Sonntag, 27. Dezember 2009

#160

23.

Die Mission für die Innenstadt einen Tag vor heilig Abend ist offiziell das wirklich wichtige weil besondere Brot. Der interne Motor aber ist die Pommes spezial, die sich seit Tagen an meinen Gedanken reibt. Dann, kaum gegessen, murrt der Magen, und es gibt drei Tage (über die heiligen, natürlich) Iberogast Tröpfchenweise. Der Mörder war die Mayo.

24.

Stundenlanges 'noch schnell erledigen', weil Altkater niesen immer vor langen Ferien der Veterinäre los, und Milch geht immer vor Wochenenden aus, das weiß man ja.

Der Nachmittagsbus zum heilig Abend wird von Elvis gefahren, und das macht mir Spass. Ich summe "Don't be cruel", als ich schwer beladen über den Friedhof laufe, durch all den Schnee. Am Ende buddle ich fast das komplette Feld auf, wo mein Vater liegt, weil er einen liegenden Stein hat, und ich ihn unter all dem Schnee nicht finde. Die anderen Friedhofsbesucher in meinem fluchenden und buddelnden Umfeld beobachten mich, so was spürt man ja. Als ich endlich die bekannten Initialen erblicke rufe ich ein halb verheultes 'Ha!' in die Runde, stecke mit klammen Fingern die Kerze an, und trolle mich.
Vor fünf Jahren auf den Tag habe ich ihn das letzte Mal gesehen.

Bei meiner Mutter angekommen gibt es "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel", Filterkaffee und einen mies gelaunten Kater. Irgendwann hocken wir im dunkeln, und ich sage, mach doch mal Licht an, und meine Mutter macht ein Teelicht an und sagt, das wäre total gemütlich so. Ich bekomme vor lauter Lichtmangel eine spontane Depression, aber dann fängt "Schlaflos in Seattle" an, und meine Mutter sagt, den liebe ich, und ich hey, ich auch, und dann stelle ich fest, dass ich schon bei bestimmten Liedern Pipi in den Augen habe und Mutter an ganz anderen Stellen laut loslacht.

Ich koche auf Wunsch Thai, und meine Mutter verputzt mit 70 Jahren ihre ersten Garnelen. Ich trinke den meisten Wein und gehe gegen acht.

In der fast leeren S-Bahn umarme ich unbewusst völlig ausgelaugt meine Tasche und fühle mich einen Moment lang sehr wohlig und ruhig. Kamelhaut zwischen Flingern und Gerresheim kann einem eine Heimat geben, man muss sie nur umschlingen.

25.

Bett & Tv.

26.

Ausgeschlafen. Der Mann sagt 'Was machst Du denn noch hier?', so selten ist meine Anwesenheit im Bett, kaum ist es hell.
Die Sonne scheint den ganzen Tag, der Hamburger Besuch, hermetisch und ebenfalls familiär ermüdet, bleibt einen ganzen halben Tag lang, und ich sag am Ende 'Grüß mir die Elbe', und entlasse ihn in die schönste Stadt im Norden.
Das ist immer viel zu selten, aber was soll man machen?!

27.

Sonntag. Ein Sonntag nach einer furchtbaren Nacht, in deren Mitte ich aus dem Bett flüchtete und auf der Couch 'Lost in Translation' vorfand, danke TV. Danach ein Doors Livekonzert, danach 'Jim Morrison lebt', aber da habe ich es wieder mit Schlafen versucht. Zum Einschlafen das Mantra 'Warum kommen die guten Dinge immer erst weit nach Mitternacht?', und plötzlich war es schon wieder sieben, und klar kann man nach so Nächten nie ausschlafen.

Ansonsten ein Sonntag wie er im Buche steht. Gottseidank rum.


Donnerstag, 24. Dezember 2009

#159



Ein Gruß zur Weihnachtspause (sehr kurz), ich wünsch euch allen was (tolles, süßes, großes, kleines, wertvolles, gewünschtes!).

