aber da hat er schon ihr Oberteil laut johlend in der Hand und wir sind um die nächste Gebüschecke.
Dann endlich- eine ganze Kuhle ohne wen. Wir breiten schnell unseren IKEA-Überwurf aus. Nur wir, drei Liter Volvic, Lichtschutzfaktor 20 und Gevatter Rhein.
Leider herrscht in unserer Kieselkuhle zwar mediterraner Wellengang, aber ansonsten haben wir eine Schattenseite abbekommen.
Man beißt nicht die Hand, die einen füttert, und so lagen wir angenehm kühl für sagenwirmal 12 Minuten. Dann kam der nächste Schwung, das geht hier scheinbar in der Taktung der Dorfampel, und wie fix bzw. gnadenlos man mit der Parkplatzbeschaffung ist.
Fünf Erwachsene, gefühlt dreißig Kinder. Alle heißen Kevin (Kövvinn!) und Christian (Chrissiahn), die Mädels Ey (Öih) und Sarah (Soraah). In echt sind es genau vier Kinder, aber alle sind super im große Steine wegmachen. Ich liege unter einem Quadratmeter Sonnebrille versteckt und gucke das, was man früher das Proletariat genannt hätte. Das ist mir aber für diese Menschen zu liebenswert, deswegen nenne ich sie nur die Eys. Mutter eins ist um die vierzig, steckt in einer Hot-Pant aus Jeansstoff und Top mit ‚Willkommen’ auf der Vorderseite. Als sie Töchterchen Scharlott zum Pi-machen hinter das Zelt der drei Berber zerrt, sieht man in 58-Punkt ‚…und tschüss’ auf ihren Schultern prangen. Darüber in Tinte ein Tigerkopf auf Haut, darunter ein Name, den ich aufgrund der Entfernung nicht mehr Entziffern kann. Ich tippe auf Manni oder Walle, vielleicht auch Ereignisse wie BON JOVI oder Rock am Ring 2001. Man steckt nicht drin.
Die Berber genervt wegen pinkelnder Scharlott, ich mit zusammengekniffenen Ohren wegen Günni. Günni ist der Erzeuger von Chrissi, und beide sind sehr eifrig dabei, dicke Steine in den Rhein plumpsen zu lassen. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Vatti redet mit Sohnemann wie Hausmeister Krause mit seinem Dackel. Dazwischen immer ein dumpfes PLATSCH, dann eine Denksekunde, und dann zweistimmig ein Boahgeiley.
M. schläft, und ich spiele verzagt Solitaire auf meinem Mobilen. Man fühlt sich oft einsam als Sommerdepressiver, gefühlt scheinen sich alle zu amüsieren, nur man selbst –

Der nächste Ampeltakt kommt. Jugendliche mit mehr Baguette als weibliches Lebendgewicht, die Jungs mit Sonnenbrand, die Mädchen in Hasi&Mausi-Uniform. Alle sehen gleich aus.
Ich drücke meine Sonnenbrille noch enger ans Gesicht. Die Jugend zieht weiter (zu viel Spießer hier), und die nächste Ladung kommt (nur noch eine Kuhle, Edith). Mensch an Hund. Mensch wird Gassi geführt, Hund ist Kategorie ‚Listen-Hund’ und hat Bauchfett. Auch angeblich böse Kläffer liegen gern auf der Couch und essen Käsehappen.
Ich halte es kaum noch aus, gerade die Gespräche der direkten Nachbarn mit Muddi, Scharlott und Vatti mit seinem enervierenden PLUMS der dicken Steine, gefolgt vom sicheren Boahgeiley.
Ich drücke energisch auf ‚Neues Spiel!’, bekomme kein Spiel zu Ende, keinen Gedanken zu Ende, denke an Gewalt und Hartz 4, an Kontrolle und an mein ruhiges Heim.
Kaum regt sich M. aus seinem tiefen Männerschlaf, rufe ich ihm ein enthusiastisches ‚Ich muss hier weg!’ ins Ohr. Direkt alle Schuhe an, Decken ausgeklopft, M. noch gar nicht richtig wach, da bin ich schon baren Beines im Stechschritt durch das Brennesselfeld, nur weg hier, zu Hause ist auch schön!

Wir haben noch zwei freie Tage und einen ganzen kommenden Sommer vor uns, diese Serie mach ich jetzt sowas von voll!
Schwimmbäder, Baggerlöcher. Überfüllte angesagte italienische Insidertipps und Boote mit Bio-Eis. Joggingstrecken und eigentlich leere Geheimtipps.
All das werde ich endlich einmal los; ach hätte ich schon vor Jahren diese Serie hier, aber es ist nie zu spät, weil:
Nach dem Sommer ist vor dem Sommer.
Wir sehen uns. Wenn nicht hier, dann ganz sicher an einem einsamen Ort. Ganz sicher.
Ich, Du, und noch einige Tausend anderer Großstädter, auf der Suche nach dem einsamen Ding und sich selbst.


