Samstag, 10. Mai 2008

balkons gedanken #1

Leben machen / Liebe bedenken.
Und dabei keine Mücke erschlagen.
Weil-
es könnte ein Männlein sein!


im kino wegen strunk.



(Trailer "Fleisch ist mein Gemüse")

Unterhaltsam, wenn auch gefühlt nicht so strukturiert diese besondere Harburg-Tristesse bietend wie das Buch. Beeindruckt haben mich alle Aufnahmen aller Feierlichkeiten. Ich bin Tochter eines Schützenkönigs (R.I.P.), ich kenne diese Feste, auch wenn es im Düsseldorf nicht ganz so trostlos ablief. Betrunken sind am Ende alle, und die Kapelle 'Tiffanys' steht als Platzhalter wie gemalt für alle anderen dort draußen, welche unermüdlich, aber sie wissen schon-

Fazit: Kann man machen.
Mitgenommen: "Geil abliefern! Wir müssen alle geil abliefern!"


Freitag, 9. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag vier / Dienstag

Schon wieder Felliniesk geträumt. Ich mit gesamtem Hausstand in einem Boot, immer die Ufer der Talsperre entlang, einen Anlegeplatz suchend. Einziger Proviant: Trauben.
Irgendwie gewusstes Ziel, bzw. die Lebenslösung schlechthin im Traum: Aus diesen Trauben Wein machen.
Guten Wein.
Auf einem kleinen Holzboot.
Leider vor Lösungsfindung aufgewacht, dafür immer noch in Zeulenroda, und wer hätte das gedacht: Mücken weg, dafür Nebelwand wieder da. Immerhin, man hat Abwechslung.

6mai08

(der Kein-Ausblick aus meinem Hotelfenster)

Tag zwei des Sommelierkurses, und um halb neun saßen wir alle frisch befrühstückt vor unseren drei Gläsern, die auf ihren Einsatz warteten.
Um zehn erzählte die ruhigste von allen einen Blondinenwitz auf dem Balkon.
So viel zum Thema "Weine aus Schweiz, Portugal, Griechenland und Ungarn" und ihre belebende Wirkung früh am Morgen.

Ich habe nach ein paar echten Patzern wie auch Erfolgserschmeckungen endlich die passende Erklärung. Wein richtig erschmecken ist, wie eine neue Sprache lernen.
Man sitzt dort, die Nase tief im Glas und weiß, dass man die Note kennt, die man riecht, aber es fällt einem dazu nicht der passende Begriff ein. Das ist wie in Frankreich (als Beispiel) auf dem Markt mit den Fingern auf das jeweilige Gemüse zeigen, aber ansonsten stammelnd Unsinn zum Besten zu geben.
Da erlangt übrigens der Satz „Mir liegt es auf der Zunge“ eine sehr stimmige 1:1 Bedeutung.

Zum Mittag probiere ich ebenfalls etwas zum ersten Mal, und das war Wildschwein.
Eine ganze fingerdicke Scheibe, da waren die Karmapunkte für die geretteten Käfer aus dem See (und KEINE erschlagene Mücke) gut angelegt.

Danach leise Adieu sagen, und bis zum nächsten Mal, und dass das alles toll war, und das man ja noch eine weite Reise vor sich hätte, so oder so.
Und weil die Sonne schien, und generell ein Gott Zeit für mich hatte, kamen alle Züge pünktlich und ich bekam jeden Anschluss.
Nächsten Monat geht es weiter, ohne Gala, dafür mit Spanien und Italien auf dem Plan. Also als Wein. In Bad Sobernheim. (der Reim musste sein!)

