Dienstag, 21. Februar 2006

auszug.

"Solange die Liebe jung ist, hat sie den Charakter einer Freistätte. Nie wieder wird man so viele Chancen erhalten und auch wahrnehmen, das Spiel ehrlich zu spielen, mit möglichst wenig hinter dem Berg zu halten und sich dem, in den man verliebt ist, bekannt zu machen, wie in diesen ersten Monaten. Man riskiert es, die Wahrheit zu sagen, weil man vielleicht denkt, daß man noch nicht so viel zu verlieren hat, weil man sich vielleicht sicher ist, daß es diesmal nur klappen wird, wenn man mit offenen Karten spielt, wenn man es nicht so macht wie gewöhnlich."

( Connie Palmen, I.M. )


ev.krankenhaus

Zwei Eindrücke, beide unklar.

Bettenzentrale



Auswahl



leben verzögert wegen starrhals.

Alles dauert, alles schmerzt, eine knallharte Blockade.
C4/5+6 sinds, die Halswirbel rufen "Protest", ich kann bezeichnenderweise nur nach links gucken, und schlage mich seit gestern damit durch das Leben. Ausserdem. Es schüttet, ich vergass den Schal, fror erbärmlich im Gegenwind und die Suppe versalzte ich obendrein.
Das war mal ein Montag, über den man sonst nur schreibt, mit dem man kokettiert, der aber so an sich gar nicht wahr oder ist.
Aber gestern wie heute, obwohl gestern schlimm, heute etwas minder, dieser Schmerz der mich um 6:08 aus dem Schlaf brachte, der war wie das aktuelle Tageshoroskop. Man wacht auf und kann sich nicht mehr drehen, wie bitte soll so ein Montag gehen ? Kein Sport, Kälte, eingeschränktes Blickfeld, die Arbeit kaum zu ertragen und auf die Frage, ob man für die Kollegin einspringen könnte, Ende der Woche, einfach nur nicken, und "scheiße!" denken. Noch weniger Zeit.
"Where is my mind?" Die Pixies wissen, wovon sie singen.
Nach sechs am Abend habe ich zwei Hände am Kopf, und atme nach Anweisung, drehe den Kopf weiter nach rechts, Stück für Stück, atme, drücke, drehe.
"Du hast nie so schlechte Laune wie heute." bemerkt der Mediziner, und ich gucke mürrisch.
"Normalerweise Du lachst immer, aber ich sag Dir ... so eine Energieblockade im Kopf macht Scheisslaune, richtige Scheisslaune."
Recht hat er, und kaum zu Hause mache ich mich an die Eigentherapie, Käsebrot und Rotwein. Nach fünfzehn Minuten immer noch Scheisslaune, und ich füttere das Leaderfellchen mit reifem französischen Käse. Das Leaderfellchen hatte Superlaune und Naturrindeatem.
Noch drei Tage bis Paris.
Um zehn im Bett, ungeduscht und mit Buch UND Scheisslaune, weil ich nicht liegen konnte.

Ein Hoch auf Blockaden, egal wo sie stecken.
Heute wird alles gut.

( Rubrik : Haha! )

(( Musikempfehlung zum Text : die Pixies + Interpol ))


Montag, 20. Februar 2006

kochlatein, heute :

"Grundbums"

- Richtig Grundbums haben-
- Einen Grundbums hineinbringen-
- Der Grundbums fehlt bei dieser Sauce ganz-
- Für einen soliden Grundbums braucht man Kräuter-

Leider übernimmt Hirn solche Wörter manchmal
einfach so, ohne Rücksprache mit dem Rest von mir.
Grundbums. Nun auch in dieser Kombüse.



Ein Hof, 2000 Stück Lebendgeflügel, Zuchtgefieder.
Gänse, Enten, Hühner, schnattrige Geräuschkulisse.
Am Morgen beschließt der Bauer, seine komplette Zucht zu keulen, aus Vorsicht, nicht aus Muss, und er tut es zum Schutz der Rügener Bevölkerung.

Die Nachricht höre ich im Autoradio, und noch Stunden später frage ich mich, wie so etwas wohl ist.
Man steht am Morgen auf, entschließt sich, frühstückt und geht dann an die Arbeit. Am Ende des Tages absolute Stille auf dem Hof, man isst zu Abend und hat 2000 Lebewesen getötet.
Der Versuch, sich in andere Leben hineinzufühlen, manchmal misslingt er, fühlt sich wie chemisch erzeugtes Aroma an, passt nicht über einen, ist fremd.


