Montag, 16. April 2007

29 °C

ich brauche dringend

.die sommerversion

der havenversion.


brodje und salz.

Als Auto 'Ügo' Samstag Früh unternehmungslustig den Motor aufatmen läßt, habe ich vier Nächte in Folge schlecht geschlafen.
In den Niederlanden ebenfalls Sommer. Und so voll mit dem Rheinland, aber das weiß man ja. Die lautesten Familien aus dem Ruhrgebiet treffen Frittjes mampfend auf die von Natur aus noch lauteren Familien aus den Niederlanden und hauen sich in kleinen Hüpfburgen, die immer gekoppelt an Snack-Points stehen kräftig auf die Mütze. Ich nenne so etwas frischluftgespeiste Fussballvorbereitung, für später, und bestelle das zweite Brodje Maatjes mit Zwiebeln.
Unser Hotel hatte bessere zeiten, ganz sicher, aber wenn das komplette Rheinland über Nacht auch dort ist, nimmt man, was man bekommen kann, und nach dem letzten vor drei Wochen kann eh nicht mehr viel angenehmeres kommen. Immerhin, es ist sauber, die Bettwäsche duftet frisch und die Klobrille ist -da wollte ich noch den Grund erfragen- im Stacheldrahtlook, wo alles andere mehr so Ostzonencharme aufbringt, mit viel aufgedrucktem laub auf Stoff, bestimmt für die gute Stimmung. Im Eingangsbereich ein mit Bier randvoller XL-Kühlschrank, Öffner liegt leger oben auf, keine Preisliste. Vor unserem Fenster komische Geräusche. Ich drücke die 12 Meter mit Laub bedruckte Gardine zur Seite und stehe Aug in Aug mit einer renitenten Gruppe Hühner und dem dazu gehörenden Hähnchen, welcher direkt angriffslustig in den Strauch vor mir springt und mächtig wackelt. Bekomme Appetit auf ein Grillhähnchen und schäme mich.
Tagsüber alles gemacht, was mit Sand und Wasser zu tun hat, also in beiden Elementen gelegen, wenn im Wasser auch nur mit den Füssen und sehr kurz.
Abends im seit Jahren beäugten Restaurant direkt am Meer gegessen. Neben uns spielen 3 Generationen die Reise nach Jerusalem. Oma sitzt ganz aussen und will nichts essen, auch als die vierte Vorspeise eines der Kinder entrissen wird, nagt sie nur kurz am Käse und niest statt dessen eine Runde. Nach zehn Minuten weiß ich, warum Oma nur ihre Kleenex-Box will, sie niest nämlich in Intervallen durchgehen und hat einen dementsprechenden Verbrauch. Und hat Oma eine kurze Ruhephase, nutzt die restliche Familie diese, um geballt aufs Klo zu gehen. Warum gerade Sohn 1 von 2 und der Vater ganz hinten sitzen müssen, wo sie doch so oft müssen, bleibt mir bis zum Ende ein Rätsel. Oma niest und schnäuzt derweil unbeeindruckt und guckt rüber zu Opa. Die Mutter hat ein eingefrorenes Dienstleistungslächeln im Gesicht, Sohn 2 isst den rest der Vorspeisen und seine Freundin will lieber Pommes, Oma hat den nächsten Anfall, mittlerweile gucken alle und ich frage die Kellnerin ganz leise, ob wir nicht diesen kleinen Tisch am Fenster - und sie ganz laut, nej, der wäre besetzt, ganz gleich, und jetzt wissen alle, das wir es versucht haben, die Flucht vor der Familie, die alles was akutes mit ihren Schleimhäuten haben. War dann auch Wurscht, der Wein kam und prompt ging die Sonne uner. Ich zücke gerade meine Kamera, ein Tanker schiebt sich ins Bild, die Kellnerin macht die restlichen Jalousien hoch, damit alle was davon haben, und schon steht ein Herr mit großer Kamera direkt in meiner Schusslinie. Ich seufze, ich trinke einen großen Schluck, und ich knipse den Herrn einfach mit, so geht Pragmatismus.
Das Essen ist lange nicht so phantastisch wie immer ausgemalt, aber wir sind ja auch in einem Touristenrestaurant in NL und nicht in einem Geheimtipp in F. dafür ist es mehr wie reihhaltig und ich gehe schon knappe drei Stunden später mit frischem Hüftgold aus der Tür. Ein 'Grand Dessert' nach 23 Uhr, auf dem drei Stücke Kuchen, ein Biser, Eis, Schokolade, Fruchtmousse und ein riesiger Klacks Sahne sind, das tuppert die Leber erst mal weg, falls mal wieder Krieg ist, die Gene erinnern sich an schlechte Zeiten. Beim Boxkampf den Kühlschrank geplündert und noch vor der ersten Runde und der ersten Flasche in Morpheus Armen einfach so übers Meer weggesegelt.
Das Hähnchen weckte ab 6:31 a.m. bis 8:55 einschl.
Es krähte im 30 sekunden-Takt, was mich vermuten läßt, dass so ein Gockel lange Luft holen muss, um dieses Kikerikii erschallen zu lassen. Am Ende wurden die Intervalle etwas ausgedehnt, er hielt aber den Ton. Und: Ab dem ersten Hahnenschrei hielten die 300 Frösche, welche die ganze Nacht lauthals durchgequakten, mit sofortiger Wirkung den Rand, das scheint alles genau geregelt, da am Deich.
Beim Frühstück verliere ich genau das, was mir vor zwei Wochen ohne Betäubung und sehr teuer eingesetzt wurde. Ich gucke erstaunt aus der Wäsche und schlucke das Korpus Delikti Göttin sei Dank nicht runter. Den restlichen Tag versucht, alles was kalt oder warm ist, nur mit der rechten Wangenseite zu bearbeiten und möglichst gleichmäßig braun zu werden. Ging gut, da kam sich nichts in den Weg.
Die Rückfahrt unter drei Stunden, die Fellchen im Tiefschlaf, der ganze zurück gebrachte Körper roch köstlich nach Sonne, Meer und Salz und an dieser Stelle möchte ich mich von der schönen Aprilseite verabschieden, und nun dem Ernst der nächsten Wochen in die 8 Augen schauen. Das wars mit Seelchen an die Luft hängen, ab jetzt werden Kisten gepackt, Fliesen gelegt, Köpfe eingeschlagen und umgezogen.

Als Auto 'Ügo' Sonntag spät in der Einfahrt in die Nacht ging, hatte er Salzgeruch auf dem Lack und einen frischen Möwenschiss dort, wo andere Stadtautos nur Taubenkacke haben.



(Bei sanftem klicken des Bildes folgen weitere töfte Impressionen inklusive des Mannes, der vor der Abenstimmung stand.)