Habts warm,

eure Lu & Co.

funkspruch | © Lu um 13:20h | keine meldung | meldung machen?

Mittwoch, 23. Dezember 2009

#158

December 23, 1987

(...) Picked up Slash, his Girlfriend Sally, Steven Adler and Robbin and went to the Cathouse. Lots of coke, alcohol, pills .. I really don't remember much. At some point the usual blackouts. Then we went back to Slash's hotel to get some junk.
I was too wasted and let this cat shoot me up. I turned blue on the spot. This is, what they tell me.

Steven and Sally came in and try to revive me, I'm sure all the usual drama behind a junkie dying in your place happended at that point.

Sally McLaughlin: Guns had two suites at the Franklin. Slash was in one, Steven Adler was in the other. I came storming into our suite, furios, and Nikki said "Uh, we'd better leave them alone for a while". Nikki and Steven went to Steven's room with their dealer, and I started yelling at Slash, but he was to drunk to even argue back.

A few minutes later, there was a knock at the door. It was Nikki, looking dreadful, and he came in and just fell on the floor. I was thinking, Great, now i've got TWO drunks to deal with here, but then the dealer came in, took one look at Nikki, yelled "Nikki's dead!" and ran off. He literally jumped out of the window and over the balcony and ran off down the street.

Slash: Then the next thing Sally was screaming, because Nikki rolled up and blue in the corner.

Sally McLaughlin: Slash was paralytic and Nikki was turning blue. Steven helped me drag Nikki into the bathroom, then he ran off, so I was left on my own with Nikki. I tried to get Nikki into the shower to pour water on him, but then Slash came in, saw Nikki and started freaking out. Slash had a friend named Todd who had died of a heroin overdose a few months earlier, so he started yelling "Todd!" and smashing up the bathroom. -
I was screaming for for somebody who call 911, which they did, and said "Nikki Sixx is dead!"

Vince Neil: I got two phone calls saying Nikki was dead, one from the limo driver and one from our tour manager, Rich Fisher. Maybe deep down I knew it was going to happen one day, but it still tore me to pieces because I loved Nikki -
even though he was an arrogant selfish shit. I cried. And I never used to cry then.

Slash: Then the paramedics were there, but I was so drunk I'd passed out. -

Sally McLaughlin: The paramedics ripped off Nikki's T-shirt to give him the adrenaline, then whisked him off.-

Nikki: I came to in a hospital bed. There was a cop asking me questions, so I told him to go fuck himself. I ripped out my tubes and staggered in just my leather pants into the parking lot, where two teenage girls were sitting crying around a candle. They had heard on the radio that I was dead and looked kind of surprised to see me.

Karen Dumont: At 5:45 a.m. there was a knock at the door and I opened it to see Nikki standing there, shivering like crazy. He was missing his boots and shirt plus he was wearing what looked like a little girl's jacket that was so tight across his back that his shoulders were heaved up. He just said that he couldn't find his key.

The next day I went to get his boots and give Slash and the Guns a piece of my mind. Sally told me that the ambulance guys had been going to give up on Nikki but a couple of girls had hysterically begged them to try again, and that was wehen they had managed to bring him back.

---
Auszug aus dem Buch Heroin Diaries von Nikki Sixx.



Das ist auf den Tag 22 Jahre her, und ich freue mich heute wie mit 18, 19, dass der einzige 'Star', dessen Bild ich mir an den Badezimmerspiegel gepinnt habe, heute mit 51 mehr denn je rockt. Für dieses Lachen würde ich immer noch heiraten, hach!



Montag, 21. Dezember 2009

#157

Wintersonnenwende.
Wir haben sie hinter uns!

:D


Sonntag, 20. Dezember 2009

#156

Wo es draußen grad so schön schneestürmt, kann man drinnen seinen letzten dicken Pulli über die anderen fünf ziehen und Listen erstellen. Wer weiß ob es nicht die letzten Worte sind, die man der Nachwelt hinterlässt, und wer weiß, ob nicht in drei Wochen jemand einen Spaten auf meinen Schreibtisch knallt und ruft: Jungs, die Frau ist tiefgefroren, aber die Liste ist ganz frisch!