Sonntag, 19. Februar 2006

20:32 p.m, schwerer ausnahmefehler ( alles blau )

Was man nie tun sollte, bei einem Wein-lastigen Abendessen mit Nudeln: alte Geschichten aus der Truhe holen, die mit "Also ich konnt ja früher kiffen wie Hölle und als Samstags bla und wenn bla dann hatter aber blllöpp und etc.", weil irgendwann kann der Satz "Sag mal, wie ur-alt ist eigentlich das Gras in der Dose bei den Gewürzen ?" fallen, und auf den Satz der Arm, der nach oben greift, und haha, da ist tatsächlich noch das Tütchen mit der Aufschrift Katchou, und zwei Nasen versenken sich in etwas, was mal Gras gewesen sein könnte, hättewärewenn, und dann er so: "Das ist nicht mehr gut." und ich : "Das riecht wie ein altes Rauchertaxi." und dann er so : "Ich könnts ja mal antesten...", und knappe drei Minuten nach Anschneiden des Themas sitzt ein laut gackernder Kerl am Tisch, dem eine imaginäre Bowlingkugel einmal laut scheppernd durch die komplette Hirnrinde saust.
Mir blieb nur noch ein "Dann bekomm ich aber den Rest vom Wein!" zu sagen.

Und die Moral von der Geschicht' : zieh am alten Gras man nicht.

[ Schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, wenn Sie Dr. Bob sagen hören : "Frau Lu, haben SIE nicht damals auf der Schultoilette Glühweintee geraucht ?" ]


Freitag, 17. Februar 2006

niederlande.



kaffeesatz.

Ich sitze an dieser sehr großen, sehr sauberen Fensterfront und denke, dass das so ein Moment ist, wo etwas mit einem passiert. Das Glas Milchkaffee etwas unsicher in der linken Hand verharre ich mitten in der Bewegung, drehe mich leicht verunsichert um, sehe nach, ob tatsächlich etwas passiert. Das um mich herum plappert, raucht, fröhnt dem Koffein, ist in Gruppen oder allein, mit Laptop weil WLAN, mit leerem Hamsterkäfig, und die Frau in BOSS isst einen Salat. Ich blicke wieder aus der Fensterfront und sitze weiter, sitze es aus, warte und bin.
Nichts passiert.
Vor mir, auf der anderen Seite des Glases, eine Frau mit Hund, der sich mit seiner Verstopfung müht. Sie sieht ihm mit zusammengepressten Lippen zu, er mich an, und ich denke in sein Dilemma, das ich so auch nicht könnte. Sie gehen weiter, der Hund stakst ein wenig, rechts um die Ecke noch, dann sind sie aus meinem Blickfeld. Sollte das ein Zeichen sein, dann verschwand es unentschlüsselt.
Ich sass also weiter, als der Regen kam. Später wir jemand sagen, das war der "große Regen", ich fand ihn nur plästernd, aber schön.
Mir ging es ja auch gut, das Puddingteilchen für 50 Cent brauchte einen Blick und zwei Bisse, dann war es weg, der Kaffee noch lau, dafür ein Buch in Aussicht. Mittagsdinge.
Draussen also der große Regen. Menschen tun sämtliche Dinge, sobald Wasser auf sie zukommt, wobei die Richtung egal ist.
Diese jetzt spannten Schirme auf und stülpten Kopfbedeckungen über, und ich musste an meine frühere Nachbarin Frau Lenarts denken, die für solche Fälle immer eine geknautschte Einkaufstüte aus Plastik in der Handtasche hatte, man wisse ja nie, und wenn sie genau das sagte, dann kam ein Hauch von Mentos und eine Ahnung von Unwetter mit.
Frau Lenarts. Auch schon weg.

Als der Hamsterkäfig an mir vorbeigetragen wird, ziehe ich meine Jacke an und verstecke mich im Kapuzeninnern. Dieses Gefühl des Momentes wo man denkt, da passiert was, das habe ich dabei, als ich um die Ecke ich in einen Hundehaufen trete. Freude für ihn, das wäre er dann los, Glück für mich, das soll es ja bringen.

logbuch | © Lu um 12:35h | keine meldung | meldung machen?

opfer.

