Donnerstag, 17. Dezember 2009
#154
Und dann standen wir in eisiger Kälte mitten im Herzen von Düsseldorf. Um uns herum touristisches Weihnachtsgetümmel, und meine Mutter so "Lass uns zu Deinem Lieblinsgrestaurant hier gehen."
Singende Kellner, haarsträubende Geschichten erzählende Kellner, ein immer besorgt dreinschauender Chef und Feuerpfannen schwenkende Köche = meine 1. Adresse in der Düsseldorfer Innenstadt, wo man leicht kulinarische Großfehler begehen kann, kennt man sich nicht aus.
Nach zwei Glas Wein finde ich meine Mutter fast charmant, erkenne ein, zwei Wurzeln und kann mir sogar relativ gelassen und ohne Gegenwehr Geschichten von früher anhören, denen ich als Kind meiner Eltern natürlich beigewohnt habe, was meine Mutter aber gern außen vor lässt.
Ich sag dann, Mutter, ich war sechs und habe mit euch zusammen gewohnt, und meine Mutter dann immer, Kind, Du warst doch noch so klein, kannst Du Dich da etwa dran erinnern, und ich dann, natürlich, ich war in der Schule, und die Sachen soll man ja auch behalten, und so weiter.
Jedenfalls ging es darum, dass wir (also unsere kleine Familie) ja immer sehr harmonische Weihnachten hatten, herrlich mit Schnee und alles schön, und ich dann so Blutgrätsche, verbal, aber Mutter ('warum hast Du so lange Zähne?'), Heiligabend war immer der Garant für DEN Familienkrach des Jahres, erinnerst Du Dich nicht mehr daran? Und meine Mutter tatsächlich völlig arglos, alles verdrängt, und da muss ich mich nicht wundern, dass sie tatsächlich nicht versteht, was zwischen meiner Kindheit und unserem Verhältnis jetzt, aber nun gut - der Kellner schenkt nach, und wir prosten dem eng an uns sitzendem Pärchen zu, die den ersten Gang Pasta mit geschlossenen Augen genießen, und ich gerate mit dem Herren über seinen dunklen Wein ins faseln, und plötzlich, es ist erst eine halbe Stunde und ein paar Biscotti später, da hängt meine Mutter in Höchstform und völlig charmant dem Mann am Arm und ich unterhalte mich mit seiner Frau und sage, was treibt sie ins Düsseldorf?
Da erzählt sie, dass sie geteilt leben würden, ein halbes Jahr in Südtirol, die andere Hälfte in Düsseldorf, und ich 'warum denn das?' und sie, das wäre nur ihr verstorbener Mann Schuld, eigentlich.
Der sei vor acht Jahren gegangen, also komplett, und sie beide wären zu Lebzeiten immer in Südtirol zum wandern gewesen, und er wäre so gern in diesem einen Tal beerdigt, und sie also mit seiner Asche und plötzlich ratlos, weil wohin nun mit dem kostbaren Gut? Da hätte sie ihn getroffen, ein Ortskenner, ein Senn, der mit Äpfeln und allerlei handelt. Und er hätte mit ihr und der Asche dann den perfekten Platz für ihren verstorbenen Mann gefunden, und dann, nun ja, das Leben sei halt so, dann hätten beide das Herzklopfen gemerkt, und seitdem sind acht Jahre vergangen und sie glücklich hoch zehn.
Ich hing derweil hin und weg an meinem schweren Rotwein, meine Mutter an dem Senn, und uns allen war warm und zufrieden. Selbst der Kellner setzte zu neuem Gesang an, und ich konnte ihn nur mit strengen Blicken wieder ruhig stellen.
Am Ende scheint alles eine Laune des Schicksals und eine Sache mit Wein zu sein, wie sich die Menschheit amüsiert und versteht. Wir verlassen zu viert die Szenerie, wünschen uns ein schönes Leben und die nächsten Gäste setzen sich an die engen Tische, und wer weiß, welche Geschichten diese gerade jetzt vertauschen.