Hier also -und wieder fremdinspiriert- die Liste der

10 Dinge, Rubrik 'kulinarische Peinlichkeiten',
also Panties runter:

1. Ketchup

Ketchup ist ein sofort-Gier-Ding, das fing in meinen vegetarischen Zeiten an, wo Currywurst nicht mehr drin war, Ketchup diesen speziellen Appetit aber ganz gut in den Griff bekam. Und in den Rebellenjahren, wo man wenig Geld aber viel Engagement und Spass hatte, da gab es oft Brot mit Ketchup oder Nudeln mit Ketchup, oder Chips mit Ketchup.

Heute in Bio und Glas (Alnatura), und wenn, dann auf eine Scheibe Graubrot oder einen heimlichen Klacks in eine rote Sauce, die aus unerfindlichen Gründen nicht werden will.

2. Tütensuppen

Ich bin ja ein 3/4tel Schlüsselkind, und habe mittags meist mit Suppen gelebt. Meine Hauptnahrungsquelle war die Champignoncremesuppe von UNOX, wo man die Dose nur geöffnet bekommen musste, und dann diesen beigen Papp aus der Dose in den Topf, dann die Dose einmal mit Wasser auffüllen, zu dem Papp in den Topf, das erhitzen, bloß nicht kochen, dann ein Stück Butter und etwas Petersilie reinstreuen: fertig. Dazu gab es immer ein Gespensterheft, Geistergeschichten oder Biene Maja. Später John Sinclair.
Einfacher waren da die Tütensuppen (Gemüse mit Nudeln, Hersteller vergessen). Die musste man nur aufreissen, halber Liter Wasser dazu, gerne auch aufkochen, fertig.
Dazu o.g. Comics.
Irgendetwas muss es geben, zwischen Himmel und getrockneten Möhren- und Selleriestückchen, dass ich ab und an, meist in malader Lebenslage, zu einer 'Gemüsesuppe mit Nudeln' greife (heute von Alnatura), mir das alles hochkoche und noch einen kräftigen Schwung Nudeln reinkippe, und dann den ganzen halben Liter genussvoll runterschlinge.
Immerhin keine YumYum-Suppen.

3. Toastbrot ohne Rand

Gibt es in Frankreich zu kaufen und ist herrlich für Lachs- oder Gurkensandwiches. Kein Nährwert, reine Trägermasse.

4. Chips

Die sind jetzt vielleicht nicht wirklich peinlich, aber doch der Anti-Christ in Knistertüten, und deswegen sollten sie nicht unterwähnt bleiben, weil ich bei kaum etwas zwanghafter reagiere, als bei Kartoffelchips. In kurz:
Ist die Tüte erst im Haus, ist sie quasi schon weg. Und da ich ein geprägtes Kind bin, esse ich am liebsten Funny ungarisch, und lasse mich nur von handgetufteten mit frischem Pfeffer und durch jungfräuliches Olivenöl gezogenen vom Weg abbringen.
Einzige Vorsorge: Nicht ins Haus holen.

5. Fertigpizza

Einmal im Jahr, für 'wenn es schnell gehen soll' (haha). Danach der jährliche Schwur: Nie wieder!

6. Halbes Hähnchen

Jeder weiß, dass diese armen KZ-Hühnchen echt nur aus Elend und Fertiggewürzmischung bestehen. Dann gibt es diese Wagen, die irgendwo stehen und das ganze Viertel zur Mittagszeit mit Hähnchenduft fluten. Dann bekomme ich ganz schlimmen Hunger auf Hähnchen, und dann gibt es nur drei Möglichkeiten.
1. Die Zeit haben, ein glückliches totes Hähnchen zu kaufen und selbst zuzubereiten.
2. In diese eine Pommes Bude zwei Viertel weiter zu fahren, welches selbst würzt und stramme Wiesenhofhähnchen benutzt (immerhin).
3. Augen zu und Nase zu, und kein Hähnchen essen, nirgendwo. (Passiert in 97% aller Fälle)