6 Höckerschwäne
3 Singschwäne
1 Gans

Der Anfang des Rügendesasters. Es folgt ein Drama, 2. Akt der Aufführung :
" Oh, wie unfähig stehen wir alle im Regen und rufen laut Ach "

"Ich gehe davon aus."

( Horst Seehofer, 15.02.2006 )


Mittwoch, 15. Februar 2006

i ♥ dandave.mov

Wer wissen möchte, wie man die Lu morgens noch vor zehn dazu bekommt, derbstes Hamburg-Fernweh, Holstendurst und Dialektgrinsen zu entwickeln, der sollte dieses Bild pressen und wie ich, in den endlosen Tiefen meines Plümmos, dem Heidenspass fröhnen.



i ♥ HH.
i ♥ MC4WD.
i ♥ Dynaluther & Daniel


sperrt das federtier hinter schwere türen,

der gau geht um.

H5N1. Auf Rügen liegen im Morgengrauen zwei tote Schwanenleiber sehr leise und weiß auf dem Eis. Kein Mucks mehr, flattern war gestern. Sie liegen dort schon seit Tagen so tot, und sie werden weder geborgen, noch umzäunt.
Horst Seehofer spricht von der rasanten Geschwindigkeit der Verbreitung, wir warten ja schließlich schon seit sechs Monaten, da kommt so ein Wildschwansterben natürlich wie aus dem heiterem Himmel gefallen.
Apropos gefallen : der Rest der Rügener Schwäne um die Wittower Fähre schwächelt arg, taumelt hier und ort ein wenig auf dem Eis, und die nicht gezogene Sperrzone betrifft einzig das Zuchtgeflügel, bei dem Rest hofft Seehofer und stottert im Interview. Man geht davon aus..., und man ahnt, da passiert mal wieder nichts richtiges.
In ein paar Tagen wird man dann wieder die Biler sehen, wie Millionen von Tieren umgebracht werden, aus Vorsicht vor.
Und in Rügen liegen die toten Schwäne auf dem Eis. Seit Tagen.
Seehofer sagt, nicht anfassen, die Bevölkerung soll die Tiere nicht anfassen.
Unfassbar.


( Das Wetter wird Ihnen präsentiert von Grippostat C. Wir schalten zu Ben Wettervogel. )


Dienstag, 14. Februar 2006

aktuell:

akute antriebsschwäche.
alles auf den letzten drücker.
zB. jetzt. schnell-verwandlung von wildem bett-feger aka
the schlafanzugtrauma zu schicker arbeitskraft in
williger verbindung zu wohnungssuchend 1a-mieterin.
und das in 23 minuten.
aus zeitmangel jetzt alles wieder in klein getippt.
( herrlich!)

(( wie früher))

anstrengend. rückwärts ginge dann schneller.

[rubrik : liebes tagebuch.]

ps: ich besitze natürlich keinen einzigen schlafanzug, aber das wort passte genau in das gefühl, und wie man so eine wilde mischung aus klamotten für zum schlafen nennt, das weiß ich bis heute nicht.


wattewelten!

Innovative Frauen am Vormittag

fischmarkt | © Lu um 14:07h | keine meldung | meldung machen?

Montag, 13. Februar 2006


Ein Hauch von Frühling, der lag heut über allem.

( Und wer den Mond hat aufschnellen sehn', der ist wie ich jetzt gründlichst verhext. Gi/gan/tisch! Aber wem sag ichs.)


m. wie männer

12:45 p.m. - Tauschgeschäfte am Telefon

er so: "Wenn du nen Ring bekommst, krieg ich n Kind."

20:03 p.m. - Körbe wie Fehlermeldungen

er auf leicht angesäuselten balzspruch meinerseits :

"Dafür hab ich jetzt keinen Verwendungszweck."