Heute gelernt: Ich erkenne Portugiesen nicht. Keinen.
(Und: Abendarbeit im ICE zwischen Frankfurt und Düsseldorf ist phantastisch. Alle ruhig, alle tippen auf ihre Klapprechner ein, es herrscht geselliges Unmiteinander, zwischendurch zischt eine Pellegrino-Flasche. )

6mai08

(was am Ende blieb-)


Donnerstag, 8. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag drei / Montag

Letzte Nacht geträumt, ich sei eine neue Oenologenzucht. Ich wurde durch die ganze Schweiz gereicht, knackig und grün, ein vollmundiges Versprechen, gut im Wachstum, genügsam und nicht nachmöpselnd. Beim Aufwachen vor lauter Schreck für fünf volle Minuten gegen die Zimmerdecke gestarrt und mir Gedanken über die Vielzahl der leckeren Weine gemacht, welche ich in den letzten drei Tagen probiert und nicht ausgespuckt hatte. Ist der Traum da Wunsch oder Nebenwirkung?

Überhaupt, spucken. Das sollte ich ja heute lernen, angedroht wurde es mir gestern generell in warmer Nachmittagssonne beim Kaffee.
So saß ich denn da, Auf in Aug mit Spuckbecher und randvollen Backen.

Tag drei heißt auf meinem Plan Teil 1 des delinat-Sommeliers, den ich hier in Zeulenroda beginne. Sommelier werden bedeutet gleichwohl, eine Vielzahl von Weinen degustieren. Bedeutet anriechen, anstarren, durchblicken, erkennen, gurgeln, durchziehen und: ausspucken!
Jetzt ist das ja so, dass ich diese leckeren Bio-Weine in der Regel mag und was ich mag, schluck ich runter. So.
Sehen andere aber professionell anders und das mit triftigem Grund.
"Lu, spucks aus, sonst können wir Dich am Ende raustragen!" teilt mir ein Blick von vorne gerade mit, als mir von hinten beim Einschenken "Der nächste wird Dich aus den Schuhen hauen!" zugeraunt wird.
Wir sind bei den Franzosen.
Heimlich schlucke ich die Schuhkanone runter. Köstlich!
Trotz allem wird der 0,5er Pappbecher vor mir voller, das Blatt unter den Gläsern schwimmt nach mittlerweile motorisch leicht aus dem Ruder laufenden Nachgießaktionen in Sachen Wasser, und nach dem zehnten probierten Wein vor vier am Nachmittag haben alle wieder Sauna-Teint. In den Pausen taxiere ich den Füllepegel der Pappbecher der anderen im Raum und der Sammelkübel. Man sollte sich nicht ausmalen, was in dem Raum los wäre, hätten alle alles getrunken. Polen offen, Holland in Not. Bitte filmen sie ab jetzt!

5mai08

(Das Gebiet um die Gironde in meinem Becher vereint.)

Der Rest im Kurs ist durch die Reihe weiblich und mit Herzblut Gastro. Alle Frauen - außer mir - arbeiten in Bio-Hotels, wir alle werden uns bis zum Herbst regelmäßig treffen, in ihren jeweiligen Arbeitsstätten. Heute lerne ich nebenher noch was von Bergen und Dirndl, höre einen Witz und bowle mittelschlecht, trinke bis gegen spät am Abend noch so viel Schlücke Wein und literweise Wasser, bis mein Hosenbund nicht nur kneift, sondern laut protestiert.
Mit all den Flaschen auf dem Tisch sind wir Diskussionsgegenstand Nummer eins im Restaurant, der Rest ist Tagungsvolk der Firmen Audi und OTTO (Versand).
Jetzt ist Feierabend, es gibt keinen Spucknapf mehr, jetzt darf getrunken werden.
Ihr lebt OTTO? Macht mal, wir leben Wein.

5mai08

(Letztes Bild, Arbeitstitel "Delinat verdunstet", von Peter Kropf.)