7. in eine Cabanossi beissen

Für manchen Gerichte braucht es eine Cabanossi, oder eine Mettwurst, und ist dieses Ding im Hause, liegt im Kühlschrank und man macht ihn auf, hungrig irgendwie, dann denke ich 'nur ein kleines Ende, das fällt nicht auf', und dann muss man bis abends aus Gründen immer wieder mal an den Kühlschrank, und man denkt 'ach, nur noch ein kleiner Haps' und zumindest mir geht es so, dass ich ein wenig Selbstekel mitbringe, und am Abend sieht man dann, dass von der Wurst nur noch der andere Zipfel übrig ist, mit Wohlwollen kann man sagen, dass es ein Zipfel mit ein wenig Wurst dran ist, aber der Rest ...

8. geschnittener Gouda in einer 'Käseaufschnitt'-Packung

Ist gleichzusetzen mit geschnittenem Brot einer Supermarktkette. Macht man aber trotzdem.
(Dabei bin ich Käseliebhaberin.)

9. Drive in by Burger King

Zwei mal pro Jahr, mit den gleichen inbrünstigen Schwüren wie bei der Fertigpizza. Die Hände riechen trotz Obstseife noch Stunden danach nach 'Aromen'.

10. Kroket in Brodje

Wir sind ja nah an den Niederlanden dran, und ich habe keine Ahnung, aber kaum bin ich mitten im Holland, dann renne ich in die nächste Frittierhöhle, rufe 'Taach, een lecker Kroket in brodje', dann hau ich mir da noch den Senf aus diesem kleinen Plastikbeutelchen drauf (schreibt die Person, die immer mindestens 6 Senfsorten im Kühlschrank beherbergt), und dann wird das gegessen.
Das funktioniert am besten am Meer, und passiert demnach nicht so oft, als das ich es verteufeln müsste.
Holland ist Ausnahmeland, da ist Frittiermampf legalisiert.

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Um es Claudio nachzumachen hier noch meine absoluten No Go!- Dinge, Rubrik 'Nur über meine Leiche'

1. Fertigsalatsaucen
2. Mezzo Mix
3. Dönerteller
4. Scheiblettenkäse
5. Kötbullar
6. Alkopops
7. Mc Donalds
8. Miracoli
9. abgepackte Supermarktfrikadellen
10. Mikrowellenfertiggerichte

Via Anonyme Köche, mit Dank!


Freitag, 18. Dezember 2009

#155

Wer -wie ich- 'High Fidelity' Trailer gesehen hat (ungezählte Male übrigens), und diesen Film -wie ich- sehr doll liebt, der weiß wie wichtig Listen im Leben sind.
Und da ich 2009 (und 2008 auch, 2007 hab ich schon vergessen, von dem Rest will ich gar nicht erst anfangen) viel zu wenige Listen ausgefüllt, erstellt und wieder verworfen habe, fange ich jetzt zum Ende noch flugs damit an.

10er Listen. Die absolute Überforderung, also: herrlich!

Heute direkt eine, welche schon alle ausser mir ausgefüllt haben, und zwar

10 Dinge, die ich immer im Haus (Küche) auf Vorrat habe:

1. Haltbare Bio-Milch, 1,5% ,

weil ich erstens keine Kompromisse bei Milchprodukten eingehe, wenn ich sie schon wie ein unabgestilltes Riesenkalb konsumieren muss, also nicht auf Landliebe oder Weihenstephan reinfalle und das 4fache von unschicker Tetramilch zahle, um das Landfeeling zum Kaffee suggeriert zu bekommen, und zweitens keine Fettaugen auf meinem Morgenkaffee mag. Trinke ich Milch kalt und frisch, was nur in Sportzeiten mal heißhungrig vorkommt, dann Vollfettstufe und frisch wie es nur eben geht.