( Rubrik: Sprüche, die mein PC als Fehlermeldung nützen könnt'. )

latrinen-talk | © Lu um 21:06h | keine meldung | meldung machen?

lektionen in u & j

Zwei Jungs zwischen zehn und elf Jahren sitzen im Bus in der letzten Reihe. Der eine, ich nenne ihn mal den Prahler, hämmert permanent mit der rechten Faust gegen die Scheibe zu seiner linken.Während er das tut prahlt er in einem durch, nur zwischendurch schnappt er nach Luft. Die ganze Schule, bis auf ein paar Fraggles, sagt er, sei mit ihm befreundet, alle fänden ihn total geil, und neulich, da in Wersten, da hätte er mit der Faust eine ganze Scheibe eingeschlagen, so Bamm!, so Baff! und Bamm!, weißte ? rief er dem zweiten, ich nenne ihn mal den Anhänger, so laut zu, dass es der ganze Bus hören konnte. Ich vor allem, ich sass nämlich genau vor den beiden, und genau vor dem Anhänger, der statt mit der Faust gegen die Scheibe zu schlagen mit dem Fuss vor den Sitzrücken trat, rhythmisch und stumpf.
Ich dachte an die neue TAG-Tat der zwei Allergeilsten, und das so eine kurze Busfahrt zum Marktplatz sogar Potential enthalten könnte, als der Bus eine Haltestelle anfuhr und genau neben dem Berber zu stehen kam, der da immer sitzt und trübselig guckt. Ich finde, er hat da jeglichen Grund zu, ich würde ebenso trübselig gucken, müsste ich den ganzen kalten Tag neben der Filiale einer Commerzbank sitzen, aber das war in der Sekunde egal, weil die beiden Monster in Label-Wear hatten den Berber entdeckt und kläfften direkt los.
„Ey, da sitzt Dein Vatter, Alter.“ der Prahler.
„Neee, Dein Vatter, ey.“ kommt es direkt vom Anhänger.
usw.
Die beiden johlen, toben, hämmern gegen die Scheibe, und der Berber guckte noch etwas trübseliger und in alle anderen Richtungen, nur um Ruhe zu haben. Die beiden gaben noch mehr Gas, riefen was von „geh arbeiten“ und als ich mir gerade überlegte, ob ich Bock auf Kleinkrieg mit Pubertätsmonstern hätte, rief der Prahler „bei Hitler wär der …“
Weiter kam der dann nicht, weil ich mich umdrehte und ihn mit einem „Sag mal, bringen eure Eltern euch eigentlich nur noch Scheiße bei?“ aus dem Konzept brachte, was er sicherlich auch ein bißchen von seinem Vater kopiert hatte, aber auf so Feinheiten konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen, ich musste die nächste raus und hatte jetzt Ärger am Hintern.
„Ey …“ kams vom Anhänger, der heischend zum Prahler rübersah.
„Ey, was wills DU denn?“
Du, Du, wenn ich das schön höre. Ich hab in dem Alter noch jeden gesiezt, der ab zwei Centimeter größer war als ich, immerhin. Oder wenigstens.
Ich hatte schlimmeres erwartet, so die klassische Schimpftirade mit allen knackigen Buzzwords, welche die Lütten dank intakter Familienzwiste so drauf haben. Statt dessen mangelhafter Satzbau und Türken-Deutsch, also 3er-BMW-Türken-Deutsch mit HipHop-Singsang, mit einem kleinen Haken, und das fand ich das Delikate :
die beiden waren klein, blond und blauäugig. Soll heißen, die sprechen jetzt auch so, das setzt sich als Trend durch, das ist Bushido-Sprech.
Egal, wir pflaumten uns noch ein bißchen an, der Prahler musste zu seinem Leidwesen an der selben Haltestelle raus wie ich, und was stand dort ? Sein Papa. Mit Listenhund, Knastträne und der kleinen Schwester, die trotz höchstens vier Lebensjahre schon einen echt prolligen Nasenhochzieher drauf hatte. Ich tat noch so, als ginge ich Richtung Papa, damit der Prahler ein paar Sekunden in Ungewissheit strauchelte, und drehte dann ab Richtung Post-Filiale.

