Dienstag, 13. Dezember 2005

invisible.

er sagte, er könne nur an europa denken, die ganze zeit. wenn er sitzt, raucht und einen kaffee trinkt, dann kreise sein ganzes denken nur um europa. er sitzt in einem halben haus am meer in ceuta, und bindet zwei kanister zusammen, mit denen er übers meer schwamm. er hat sie unter sich gebunden, sie gaben ihm sicherheit im offenen meer. und ja, es wäre kalt gewesen, es war ja im dezember. man müsse was riskieren. wer nichts riskiert, der gewinnt nichts, sagt er. sein name ist oumar und sein europa ist nur fünfundzwanzig kilometer über das wasser von ihm entfernt. einmal übers meer, das müsse er noch schaffen. er möchte in einem café sitzen, mit seiner familie telefonieren und sagen, das es ihm gut ginge, dort in europa. wenn sie fragen, wo er wäre, würde er sagen, hier, ich bin hier.

an editas wand hängen photos, alt und vergilbt. hier, das bin ich, sagt edita, mit meinen beiden schwestern und meiner mutter. und das in meinem frisörladen in ecuador. edita ist transexuell, singt beim wäsche waschen laute lieder aus ihrer heimat, und spannt eine plane im wald auf, wo sie anschaffen geht. sie sagt, sie hätte schon viele arbeiten gemacht, in ihrem leben, und die vier jahre im bergwerk, die wären gut gewesen, es hätte viel geld gegeben. sie hat grübchen beim lachen, trinkt viel bier, und liebt paris. wird sie ausgewiesen, dann bleibt sie eine oder zwei wochen in ecuador, und fliegt zurück, zum nächsten versuch nach paris.

prince kommt aus nigeria, und wartet in dem abschiebegefängnis in tilburg auf seine ausweisung. er zeigt photos von seiner frau hier in deutschland. sie seien nicht verheiratet, aber gelebt hätten sie wie mann und frau. auf dem nächsten bild ist er mit ihrer mutter zu sehen, sie stehen in einer küche und umarmen sich. lucky days, sagt prince und wird zum flughafen gebracht. dort weigert er sich einzusteigen, und wird in die unit x gesteckt, ein gefängis im gefängnis für menschen wie ihn, die nicht nach hause wollen. er hat eine wunde an der stirn und blaue flecken an den handgelenken, die polizisten waren nicht unbedingt nett zu ihm. prince spricht nur gut über europa, es gäbe hier keine gewalt, sagt er. seit dem er in europa ist, hätte er keine gewalt auf den strassen erlebt, wie bei ihm zu hause. er sagt, es wäre ein guter platz um zu leben, zu arbeiten, und frau und kinder zu haben. und er wäre kein krimineller, auch wenn er illegal hier sei.
als er zurück in lagos ist, wird er in der folgenden nacht von bewaffneten männern ausgeraubt. er sagt, er ist nicht mal drei tage zurück in seiner angeblichen heimat, und könnte schon tot sein. geld für einen rückflug, einen neuen versuch, das hätte er nicht mehr.

einzelgeschichten, fünf stück. menschen, die gott danken, jeden tag, für ein leben das unsicherer kaum sein könnte. illegal in fremden ländern, immer die hoffnung, es könnte gehen, man hätte einen neuen platz zum leben. sie schlagen sich durch, sie sind fleissig, halten zusammen und hängen photos aus der heimat auf. malika sagt, sie hätten ein normales leben geführt, ganz alltäglich, und nie daran gedacht, das es anders werden könnte. anders heißt, das ein krieg ausbrach und sie als familie zu illegalen flüchtlingen in polen wurden. sie sehen grau und müde aus, die erwachsene tochter spricht nicht, und alle zusammen möchten sie ein restaurant eröffnen.

ich denke oft, wer zieht die grenzen ? gerichte urteilen über menschen, die freiwillig in einem loch leben, fast mittellos und ihr ganzes leben in einem land ließen, das sie bedroht, weil sie gegen den strom dachten, nicht mit in den krieg wollten oder mitten drin sassen und dank krieg alles verloren. sie haben menschen dort, die sie vermissen, sie sind einsam und danken trotzdem gott, allah, dem himmel oder dem meer für das, was sie am tag haben.

eine nachdenkliche doku, einblicke in leben, die man nicht täglich trifft, weil sie nicht öffentlich sind.

oumar übrigens, den sah man später auf ein paar bildern in einem café sitzen. oumar mit einer tassee kaffee, oumar mit einem mobiltelefon, oumar in europa.
man konnte ein bißchen lächeln, am schluss.


die hölle in bildern :




( angeekelt aus irgendeinem forum mitgenommen, wo es ganz viele brüder und schwestern hat. dieses hier aber war das übelste der kompletten familie gif. )