Samstag, 10. Mai 2008

balkons gedanken #1

Leben machen / Liebe bedenken.
Und dabei keine Mücke erschlagen.
Weil-
es könnte ein Männlein sein!


im kino wegen strunk.



(Trailer "Fleisch ist mein Gemüse")

Unterhaltsam, wenn auch gefühlt nicht so strukturiert diese besondere Harburg-Tristesse bietend wie das Buch. Beeindruckt haben mich alle Aufnahmen aller Feierlichkeiten. Ich bin Tochter eines Schützenkönigs (R.I.P.), ich kenne diese Feste, auch wenn es im Düsseldorf nicht ganz so trostlos ablief. Betrunken sind am Ende alle, und die Kapelle 'Tiffanys' steht als Platzhalter wie gemalt für alle anderen dort draußen, welche unermüdlich, aber sie wissen schon-

Fazit: Kann man machen.
Mitgenommen: "Geil abliefern! Wir müssen alle geil abliefern!"


Freitag, 9. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag vier / Dienstag

Schon wieder Felliniesk geträumt. Ich mit gesamtem Hausstand in einem Boot, immer die Ufer der Talsperre entlang, einen Anlegeplatz suchend. Einziger Proviant: Trauben.
Irgendwie gewusstes Ziel, bzw. die Lebenslösung schlechthin im Traum: Aus diesen Trauben Wein machen.
Guten Wein.
Auf einem kleinen Holzboot.
Leider vor Lösungsfindung aufgewacht, dafür immer noch in Zeulenroda, und wer hätte das gedacht: Mücken weg, dafür Nebelwand wieder da. Immerhin, man hat Abwechslung.

6mai08

(der Kein-Ausblick aus meinem Hotelfenster)

Tag zwei des Sommelierkurses, und um halb neun saßen wir alle frisch befrühstückt vor unseren drei Gläsern, die auf ihren Einsatz warteten.
Um zehn erzählte die ruhigste von allen einen Blondinenwitz auf dem Balkon.
So viel zum Thema "Weine aus Schweiz, Portugal, Griechenland und Ungarn" und ihre belebende Wirkung früh am Morgen.

Ich habe nach ein paar echten Patzern wie auch Erfolgserschmeckungen endlich die passende Erklärung. Wein richtig erschmecken ist, wie eine neue Sprache lernen.
Man sitzt dort, die Nase tief im Glas und weiß, dass man die Note kennt, die man riecht, aber es fällt einem dazu nicht der passende Begriff ein. Das ist wie in Frankreich (als Beispiel) auf dem Markt mit den Fingern auf das jeweilige Gemüse zeigen, aber ansonsten stammelnd Unsinn zum Besten zu geben.
Da erlangt übrigens der Satz „Mir liegt es auf der Zunge“ eine sehr stimmige 1:1 Bedeutung.

Zum Mittag probiere ich ebenfalls etwas zum ersten Mal, und das war Wildschwein.
Eine ganze fingerdicke Scheibe, da waren die Karmapunkte für die geretteten Käfer aus dem See (und KEINE erschlagene Mücke) gut angelegt.

Danach leise Adieu sagen, und bis zum nächsten Mal, und dass das alles toll war, und das man ja noch eine weite Reise vor sich hätte, so oder so.
Und weil die Sonne schien, und generell ein Gott Zeit für mich hatte, kamen alle Züge pünktlich und ich bekam jeden Anschluss.
Nächsten Monat geht es weiter, ohne Gala, dafür mit Spanien und Italien auf dem Plan. Also als Wein. In Bad Sobernheim. (der Reim musste sein!)

Heute gelernt: Ich erkenne Portugiesen nicht. Keinen.
(Und: Abendarbeit im ICE zwischen Frankfurt und Düsseldorf ist phantastisch. Alle ruhig, alle tippen auf ihre Klapprechner ein, es herrscht geselliges Unmiteinander, zwischendurch zischt eine Pellegrino-Flasche. )

6mai08

(was am Ende blieb-)


Donnerstag, 8. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag drei / Montag

Letzte Nacht geträumt, ich sei eine neue Oenologenzucht. Ich wurde durch die ganze Schweiz gereicht, knackig und grün, ein vollmundiges Versprechen, gut im Wachstum, genügsam und nicht nachmöpselnd. Beim Aufwachen vor lauter Schreck für fünf volle Minuten gegen die Zimmerdecke gestarrt und mir Gedanken über die Vielzahl der leckeren Weine gemacht, welche ich in den letzten drei Tagen probiert und nicht ausgespuckt hatte. Ist der Traum da Wunsch oder Nebenwirkung?

