Sonntag, 22. Oktober 2006

Dinge und Pilze.



Schon schräg, so Sonntage zwischen Natur und Tod.
Als ich am Morgen die Augen aufmachte, da dachte ich das erste Mal an diesem Tag, ich sei verschieden.
Die Nachbarn, über die ich mich ich an dieser Stelle aus Kraftgründen noch nie wirklich ausließ, die sind relativ neu und zogen vor ungefähr sechs Wochen mit KORN-Shirts und sehr wenig Möbeln ein. Und genau die haben es so richtig drauf, abends gemeinsam und meist zu dritt auf dem Laminat zu sitzen, und sich gegenseitig so in Grund und Boden zu palavern, dass die umliegenden Häuser locker mithören können, auch wenn die eigenen Aktivitäten längts zur Neige gegangen und die Bewohner ins Bett gegangen sind.
So auch ich. Pink Floyd also.
"How I wihihiiiisch, how I wish yout were heeeeeere!" dröhnt es aus Fenstern wie Mündern, und ich, Meilen unter meinem Plümo abgelegt, ich frage mich, wo ich nur die alte Kassette verstaut halte, und was wohl als nächstes kommt, zwischen betrunkenem Gejohle und "Ey...ey...eyweiise was Aldär?" Geschreie ...

Ozzy kommt.
Black Sabbath.
Geil!
(Iiiiiroooooon)
Wollte man nicht, eine Wand und drei Meter weiter unten um 1h34 endlich mal mindestens ein Auge schließen und mit Morpheus schmutzige Dinge tun.

Was solls, der Faden ist hier und als ich heute Morgen aufwachte, weil mich ein frisch zahnsaniertes Fellchen anmaunzte und die Küche super nach African Blue Kaffee-Bohnen duftete, da dachte ich, ich sei eigentlich tot, bleiernd und matt, wie ich mich nach letzter Nacht fühlte.

Ging dann so, den Rest des Tages. Irgendwann standen wir im Wald, somewhere in de Netherlands, und ich hatte ein Messer zwischen den Zähnen.

Das Messer war ein uraltes Taschenmesser, und zwischen den Zähnen hatte ich es nur (tschö Du wilde Mystik und Gefährlichkeit einer Textillusion!) weil ich in beiden Händen eine pilzpralle Jutetasche hielt.
Steinpilze, Maronenröhrlinge, Ziegenlippe und Sandröhrling, all so was.

Die ersten seltsamen Gedanken an Tod und Kuchen zu Hause, so nach Fünf. Dann alles vorbereitet, geschnitten und mit Pinsel gesäubert. Die Pilze taten wie ihnen geheissen, verfärbten sich nach Anschnitt, rochen wie gesagt, alles toll.
Dann sassen wir so da, vor unseren vollen Tellern, nebenbei Salat mit selbstgemachtem Feigenessig und Wein und Bier.
Ich sag, soll ich noch wen anrufen, und M. guckte komisch.
Iss Du zuerst, ich weiß mir und Dir eher zu helfen, wenn was medizinisches ist, sag ich mit Pokerface zu M. und er stakt die Gabel ins Pilzomelette, welches natürlich mit Liebe und Sorgfalt zubereitet wurde.
Er kaut, schluckt, spült mit Bier nach, und ich gucke heimlich auf seine Lippenfarbe und Atemfrequenz.
Es kann kein wirklich böser dabei gewesen sein, sagt er, und hat damit natürlich Recht, einen Bovisten hatten wir nicht im Repertoire und Korb, und die wunderschönen Fliegenpilze habe ich nur digital verschlungen und abphotographiert, da hinten, mitten im Wald.

Was für ein toller Gedanke! - ich nach zehn Minuten, einer halben Pfanne Pilzen und zwei Gläsern Wein.
Da hat man andauernd Angst, das eigene Flugzeug könnte einen Triebwerkschaden haben, gekapert werden, oder hätte das Volltanken verschwitzt, das Auto wird von der Fahrbahn gedrängt, man könnte ersticken an dieser furztrockenen Stulle am Morgen, oder ein winziges Gefäßende hätte plötzlich diese bestimmte Enge an der Spitze, die es eben so nicht haben dürfte, und das Drama wäre da, Tod, Elend, alle heulen und man selber war noch nie in Spanien.
Und statt dessen sitzt man an einem völlig beliebigen Sonntag im Herbst in der Küche, zwei Fellchen haben gerade am Vortag noch aufwendig und teuer ihr kleines Raubtiergebiss saniert bekommen und glänzen nun Zahnsteinlos und glatt im Duett (die anderen beiden stehen noch aus, als Plan für die nächsten Wochen und überhaupt Pläne, derer so viel), und man sitzt also einfach so da und hat einen Teller voll selbstgesammelter Pilze vor sich und hat bei einem eine kleine Wichtigkeit übersehen-

- beißt hinein, lacht dem anderen noch zu und verdrängt dieses komische Gefühl im Bauch und in den taub werdenden Armen und gießt Wein nach ...

Zehn Minuten später ist man erledigt, Atemlähmung, rollende Augen, ein bitterer Geschmack im Mund, und als letztes dieses drängende Gefühl, doch noch gar nicht alles gemacht zu haben, was man vorhatte, wollte, sich versagt hat, Spanien!

Guten Appetit und toxische Grüße.