Im Fahrstuhl erkläre ich meinem Schluckauf, warum wir das zusammen durchmachen. Ich will alles wissen. Wirklich alles, und ich kann es mir noch nicht so gut behalten, wie ich es gern hätte. Sicher hätte ich mir einfachere Themen und Passionen aussuchen können, als den Wein, aber nun gut. Das Leben ist kein Ponyhof, und jede Traube hat so ihre eigene Art Religion, das wird wirklich nicht einfach.
Jetzt, nach gefühlt dreißig probierten Weinen zum Montag, da hege ich den irren Gedanken, in der Nacht menschliches Wissen einfach so abzuzapfen (USB-Stick ins Ohr) und drauf damit auf die eigene interne Festplatte.
In echt bäuchlings auf dem Kugelbauch im Hotelbett liegend, und mit allen noch willigen Fingern diese Zeilen hier tippend, ins OFF (noch), da ich nicht ins Netz komme.
Käme ich hinein, ich würde noch heute Abend an Ort und Stelle mein Hab und Gut verteilen, und Portofolio inkl. Lebenslauf aller Bewohner der Düsseldorfer Wohnung (ich, Mann, drei Fellchen, ein dicker Silberfisch) auf direktem Wege Richtung Frankreich schicken.
Vor meinem Fenster wieder Mückendisko, dank greller Energiesparlampe im Zimmer geschätzt um die 2,5 Pfund. Der See liegt tiefschwarz gut im Panoramablick, und ich habe mich langsam dran gewöhnt, keine Leuchtfeuer zu sehen.

Heute gelernt: Spucken! (zaghaft, mehr so Note 3-)
Neues Wort: Schlabbermasse
(= extrem süffig, geht besonders gut zu hochpreisigen Weinen. Wortrechte: E. Hauser)


Mittwoch, 7. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag zwei / Sonntag

6uhr41. Ich ziehe schwungvoll die Vorhänge meines Hotelfensters zur Seite und rufe wie Gott mich schuf: Zapperlott, die Welt ist weg! Für Menschen wie mich, die nicht an einem See sondern Innenstadt wohnen, kann Frühnebel schon erstaunliche Momente ins Erwachen bringen. Vor lauter Schreck direkt noch einmal kurz hingelegt, und beim zweiten -diesmal zaghaftem- Öffnen der Stoffbahnen war alles wieder zurück an gewohnter Stelle. Wälder, See, Enten, alles da, und vor der ganzen Fensterfront ein gutes Pfund Mückendisco.

Das Frühstücksbuffet im Panoramarestaurant des Hotels ist so üppig, dass ich vor lauter Unentschlossenheit erst einmal alle Tomaten aufesse. An dieser Stelle ein Sorry an jeden, der einen Tomatenschnitzer wollte, aber sie müssen verstehen! Nach Bircher Müsli, frischen Brötchen, Rührei, Kochei, Saft und Käse, Birnenmarmelade und einem Scheibchen Torte und einem langen Telefonat mit einem netten Mitarbeiter der Swisscom kam ich dann endlich einmal kurz in Netz und verbriet die kompletten 10Euro-Minuten für einen Blogeintrag. Liebes Hotel, so kann ich nicht arbeiten!
Außerdem zählt ein rasanter Netzzugang mittlerweile zu den menschlichen Grundrechten –sag ich jetzt mal so- dafür könnt ihr gern den Fernseher abziehen.

Der nächste Termin war wieder einer, auf den ich mich gefreut habe. Das Thema „Speisen & Wein“ ist eins, worüber man ausufernd ganze Nächte, aber delinat hat das einfacher gemacht.
Alle Mann um kleine Tische verteilt, einen Berg Gläser mit Nummern versehen, Zettel und Bleistifte dazu, eine ihrer Geheimwaffen namens Peter Kropf an das Kopfende des Raumes und dann: Gläser füllen, bitte.

4mai08

Es war herrlich mit anzusehen. Peter Kropf nahm lässig die Butter vom Brot, die Masse mampfte, schmeckte, soff und gurgelte. Volle Gläser, leere Gläser, rote Wangen, glasige Blicke, allesamt sehr zufrieden und Noten verteilend. Gespuckt hat wieder keiner.