Überhaupt, spucken. Das sollte ich ja heute lernen, angedroht wurde es mir gestern generell in warmer Nachmittagssonne beim Kaffee.
So saß ich denn da, Auf in Aug mit Spuckbecher und randvollen Backen.

Tag drei heißt auf meinem Plan Teil 1 des delinat-Sommeliers, den ich hier in Zeulenroda beginne. Sommelier werden bedeutet gleichwohl, eine Vielzahl von Weinen degustieren. Bedeutet anriechen, anstarren, durchblicken, erkennen, gurgeln, durchziehen und: ausspucken!
Jetzt ist das ja so, dass ich diese leckeren Bio-Weine in der Regel mag und was ich mag, schluck ich runter. So.
Sehen andere aber professionell anders und das mit triftigem Grund.
"Lu, spucks aus, sonst können wir Dich am Ende raustragen!" teilt mir ein Blick von vorne gerade mit, als mir von hinten beim Einschenken "Der nächste wird Dich aus den Schuhen hauen!" zugeraunt wird.
Wir sind bei den Franzosen.
Heimlich schlucke ich die Schuhkanone runter. Köstlich!
Trotz allem wird der 0,5er Pappbecher vor mir voller, das Blatt unter den Gläsern schwimmt nach mittlerweile motorisch leicht aus dem Ruder laufenden Nachgießaktionen in Sachen Wasser, und nach dem zehnten probierten Wein vor vier am Nachmittag haben alle wieder Sauna-Teint. In den Pausen taxiere ich den Füllepegel der Pappbecher der anderen im Raum und der Sammelkübel. Man sollte sich nicht ausmalen, was in dem Raum los wäre, hätten alle alles getrunken. Polen offen, Holland in Not. Bitte filmen sie ab jetzt!

5mai08

(Das Gebiet um die Gironde in meinem Becher vereint.)

Der Rest im Kurs ist durch die Reihe weiblich und mit Herzblut Gastro. Alle Frauen - außer mir - arbeiten in Bio-Hotels, wir alle werden uns bis zum Herbst regelmäßig treffen, in ihren jeweiligen Arbeitsstätten. Heute lerne ich nebenher noch was von Bergen und Dirndl, höre einen Witz und bowle mittelschlecht, trinke bis gegen spät am Abend noch so viel Schlücke Wein und literweise Wasser, bis mein Hosenbund nicht nur kneift, sondern laut protestiert.
Mit all den Flaschen auf dem Tisch sind wir Diskussionsgegenstand Nummer eins im Restaurant, der Rest ist Tagungsvolk der Firmen Audi und OTTO (Versand).
Jetzt ist Feierabend, es gibt keinen Spucknapf mehr, jetzt darf getrunken werden.
Ihr lebt OTTO? Macht mal, wir leben Wein.

5mai08

(Letztes Bild, Arbeitstitel "Delinat verdunstet", von Peter Kropf.)

Im Fahrstuhl erkläre ich meinem Schluckauf, warum wir das zusammen durchmachen. Ich will alles wissen. Wirklich alles, und ich kann es mir noch nicht so gut behalten, wie ich es gern hätte. Sicher hätte ich mir einfachere Themen und Passionen aussuchen können, als den Wein, aber nun gut. Das Leben ist kein Ponyhof, und jede Traube hat so ihre eigene Art Religion, das wird wirklich nicht einfach.
Jetzt, nach gefühlt dreißig probierten Weinen zum Montag, da hege ich den irren Gedanken, in der Nacht menschliches Wissen einfach so abzuzapfen (USB-Stick ins Ohr) und drauf damit auf die eigene interne Festplatte.
In echt bäuchlings auf dem Kugelbauch im Hotelbett liegend, und mit allen noch willigen Fingern diese Zeilen hier tippend, ins OFF (noch), da ich nicht ins Netz komme.
Käme ich hinein, ich würde noch heute Abend an Ort und Stelle mein Hab und Gut verteilen, und Portofolio inkl. Lebenslauf aller Bewohner der Düsseldorfer Wohnung (ich, Mann, drei Fellchen, ein dicker Silberfisch) auf direktem Wege Richtung Frankreich schicken.
Vor meinem Fenster wieder Mückendisko, dank greller Energiesparlampe im Zimmer geschätzt um die 2,5 Pfund. Der See liegt tiefschwarz gut im Panoramablick, und ich habe mich langsam dran gewöhnt, keine Leuchtfeuer zu sehen.