2. Brot, Bio oder ohne Zusätze von irgendwas,

was zum Beispiel KAMPS und Co. in seine Aufbackware kippt, damit sie ansatzweise lecker und knusprig duftet. Damit sie überhaupt duftet. Ich bin Bäckertochter, ich bekomme bei schlechtem Brot auf der Stelle ganz schlimme Laune und verhungere lieber, statt in abgepackte und vorgeschnittene Scheiben zu beissen.
Hingegen ein frisch gebackenes Roggen /Sauerteig /Baguette -Brot, nur mit guter Butter und einen auch Meersalz: ich würde dafür töten!
Aber ich bin ja auch Bäckertochter, ich darf das.

3. Tomaten,

weil ich sie für fast alles brauche, zumindest fühlt es sich so an. Eine Tomate passt immer, und wenn auch gar nichts mehr geht, ein Tomatenbrot oder eine Pasta mit ganz einfacher Tomatensauce, das ist Soulfood, das hält jeder Magen aus, das braucht jede Seele mal.
Müsste ich auf eine Insel und dürfte nur drei Dinge mitnehmen, seid euch sicher, dass eines davon eine Auswahl ganz vieler Tomatensorten in Samenform ist, damit ich immer die passende zur Hand habe.

4. Olivenöl,

muss zur Tomate und auch immer im Haushalt vorrätig sein. Ich mag Olivenöl in verschiedenen 'Stärken', je nachdem, wozu ich es benutze. Mindestens ein fruchtiges, leicht scharfes muss da sein (für frisches Essen wie Salat, oder zum tunken, oder über die Pasta, oder oder-) und eines, was milder ist und was sich gut zum braten eignet. Ich habe auch noch um die 6-10 anderen Öle, aber auf Olivenöl kann ich nicht verzichten.

5. Gemüse,

und zwar eine bunte Mischung was die Saison und die Region gerade hergibt. Sehr gerne grünes, was ich am liebsten nur gedünstet und dann mit etwas Olivenöl und Meersalz esse. Ich mag gerade bei Gemüse unverfälschten Geschmack, der durch Öl und Salz ergänzt und noch etwas hervorgehoben wird. Köstlich.

6. Pasta,

mindestens eine Packung, meist sind es um die fünf. Bavette, Orecchiette, Spaghetti, Canelloni, Tagliatelle. Reicht.

7. frische Kräuter, Knoblauch & Zwiebeln

weil sie einfach köstlich sind und jedem Essen noch einmal einen drauf setzen, geschmacklich. Also fast jedem Essen.
Im Sommer hab ich den Garten randvoll, im Winter päppel ich die Supermarktkollegen bis zum finalen Untergang, und entschuldige mich bei jedem Blattraub.

8. Kaffee,

das natürlichste Antidepressivum der Welt, und das schönste, was ich mir morgens doppelstöckig zubereite.
Leider sind wir ein wenig faul geworden und benutzen eine Senseo, wo wir früher immer handgebrüht haben, und irgendwie mehrere Sorten Kaffee zur Auswahl hatten. Heute nur sehr stark und kräftig pour moi, und mild für den Mann.

9. Frischkäse,

weil ich nicht so der Wursttyp bin, und morgens Probleme mit Aas auf der Stulle habe. Und auf Frischkäse geht alles, also die Tomate, ein Endstück der Gurke das noch weg muss, Paprika, frisch gemahlener Pfeffer, Ananas, alles. Toll.

10. Wein,

zählt für mich mit zu den Grundnahrungsmitteln und fehlt sehr selten bei einem Essen (ab 18 Uhr). Ohne eine gewisse Auswahl im Keller bin ich nicht 100%ig zufrieden und schaffe Nachschub ran.

via Esskultur, die den Stein ins Rollen brachte. Falls wer noch nicht hat, jetzt aber macht, hinterlasst einen Zettel in den Kommentaren, ich finde die Liste spannend.
(Und später folgt die böse Schwester der obigen!)