4mai08

Nach 90 Minuten sahen alle sehr gesund und zufrieden aus, die Stimmung würde ich mal als angeregt bis sommerlich bezeichnen und als der Koch das Buffet für eröffnet erklärte, war dieses dann auch schnell ummenscht. Meine beiden sehr charmanten wie lustigen Tischnachbarinnen aus München (an dieser Stelle einen echten Düsseldorfer Gruß) mit denen ich schon am Vortag viel Spaß hatte, packten sich und ihr Eindrücke wieder zusammen und entschwanden gen Süden.
Ich brachte mich und meinen 4-Gläser-Teint hingegen relativ flott in die Natur, die rundum des Hotels sehr einfach zu finden ist. Wer Zeit hatte und genau hinsah: Ja, das war ich, telefonierend am See Käfer rettend und zweifach fast ins verlockende Nass kippend. Notiz an mich: nur mit 0 Promille Karmabereinigung betreiben, bevor man mich noch aus dem See fischen muss, telefonierend und hicksend.
Ausbeute: einen Falter, einen Rüsselkäfer und zig von diesen komischen, dünnen schwarzen Fliegen mit den langen Beinen. Alle lebensfroh, und ich nur einen Schuh nass.
Karmapunkte locker um die 400 im Plus jetzt. (Gegenwert eines Toasts mit Krabbensalat)

Den Rest des Nachmittags in netter Gesellschaft gefahrlos in der Sonne gesessen, keine Unfälle, keine Verletzten, dafür ein Gegenüber mit Löchern im Bauch. Ich bin da machtlos, aber wenn einer Ahnung von seiner Berufung hat, und sich das auch noch mit meinem Interessengebiet deckt, dann hilft nur reden oder flüchten.
In meinem Fall brachte es mir noch einen kompletten Abend mit sehr netten Menschen ein, inklusive Panoramasonnenuntergang und viel Spaß. Bin wohl doch nicht so anstrengend löchernd, wie ich manchmal vermute.

4mai08

Heute gelernt: Schweizer Humor, und was Bayern damit alles nicht zu tun hat.


Sonntag, 4. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag eins / Samstag

Es ist sechs Uhr am frühen Samstag Morgen, als ich tief müde sämtliche Taschen durch den Zug wuchte während im Hintergrund die nach Hause schwankenden Party-Jünger aus den Discos lallend die Automaten mit den Süßigkeiten plündern. Zum satten Dunst gibt es noch vor Köln einen Sonnenaufgang, der besagten in die Schranken weist.

In Gedanken male ich mir aus, welche Leute ich heute treffen werde. Wein-Freunde, Wein-Kenner, einen Master, ein paar gekürte Winzer und natürlich die, welche Wein vertreiben, und das mit richtig Herzblut.
Im Rahmen der "Best of Bio-Wine 2008" fahre ich als Gast von delinat zur Gala, zum Treffen, und zu einem Kurs, zum Austausch. Aber der Reihe nach.
"Biologischer Weinbau stützt sich nicht zuletzt auf ein sich selbst regulierendes Ökosystem."
Das gelesene nehme ich mir noch im Zug zur Brust, weil das kann ich der Rebe sehr gut nachvollziehen, quasi eine Schwester im Geiste. Hält man mich voll Bio, lässt mir Platz zur Entfaltung, grün um mich herum und Nützlinge, die mir Sauger vom Hals halten, dann blühe ich ebenfalls auf. (An dieser Stelle muss die Autorin mal eben an die gute Zeulenrodener Luft, weil sie schon den Degustationskurs mit dem Master of Wine und zehn Weinen intus hat, und sich der Bürostuhl im Hotelzimmer anfühlt wie der Hocker auf einer schaukelnden Barkasse. Das kommt im Text aber erst nach ein, vielleicht zwei Absätzen dran, und so ist das eben, wenn man nicht wirklich nennenswertes im Magen hat, bevor man am helllichten Tage zig Weine durch das Gaumensegel zieht.)
Sollte ich dann mal um sein, kann man mich gerne zurück auf den Kompost geben und dann irgendwo untermengen.
Aber ich schweife ab.