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Das war jetzt ein Ausflug
in die hehre Zunft der Literaten, oder?
Habe jedenfalls den kurzvormablaufen-Sahnehering, den ich gestern mit ungewaschenen Fingern und Apfelstücken sowie zu matschig eingemachten "Moskauern" aufgebohhrt hatte, überlebt.

Die Nachbarn würden mich allerdings eher zu Dekontaminationsmaßnahmen verleiten ...

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So ein bisschen Nervenkitzel beim Essen, das hat doch was.
Aber ehrlich gesagt glaube ich ja, dass man sich bei Pilzen, wenn man sich nicht ganz blöd anstellt, eher verstrahlt wird, als das man sich den Tod durch Vergiftung holt.
Und ich muss ihnen auch sagen, ich bin schon ein bisschen neidisch, ich hatte nämlich nicht so viel Glück beim Pilzesammeln.
(www. fraustellaskleinerkosmos.blogger.de/20061003 irgendwie hat das mit dem Verlinken nicht geklappt!)

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Oh, Neid auch hier. Zwar bin ich mit selbstgesammelten Pilzen und entsprechenden Mahlen aufgewachsen, fürchte mich also überhaupt nicht vor denen, die ich kenne - aber ich war seit so vielen Jahren nicht mehr "in den Schwammerln", wie man hier sagt.
Fürchten muss man sich in meinen Pilzsammellandstrichen viel eher vor Zecken (beim Sammeln) und Fuchsbandwurm (beim Essen).

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Uh, ich wüsste was von Pilzen und wie der Ex mal versucht hat, sich seine Zigarette auf Armlänge anzuzünden, bevor er die gegenüberliegende Häuserwand wegschob, morgens um sechs vor den Weltspielen in Hannover, aber das wäre wohl das Thema verfehlt...

(immerhin haben wir's dann noch in die Toskana geschafft)

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Was für ein Krimi ...
... aber mit sehr viel Glück kommt man sogar lebend aus der Angelegenheit wieder heraus. Hier ist ein Beispiel aus meiner Familie (selbst erlebt und dabei wegen Pilzschmausverweigerung ausgeschimpft worden):
Tanta Amalie: "Keine Sorge, ich habe alle Pilze vorher noch einmal mit den Abbildungen im Pilzbuch verglichen."
Onkel Julius: "Die haben aber einen ausgeprägt reifen Geschmack." ... *** schaufelt sich einen Pilz nach dem anderen herein, währen die anderen Gäste in den Pilzen herumstochern und warten, was passiert ***
*** etwas später ***
Onkel Julius (mit schwacher Stimme): "Mir ist so flau."
Eine Stimme aus dem Hintergrund: "Ach du liebe Zeit, der sieht ja plötzlich ganz bleich aus. Laßt blos die Pilze stehen."
Tante Amalie: "Aber ich habe die doch alle ganz genau nach Pilzbuch ..."
Etwas später hing Onkel Julius sehr schlaff auf seinem Stuhl.
Am nächsten Tag, nachdem man ihm im Krankenhaus der Magen gelenzt und etwas Chemie verabreicht hatte, konnte er sich schon wieder mit matten Worten für die Blumen bedanken, die ihm Tante Amalie am Krankenbett überreichte.

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Ooooh jeee ..........
.......... und von Lu schon so lange nix zu lesen hier und auf dem Monitor weiter oben sieht sie ja gar nicht gut aus, so blass und man sieht nur das Weisse in den Augen ......

Luuuuuuuu??????????????? ;)

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alles gut soweit, hänge nur wild flatternd am ende der fahnenstange.

klüttenrath: ähnliches kenne ich.

meine familie aus der zone, also alle 120 väterlicherseits, die gingen mit mir stadtkind auch (ohch) immer gern in den wald, um zu zeigen, das und was man da so essen kann. ich bekam auch immer euterwarme kuhmilch verabreicht, mit vollem fettgehalt und kuhborsten drin.
aber zurück zu den pilzen: mein halbblinder stief-opa willm und meine volloma maria, die gingen mit mir durch die nadelhölzer und packten sämtliche pilze ein, die da noch so wucherten, hinten, in thüringen. währenddessen, und das wusste ich nicht, wurde wieder ein rammler gekeult, den sollte man zu den pilzen essen.
den rammler wollte ich nicht, ich hatte zu hause selber einen gigantischen hasen namens "mucki", und dessen familie ess ich nicht, auch nicht in der zone.
dann die pilze ... die wollte ich auch nicht. gesundes, kindliches misstrauen. mit mir am tisch um die 15 leute, alle stopften sich mit lauten MMMMHHH! die pilze in den rachen und nagten an des rammlers gebeinen, während ich mich, mit schmollschüppe, im hungerstreik befand. keine zehn minuten später fing der erste an. er hätte bauchweh. dann meine oma, formvollendet würgend, und dann der rest. selbst die hofkatze wälzte sich, und dabei hatte die noch nicht mal einen pilz gegessen.
ich, gute 7 jahre alt in heller panik, meine ganze familie fing an zu sterben, und ich hatte kein telefon zur hand, weil die halt keins hatten, war ja zone.
irgendwann, als ich vor heulen kaum noch luft bekam, fingen alle an zu lachen. sie hatten mich verarscht, selbst die katze.

ja, genau. und solche anekdoten hab ich noch derer vieler, meine familie ist, bzw. war etwas unbefangen im umgang mit kindern.

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mein lieber scholli (kein wunder, dass so derber humor dabei rauskommt ;-))

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ja, oder ein enger hals beim ersten bissen von jeder pilzpfanne. und mein zweiter beruf.

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