Singende Kellner, haarsträubende Geschichten erzählende Kellner, ein immer besorgt dreinschauender Chef und Feuerpfannen schwenkende Köche = meine 1. Adresse in der Düsseldorfer Innenstadt, wo man leicht kulinarische Großfehler begehen kann, kennt man sich nicht aus.
Nach zwei Glas Wein finde ich meine Mutter fast charmant, erkenne ein, zwei Wurzeln und kann mir sogar relativ gelassen und ohne Gegenwehr Geschichten von früher anhören, denen ich als Kind meiner Eltern natürlich beigewohnt habe, was meine Mutter aber gern außen vor lässt.
Ich sag dann, Mutter, ich war sechs und habe mit euch zusammen gewohnt, und meine Mutter dann immer, Kind, Du warst doch noch so klein, kannst Du Dich da etwa dran erinnern, und ich dann, natürlich, ich war in der Schule, und die Sachen soll man ja auch behalten, und so weiter.
Jedenfalls ging es darum, dass wir (also unsere kleine Familie) ja immer sehr harmonische Weihnachten hatten, herrlich mit Schnee und alles schön, und ich dann so Blutgrätsche, verbal, aber Mutter ('warum hast Du so lange Zähne?'), Heiligabend war immer der Garant für DEN Familienkrach des Jahres, erinnerst Du Dich nicht mehr daran? Und meine Mutter tatsächlich völlig arglos, alles verdrängt, und da muss ich mich nicht wundern, dass sie tatsächlich nicht versteht, was zwischen meiner Kindheit und unserem Verhältnis jetzt, aber nun gut - der Kellner schenkt nach, und wir prosten dem eng an uns sitzendem Pärchen zu, die den ersten Gang Pasta mit geschlossenen Augen genießen, und ich gerate mit dem Herren über seinen dunklen Wein ins faseln, und plötzlich, es ist erst eine halbe Stunde und ein paar Biscotti später, da hängt meine Mutter in Höchstform und völlig charmant dem Mann am Arm und ich unterhalte mich mit seiner Frau und sage, was treibt sie ins Düsseldorf?
Da erzählt sie, dass sie geteilt leben würden, ein halbes Jahr in Südtirol, die andere Hälfte in Düsseldorf, und ich 'warum denn das?' und sie, das wäre nur ihr verstorbener Mann Schuld, eigentlich.
Der sei vor acht Jahren gegangen, also komplett, und sie beide wären zu Lebzeiten immer in Südtirol zum wandern gewesen, und er wäre so gern in diesem einen Tal beerdigt, und sie also mit seiner Asche und plötzlich ratlos, weil wohin nun mit dem kostbaren Gut? Da hätte sie ihn getroffen, ein Ortskenner, ein Senn, der mit Äpfeln und allerlei handelt. Und er hätte mit ihr und der Asche dann den perfekten Platz für ihren verstorbenen Mann gefunden, und dann, nun ja, das Leben sei halt so, dann hätten beide das Herzklopfen gemerkt, und seitdem sind acht Jahre vergangen und sie glücklich hoch zehn.
Ich hing derweil hin und weg an meinem schweren Rotwein, meine Mutter an dem Senn, und uns allen war warm und zufrieden. Selbst der Kellner setzte zu neuem Gesang an, und ich konnte ihn nur mit strengen Blicken wieder ruhig stellen.
Am Ende scheint alles eine Laune des Schicksals und eine Sache mit Wein zu sein, wie sich die Menschheit amüsiert und versteht. Wir verlassen zu viert die Szenerie, wünschen uns ein schönes Leben und die nächsten Gäste setzen sich an die engen Tische, und wer weiß, welche Geschichten diese gerade jetzt vertauschen.
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flying turtle,
Donnerstag, 17. Dezember 2009, 22:18
Das klingt nach einem netten Abend.
Verraten Sie, wo Sie so gerne speisen?
Verraten Sie, wo Sie so gerne speisen?
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Lu,
Donnerstag, 17. Dezember 2009, 22:25
Im 'A Tavola' in der Düsseldorfer Altstadt, Wallstrasse 11.