Am Frankfurter Flughafen stehen verwirrte Rentner und Asiaten um die ‚Waste’- Container, und wissen nicht, wo sie ihre Brötchentüten und Mentholbonbonpapiere umweltgerecht und korrekt entsorgen sollen. Der Wille ist da, der Zwang enorm, aber welches Piktogramm gehört jetzt zum Taschentuch?
Ich übe mich derweil in Geduld und einer von mir neu erfundenen Sportart, die man super im Zug ausüben kann, auch alleine. Und die geht so:
Man rechnet zu jeder sich bietenden Gelegenheit die Verspätung des eigenen ICE aus, und wartet dann mit dem Aufstehen und dem zusammensammeln seiner Gepäckteile so lange, bis der Bahnhof ausgerufen wird, an dem man raus muss. Dann schnell in sämtlichen Taschengurten und Jackenärmeln verfangen, trotzdem noch rechtzeitig aus dem Zug fallen, bevor alle Türen wieder hermetisch verriegelt werden und bei sich denken, dass man das auch alles in Ruhe, aber dann wäre es ja kein Sport. Gut, das Kind wurde aus Langeweile geboren, und es macht auch nicht wirklich Spaß, also ab auf den Kompost.

Sowieso, Reisen. Sowieso Reisen mit dem Zug. Kann einen ja auch manchmal ein wenig verrückt machen, weil der Mensch an sich immer Dinge schleppt, wenn er reist. Omas ziehen verwirrte Hunde hinter sich her, beide mit voller Blase und immer am falschen Ende des Zuges. Junge Mütter reisen mit einem Wust an Sachen, die einem Wohnungsumzug alle Ehre machen. In Frankfurts Süd-Bahnhof war all das. Und mitten drin drei Amerikaner, hochgradig amüsiert. Der Hauptbahnhof ist gesperrt, und so wird alles auf den kleineren Süd-Bahnhof umgeleitet und dort im Akkord abgearbeitet. Ein ICE jagt den nächsten, alles auf Gleis 8, und mitten drin hysterische Rentner, verwirrte Dresdener, die nicht nach ‚Laipzsch’ wolln, und eine Dampflok, die alle in Wolken hüllt, und der eine der Amerikaner, der immer lacht und alles so typical german findet.

Ich komme trotz allem irgendwann gegen Mittag in Weimar an, und ab da geht es per Bummelzug durch den nicht mehr ganz so wilden Osten. Mein letzter Gedanke in der Bummelgurke Nummer zwei: Wenn ich jetzt einschlafe, erwache ich in Chemnitz.
Mit geschlossenen Augen höre ich den Durchsagen des Zugführers zu. Immer wieder betont er, das die nächste Haltestelle eine Bedarfshaltestelle sei, und man 'schon no einen Knopf drüggn müsst', wenn man denn aussteigen möchte.
Endstation Zeulenroda, die Frisur und ich sitzen immer noch. Ich werde von einer sehr netten Frau vom Seehotel Zeulenroda eingesammelt, die mir am Ende noch ein neues Zimmer mit W-LAN und Seeblick organisiert. Was will ich mehr?

Eine Dusche, ein Essen und eine Ladung Schlaf wären nicht schlecht, aber das Leben ist selten ein Ponyhof, und so erscheine ich eine halbe Stunde später immerhin in einem frischen Pulli mit sehr leerem Magen im Saal und bin gespannt auf ‚Die Technik des Verkostens' und auf den Master of Wine.

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Ich mag Jürgen von der Mark! Weil: Der Mann ist laut, lebhaft und dadurch sehr präsent. Ein Mann, dem man seine Leidenschaft für Wein zu jeder Sekunde abnimmt.

3mai08

(Jürgen von der Mark mit Eimer)

