Mittwoch, 7. Mai 2008

reisenotizen/ zeulenroda, oder ‚im namen der traube’

Tag zwei / Sonntag

6uhr41. Ich ziehe schwungvoll die Vorhänge meines Hotelfensters zur Seite und rufe wie Gott mich schuf: Zapperlott, die Welt ist weg! Für Menschen wie mich, die nicht an einem See sondern Innenstadt wohnen, kann Frühnebel schon erstaunliche Momente ins Erwachen bringen. Vor lauter Schreck direkt noch einmal kurz hingelegt, und beim zweiten -diesmal zaghaftem- Öffnen der Stoffbahnen war alles wieder zurück an gewohnter Stelle. Wälder, See, Enten, alles da, und vor der ganzen Fensterfront ein gutes Pfund Mückendisco.

Das Frühstücksbuffet im Panoramarestaurant des Hotels ist so üppig, dass ich vor lauter Unentschlossenheit erst einmal alle Tomaten aufesse. An dieser Stelle ein Sorry an jeden, der einen Tomatenschnitzer wollte, aber sie müssen verstehen! Nach Bircher Müsli, frischen Brötchen, Rührei, Kochei, Saft und Käse, Birnenmarmelade und einem Scheibchen Torte und einem langen Telefonat mit einem netten Mitarbeiter der Swisscom kam ich dann endlich einmal kurz in Netz und verbriet die kompletten 10Euro-Minuten für einen Blogeintrag. Liebes Hotel, so kann ich nicht arbeiten!
Außerdem zählt ein rasanter Netzzugang mittlerweile zu den menschlichen Grundrechten –sag ich jetzt mal so- dafür könnt ihr gern den Fernseher abziehen.

Der nächste Termin war wieder einer, auf den ich mich gefreut habe. Das Thema „Speisen & Wein“ ist eins, worüber man ausufernd ganze Nächte, aber delinat hat das einfacher gemacht.
Alle Mann um kleine Tische verteilt, einen Berg Gläser mit Nummern versehen, Zettel und Bleistifte dazu, eine ihrer Geheimwaffen namens Peter Kropf an das Kopfende des Raumes und dann: Gläser füllen, bitte.

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Es war herrlich mit anzusehen. Peter Kropf nahm lässig die Butter vom Brot, die Masse mampfte, schmeckte, soff und gurgelte. Volle Gläser, leere Gläser, rote Wangen, glasige Blicke, allesamt sehr zufrieden und Noten verteilend. Gespuckt hat wieder keiner.

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Nach 90 Minuten sahen alle sehr gesund und zufrieden aus, die Stimmung würde ich mal als angeregt bis sommerlich bezeichnen und als der Koch das Buffet für eröffnet erklärte, war dieses dann auch schnell ummenscht. Meine beiden sehr charmanten wie lustigen Tischnachbarinnen aus München (an dieser Stelle einen echten Düsseldorfer Gruß) mit denen ich schon am Vortag viel Spaß hatte, packten sich und ihr Eindrücke wieder zusammen und entschwanden gen Süden.
Ich brachte mich und meinen 4-Gläser-Teint hingegen relativ flott in die Natur, die rundum des Hotels sehr einfach zu finden ist. Wer Zeit hatte und genau hinsah: Ja, das war ich, telefonierend am See Käfer rettend und zweifach fast ins verlockende Nass kippend. Notiz an mich: nur mit 0 Promille Karmabereinigung betreiben, bevor man mich noch aus dem See fischen muss, telefonierend und hicksend.
Ausbeute: einen Falter, einen Rüsselkäfer und zig von diesen komischen, dünnen schwarzen Fliegen mit den langen Beinen. Alle lebensfroh, und ich nur einen Schuh nass.
Karmapunkte locker um die 400 im Plus jetzt. (Gegenwert eines Toasts mit Krabbensalat)

Den Rest des Nachmittags in netter Gesellschaft gefahrlos in der Sonne gesessen, keine Unfälle, keine Verletzten, dafür ein Gegenüber mit Löchern im Bauch. Ich bin da machtlos, aber wenn einer Ahnung von seiner Berufung hat, und sich das auch noch mit meinem Interessengebiet deckt, dann hilft nur reden oder flüchten.
In meinem Fall brachte es mir noch einen kompletten Abend mit sehr netten Menschen ein, inklusive Panoramasonnenuntergang und viel Spaß. Bin wohl doch nicht so anstrengend löchernd, wie ich manchmal vermute.

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Heute gelernt: Schweizer Humor, und was Bayern damit alles nicht zu tun hat.