Donnerstag, 17. Dezember 2009

#154

Und dann standen wir in eisiger Kälte mitten im Herzen von Düsseldorf. Um uns herum touristisches Weihnachtsgetümmel, und meine Mutter so "Lass uns zu Deinem Lieblinsgrestaurant hier gehen."
Singende Kellner, haarsträubende Geschichten erzählende Kellner, ein immer besorgt dreinschauender Chef und Feuerpfannen schwenkende Köche = meine 1. Adresse in der Düsseldorfer Innenstadt, wo man leicht kulinarische Großfehler begehen kann, kennt man sich nicht aus.

Nach zwei Glas Wein finde ich meine Mutter fast charmant, erkenne ein, zwei Wurzeln und kann mir sogar relativ gelassen und ohne Gegenwehr Geschichten von früher anhören, denen ich als Kind meiner Eltern natürlich beigewohnt habe, was meine Mutter aber gern außen vor lässt.
Ich sag dann, Mutter, ich war sechs und habe mit euch zusammen gewohnt, und meine Mutter dann immer, Kind, Du warst doch noch so klein, kannst Du Dich da etwa dran erinnern, und ich dann, natürlich, ich war in der Schule, und die Sachen soll man ja auch behalten, und so weiter.

Jedenfalls ging es darum, dass wir (also unsere kleine Familie) ja immer sehr harmonische Weihnachten hatten, herrlich mit Schnee und alles schön, und ich dann so Blutgrätsche, verbal, aber Mutter ('warum hast Du so lange Zähne?'), Heiligabend war immer der Garant für DEN Familienkrach des Jahres, erinnerst Du Dich nicht mehr daran? Und meine Mutter tatsächlich völlig arglos, alles verdrängt, und da muss ich mich nicht wundern, dass sie tatsächlich nicht versteht, was zwischen meiner Kindheit und unserem Verhältnis jetzt, aber nun gut - der Kellner schenkt nach, und wir prosten dem eng an uns sitzendem Pärchen zu, die den ersten Gang Pasta mit geschlossenen Augen genießen, und ich gerate mit dem Herren über seinen dunklen Wein ins faseln, und plötzlich, es ist erst eine halbe Stunde und ein paar Biscotti später, da hängt meine Mutter in Höchstform und völlig charmant dem Mann am Arm und ich unterhalte mich mit seiner Frau und sage, was treibt sie ins Düsseldorf?
Da erzählt sie, dass sie geteilt leben würden, ein halbes Jahr in Südtirol, die andere Hälfte in Düsseldorf, und ich 'warum denn das?' und sie, das wäre nur ihr verstorbener Mann Schuld, eigentlich.
Der sei vor acht Jahren gegangen, also komplett, und sie beide wären zu Lebzeiten immer in Südtirol zum wandern gewesen, und er wäre so gern in diesem einen Tal beerdigt, und sie also mit seiner Asche und plötzlich ratlos, weil wohin nun mit dem kostbaren Gut? Da hätte sie ihn getroffen, ein Ortskenner, ein Senn, der mit Äpfeln und allerlei handelt. Und er hätte mit ihr und der Asche dann den perfekten Platz für ihren verstorbenen Mann gefunden, und dann, nun ja, das Leben sei halt so, dann hätten beide das Herzklopfen gemerkt, und seitdem sind acht Jahre vergangen und sie glücklich hoch zehn.
Ich hing derweil hin und weg an meinem schweren Rotwein, meine Mutter an dem Senn, und uns allen war warm und zufrieden. Selbst der Kellner setzte zu neuem Gesang an, und ich konnte ihn nur mit strengen Blicken wieder ruhig stellen.

Am Ende scheint alles eine Laune des Schicksals und eine Sache mit Wein zu sein, wie sich die Menschheit amüsiert und versteht. Wir verlassen zu viert die Szenerie, wünschen uns ein schönes Leben und die nächsten Gäste setzen sich an die engen Tische, und wer weiß, welche Geschichten diese gerade jetzt vertauschen.