Er ist einer von zweien in Deutschland, dann gibt es noch einen seiner Bezeichnung in der Schweiz und weltweit geschätzt und insgesamt um die 300.
Und ich habe jetzt auch noch das Glück, auf einen netten wie erzählfreudigen dieser 303 zu treffen und ihm zwei Stunden beim Reden und Spucken beizuwohnen.
Randnotiz: Er hält seit 15 Jahren seinem Verkostungsglas (also der Form, nicht dem einen Glas an sich) die Treue, und verkostet am liebsten am Vormittag. Macht mit dieser Info, was ihr wollt, am besten macht man sie glaube ich einfach nach.
Dazu hat er zwei kleine Töchter, welche im Hintergrund ungerührt mit ihren Plastikpferden spielen und Papa eine Uhr ausleihen, damit er nicht zu sehr überzieht.
Es geht um Primäraromen (anfangs) und um Apfelnoten generell. Um Prosecco zum Aperitif und warum, und über die Sache mit Champagner. Dazu wird eingeschenkt und Notizzettel verteilt.
Die Herren legen Kennerminen auf, die Damen trinken den Prosecco in einem Rutsch. Im Raum um die 70 Personen, alles willige Anhänger der biologisch angebauten Traube. Keiner spuckt, nur der Master machts.
Auf den großen Tischen jeweils drei Kübel, in deren Mitte Stroh ein einsames Dasein fristet. Bei der zweiten Ladung Weine dann kurzes, kollektives Einhalten. Spucken will eh keiner, aber die Neige sollte schon noch den Ort wechseln, bevor der nächste Wein kommt. Die Frage an den Kellner, warum Stroh in den Kübeln steckt wird mit einem netten ‚Damit man nicht sieht, wie es im Kübel aussieht’ beantwortet. Er lächelt wissend und unser Tisch hält die Klappe, in Gedanken das Bild, wie es aussehen könnte, würden wir alle Spucken.

Anekdötchen am Rande: Die Töchter eines Master of Wine halten ihr Wasserglas wie Papa und erschnuppern vor dem Trinken die Kopfnote. Es gibt übrigens Wasser der "Lichtquelle" statt BonAqua, da merkt man das Bio-Hotel.

Insgesamt stemmen mein leerer Magen und ich zehn Weinproben, und ich muss zugeben, der Boden in Fahrstühlen war schon einmal fester als eben, beim herauf fahren.
Zum Ende entschuldigt sich Jürgen von der Mark lachend mit dem Satz „Bei mir weiß man anfangs nie, wo es endet, wenn ich einmal anfange.“ Deswegen hatte ihm seine Tochter wohl eine Minute vorher die Uhr vor die Nase gehalten, vor versammelter Mannschaft.
Verschnaufpause, Eindrücke tippen, duschen.
Gleich geht es zur Best of Bio-Wine 2008, mit Essen, passendem Wein und-

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Kurz vor ein Uhr in der Nacht. Ich habe die beste Kleiderauswahl der Welt getroffen, soll heißen: ich hatte mittig Platz. Enorm Platz.

3mai08

Den brauchte ich über den Abend verteilt nicht zwingend für das Essen, welches in sechs kleinen Gängen serviert wurde, sehr wohl aber für die Getränke. Zu jedem Gang wurden vorab die Sieger der jeweiligen Kategorie eingeschenkt, und –ich kann nur wieder ins laute Schwärmen verfallen- Jürgen von der Mark, diesmal in schick und mit Headset ausgestattet, gab vorab Eindrücke und Gründe für den Wein preis.
Was soll ich sagen- der Mann funktioniert auf Wein noch besser, auch wenn er ihn selten bis zu Ende trinkt. Man hörte ihn phonetisch durch das Headset unterstützt kurz gurgeln, schmecken, spucken, und dann mit sehr viel Verve über Wein und Winzer reden. Mein Kleid fasste zwar meine Mitte (gefühlt zwei Liter Wasser, ein Liter Wein), nicht aber mein voll gestopftes Moleskine, und so versuchte ich mir all die schönen Wörter zu merken, die Jürgen von der Mark hergab. Ich muss mich an dieser Stelle entschuldigen, aber nach einem Nachmittag mit zwei Stunden Degustieren und einem Abend, wo es noch einmal sehr viel-
Ich mach’s kurz: Ich konnte nichts mehr aufnehmen. All die schönen Begriffe tanzten in mein rechtes Ohr hinein, feierten sich gegenseitig in meiner Kopfmitte (nah an der Spaßzone, wo auch der Wein schon präsent war) und fielen dann links wieder hinaus, einfach so. Auch klägliche Versuche, diese jetzt in einen Satz wie in der Master of Wine einzureihen- erfolglos.
Die Winzer, welche anwesend waren: ich hoffe, die Photos sind das geworden, was ich vorhatte. Allesamt sehr sympathische Menschen, denen der Anzug kniff, und die eigentlich nicht so gern auf Bühnen stehen. Allesamt sehr nette Augen in entspannten Gesichtern, mit netten Frauen an ihren Seiten.