Seit langem eines unserer Lieblingsrestaurants hier im Dedorf.
(Und ein kleines Wunder für die Altstadt, was sonst viel Touristennepp bietet.)
Seit langem eines unserer Lieblingsrestaurants hier im Dedorf.
(Und ein kleines Wunder für die Altstadt, was sonst viel Touristennepp bietet.)
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kid37,
Donnerstag, 17. Dezember 2009, 22:46
Sehr schön. So ist das mit der alten Asche und veraschten Erinnerungen an vergangene Familienkräche - schön vergraben und neue machen (Erinnerungen). Ich habe gelernt, mich überraschen zu lassen.
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Lu,
Donnerstag, 17. Dezember 2009, 23:06
das sind dann ja mal aussichten, wenn wir zusammen um den weihnachtsbaum tanzen.
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hande,
Freitag, 18. Dezember 2009, 10:35
was für ein schöner Abend. Ja, so mag ich es. Und: Wallstr habe ich 96-99 gewohnt und kann mich an dem italiener auf der strasse erinnern, den ich sehr mochte - weiss allerdings nicht mehr genau, ob es bereits a tavola war oder ein Vorgänger...
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flying turtle,
Freitag, 18. Dezember 2009, 12:37
Ah, das kenne ich. Und nie bekommen wir dort spontan einen Platz.
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Lu,
Freitag, 18. Dezember 2009, 15:55
tipp: samstags zwischen 12 und halb eins, oder am späten nachmittag. nie pünktlich zur deutschen hauptesszeit wie 13 uhr oder 20 uhr.
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megan,
Freitag, 18. Dezember 2009, 19:59
ab nach kassel!!!!
viel pseudo-elitäres gehabe/geschreibe hier (passt wohl auch zu dedorf) , auch lehrerhaftes -nach dem motto 'icherklärdirjetztmaldiewelt'- die große welt, damit du weisst wie es da zugeht+was du tun kannst, um dazuzugehören-vorallem nie wein vor 18h- ächz
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Lu,
Freitag, 18. Dezember 2009, 21:56
ach, da hilft nichts megan: das hier ist alles nicht elitär, ich vermute (angemeldet seit dem wochenende) du bist ganz frisch hier und hast einfach lust auf rumnöhlen.
das alles ist nie elitär, das hier ist alles eine auseinandersetzung in meiner form, die leserschaft ist freiwillig hier und wenn es passt, dann sagt man noch, wo man lecker essen kann.
sollte es dein leben hergeben, dass du vor 18 uhr ins alkoholfass springst, dann lucky you, bei mir ist es sowohl ausbildung (ich habe total elitär ein sauf-diplom, und bringe das anderen leuten bei) als auch lebensstil, nicht am hellichten tag schon feierabend zu simulieren, und riten sind dazu da, auch mit wonne mal gebrochen zu werden.
ein prosit, aktuell mit düsseldorfer leitungswasser.
das alles ist nie elitär, das hier ist alles eine auseinandersetzung in meiner form, die leserschaft ist freiwillig hier und wenn es passt, dann sagt man noch, wo man lecker essen kann.
sollte es dein leben hergeben, dass du vor 18 uhr ins alkoholfass springst, dann lucky you, bei mir ist es sowohl ausbildung (ich habe total elitär ein sauf-diplom, und bringe das anderen leuten bei) als auch lebensstil, nicht am hellichten tag schon feierabend zu simulieren, und riten sind dazu da, auch mit wonne mal gebrochen zu werden.
ein prosit, aktuell mit düsseldorfer leitungswasser.
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kid37,
Freitag, 18. Dezember 2009, 22:02
Ich weiß auch gar nicht, wo man in Kassel gut essen kann. Obwohl - die Bratkartoffeln rund um die documenta sind immer sehr lecker.
( "Pseudo" finde ich übrigens als Präfix soooo 80er. Heute sagt man doch immer "selbsternannt". )
( "Pseudo" finde ich übrigens als Präfix soooo 80er. Heute sagt man doch immer "selbsternannt". )
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