Heute gelernt: Spucken! (zaghaft, mehr so Note 3-)
Neues Wort: Schlabbermasse
(= extrem süffig, geht besonders gut zu hochpreisigen Weinen. Wortrechte: E. Hauser)


Mittwoch, 7. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag zwei / Sonntag

6uhr41. Ich ziehe schwungvoll die Vorhänge meines Hotelfensters zur Seite und rufe wie Gott mich schuf: Zapperlott, die Welt ist weg! Für Menschen wie mich, die nicht an einem See sondern Innenstadt wohnen, kann Frühnebel schon erstaunliche Momente ins Erwachen bringen. Vor lauter Schreck direkt noch einmal kurz hingelegt, und beim zweiten -diesmal zaghaftem- Öffnen der Stoffbahnen war alles wieder zurück an gewohnter Stelle. Wälder, See, Enten, alles da, und vor der ganzen Fensterfront ein gutes Pfund Mückendisco.

Das Frühstücksbuffet im Panoramarestaurant des Hotels ist so üppig, dass ich vor lauter Unentschlossenheit erst einmal alle Tomaten aufesse. An dieser Stelle ein Sorry an jeden, der einen Tomatenschnitzer wollte, aber sie müssen verstehen! Nach Bircher Müsli, frischen Brötchen, Rührei, Kochei, Saft und Käse, Birnenmarmelade und einem Scheibchen Torte und einem langen Telefonat mit einem netten Mitarbeiter der Swisscom kam ich dann endlich einmal kurz in Netz und verbriet die kompletten 10Euro-Minuten für einen Blogeintrag. Liebes Hotel, so kann ich nicht arbeiten!
Außerdem zählt ein rasanter Netzzugang mittlerweile zu den menschlichen Grundrechten –sag ich jetzt mal so- dafür könnt ihr gern den Fernseher abziehen.

Der nächste Termin war wieder einer, auf den ich mich gefreut habe. Das Thema „Speisen & Wein“ ist eins, worüber man ausufernd ganze Nächte, aber delinat hat das einfacher gemacht.
Alle Mann um kleine Tische verteilt, einen Berg Gläser mit Nummern versehen, Zettel und Bleistifte dazu, eine ihrer Geheimwaffen namens Peter Kropf an das Kopfende des Raumes und dann: Gläser füllen, bitte.

4mai08

Es war herrlich mit anzusehen. Peter Kropf nahm lässig die Butter vom Brot, die Masse mampfte, schmeckte, soff und gurgelte. Volle Gläser, leere Gläser, rote Wangen, glasige Blicke, allesamt sehr zufrieden und Noten verteilend. Gespuckt hat wieder keiner.

4mai08

Nach 90 Minuten sahen alle sehr gesund und zufrieden aus, die Stimmung würde ich mal als angeregt bis sommerlich bezeichnen und als der Koch das Buffet für eröffnet erklärte, war dieses dann auch schnell ummenscht. Meine beiden sehr charmanten wie lustigen Tischnachbarinnen aus München (an dieser Stelle einen echten Düsseldorfer Gruß) mit denen ich schon am Vortag viel Spaß hatte, packten sich und ihr Eindrücke wieder zusammen und entschwanden gen Süden.
Ich brachte mich und meinen 4-Gläser-Teint hingegen relativ flott in die Natur, die rundum des Hotels sehr einfach zu finden ist. Wer Zeit hatte und genau hinsah: Ja, das war ich, telefonierend am See Käfer rettend und zweifach fast ins verlockende Nass kippend. Notiz an mich: nur mit 0 Promille Karmabereinigung betreiben, bevor man mich noch aus dem See fischen muss, telefonierend und hicksend.
Ausbeute: einen Falter, einen Rüsselkäfer und zig von diesen komischen, dünnen schwarzen Fliegen mit den langen Beinen. Alle lebensfroh, und ich nur einen Schuh nass.
Karmapunkte locker um die 400 im Plus jetzt. (Gegenwert eines Toasts mit Krabbensalat)

Den Rest des Nachmittags in netter Gesellschaft gefahrlos in der Sonne gesessen, keine Unfälle, keine Verletzten, dafür ein Gegenüber mit Löchern im Bauch. Ich bin da machtlos, aber wenn einer Ahnung von seiner Berufung hat, und sich das auch noch mit meinem Interessengebiet deckt, dann hilft nur reden oder flüchten.
In meinem Fall brachte es mir noch einen kompletten Abend mit sehr netten Menschen ein, inklusive Panoramasonnenuntergang und viel Spaß. Bin wohl doch nicht so anstrengend löchernd, wie ich manchmal vermute.

4mai08

Heute gelernt: Schweizer Humor, und was Bayern damit alles nicht zu tun hat.