3mai08

(Beispielbild: nette Bio-Winzer auf Bühne)

Mein kurzer Geschäftsentwurf "Winzer sucht Frau" kommt aus dem Babybett nicht mal heraus, so unnötig ist der. Schade eigentlich, ich hätte sicher eine Menge Spaß gehabt, und die Männer wären weggegangen wie gute Weine.

Heute gelernt: Ein Wein kann ein Muskelprotz sein!


Freitag, 2. Mai 2008

order # 7.08

Lieber Gott...

Maam?

- warum hast Du eine Sekunde vor Kofferschluss meine liebste Jeans mit einem leisen Krzzzt! reissen lassen?

Maam?

Jonathan, nicht Du. Du hast grad Pause, es geht hier um wirklich hohe Mächte.

Aber sie benötigen mich dann gleich schon, um mich mit vollster Wucht wieder auf den Koffer zu werfen, oder?

Ja, Jonathan. Also lass uns umdenken, dann umpacken, dann umwerfen. Die Reihenfolge-

-ist wichtig Maam, ich weiß.

jonathan unter deck | © Lu um 23:34h | keine meldung | meldung machen?

mit einem bein in thüringen.

Da ich mich schicksalsbedingt die letzte Zeit des öfteren geballt in Schuhläden herumgedrückt habe, kann ich euch heute eins berichten. In konventionellen Schuhläden werden Männer seitlich geparkt und sitzen meist in einem Wust aus Einkaufstüten (ZARA, C&A, WMF, Kaufhof) auf farbigen Sitzwürfeln lose stumm nebeneinander.
In den Schuhläden, wo man Bio-Pumps, politisch korrekte Mary Janes und generell etwas ausgefalleneres bekommt, als den gängigen Einheitsbrei (Ladenname meist Fuss-Wolke, Schuh-Wiese, Bioline etc), da sieht das alles etwas anders aus. Die Männer werden voll integriert, probieren an, sagen 'aaaah-herrlich!' und gucken glücklich, bevor sie sagen 'Heute lad ich Dich ein, die sehen ja wirklich toll aus.'.
Kann ich jedem nur empfehlen, und die Füsse jubeln am Ende genau so laut wie die Männer, die nicht mehr auf Sitzwürfeln ihr Dasein fristen müssen.

Ich für meinen Teil schnüre grad wieder mein Bündel und nehme mit: ein Pfund Kabel, ein Buch, einen vollen Koffer (falls atomare Dinge geschehen, ich bin gerüstet) und sehr gute Laune, weil:

Morgen knapp nach sechs geht mein Zug Richtung hier



und da werde ich über Ohrwürmer als Kumpel und Bio-Wein im speziellen sehr viel lernen, und das beste Bio-Hotel auf Herz und Spa testen, aber mehr verrate ich an dieser Stelle noch nicht. Ich lasse mich überraschen, und euch nehme ich mit.


Donnerstag, 1. Mai 2008

2min11. habe ich eigentlich jemals ...



(... thematisiert, wie sehr ich Dean Martin finde?)


maimorgen.

Die Sonnenmilch auf der Oberlippe marschiert direkt durch bis ins Stammhirn, simuliert Meer, Salz und tatsächlich gute Laune bis in den Rest des Körpers. Über Nacht sind die Bäume explodiert, alles grün, jeder Vogel hat einen Ast, jeder ein Lied. Die Hunde leinenlos in der Frühe, der Mensch dahinter verschlafen.
Heute geteilter Tag. Erste Hälfte Niederlande, zweiter Teil Bügelbrett, der Abend offen zur freien Verfügung.

logbuch | © Lu um 10:20h | keine meldung | meldung machen?