Vor mir in der Schlange ein Junger Mann mit DJ-Ötzi Look. Kaum stand ich hinter ihm, roch er irgendeine Art von Lunte und sog ganz viel Luft ein, so dass er sein Volumen quasi verdoppelte. Aus DJ-Ötzi wurde Superötzi, und ich biss mir auf die Zunge.
„Ey, dauert lange, nä?“ sprach es mich an.
„Kommt drauf an, wie lange man noch so hat.“ ich zurück. Dabei kniff ich die Augen etwas komisch zusammen, zwei mal
um genau zu sein, und danach hatte ich Ruhe und er wieder seinen normalen Umfang. Die Einfachen sind einfach in die Flucht zu schlagen.
Als ich und mein DIN-A-4 Umschlag endlich dran waren, meinte die Postfachangestellte „Viereurofuffzich“ und dippte schon die Briefmarke in Wasser. Ich so „Wie Bitte? Das ist doch kein Paket, das ist eine Zeitung, und die geht nach Frankreich.“ Sie, erhaben und angriffslustig „Eben. Un nach Frankreisch is eben teua.“
„Da kann ich ja fast selber zum Atlantik und das persönlich …“ denke ich eher laut, und sie, noch während ich raus gehe „Dat will ich dann aba sehn, Sie, für viereurofuzzich nach Frankreich.“

Zwei Minuten später, meine Viereurofuffzich landeten sicher grad im Container bei den anderen Eurogräbern, die von hier ins wirklich weit weit ferne Frankreich reisen, stehe ich am Geflügelstand des Elleraner Marktplatzes.
Ich hatte noch genau sechs Minuten, bis der Bus zurück kam. Sechs. Und dem Leaderfellchen das Versprechen und die Aussicht auf eine frische Putenunterkeule ins fellige Ohr gehaucht, neulich beim Tierarzt ( was ich an anderer Stelle unter „Kastrationsrache“ noch einmal festhalten möchte ), und so ein Katzenhirn vergisst nichts, was mit Futter zu tun hat. Fünf Minuten. Der knpp 120-jährige nette Herr neben mir empört sich über die komischen Preise, die Verkäuferin starrt es stoisch aus, die Hände in die mit einer blutverschmieren Plastikschürze umhüllten Hüfte gestemmt.
„Dann nehm se halt die Flügel!“ blafft sie ihn an, und mir tut er leid, die Portemonnaies sind nun mal leer, und ganz sicher hat bis neulich noch seine Frau für ihn Entscheidung und Kochen abgenommen. Ich rücke näher und lächel ihn frisch an. „Hmmm“ sag ich, „mit so Flügelchen, da hat man ja auch viel mehr zu knabbern, die werden doch immer so schön knusprig.“
Kurze Stille, sein Kopf dreht sich zu mir und dann sagt er „Wie komm sie mir denn jetz?“
Ich dezent fassungslos. Ich kann immer gut mit den älteren und grad was Opis angeht, aber er scheint die Ausnahme zu
sein und er funkelt mich an. „Ich mein ja nur“ schwächel ich nach. Noch vier Minuten. Die Verkäuferin lacht.
Als ich gerade den Mund öffne um meinen Wunsch vorsichtig - das hier schien ja Kriegsland zu sein - und präzise zu äussern, da huscht von rechts der nächste Greis heran und ruft laut und deutlich „Sechs, sechs!“
Die Verkäuferin läßt mich mit einem „Momentchen“ stehen und zählt ihm sechs Eier ab, worauf er selig lächelt ihr vertraut ein paar Münzen in die Hand drückt.
Ich spiele derweil mit meiner geplatzten Hutschnur und schmolle.
Zwei Minuten und ein paar zerquetschte. „Was darfs denn sein?“ Ich schaue mich um, ob nicht noch irgendein Rentner mit gezückter Gehhilfe hinter mir steht, um mir eins überzubraten, aber es herrscht gähnende Leere.
„Ich hätt gern die Putenunterkeule für n Euro, bitte.“
„Eine?“
„Ja, bitte.“
„Wir ham auch Oberkeule.“
„Nein, ich möchte nur die Unterkeule, die reicht, ich koch die für meine Katzen aus.“
Könnte man messen, wie plötzlich Stimmung umschlagen kann, dann wäre das gefühlt von Herbst auf Eiszeit gewesen. Degradiere ich ihr Super-Landgeflügel zu Katzenfutter ab, na hörnsemal. Den Blick an mir vorbei gerichtet legt sie mir die Keule hin, ich schob verdutzt den Euro rüber, nahm meine Tüte und rannte los, weg von diesem Ort, der nach ganz anderen Gesetzen funktioniert als meine normale Welt.

Später am Abend dann, ich sitze wieder im Bus, wir kommen in mein Viertel. Zur Erklärung-
Hier in Düsseldorf funktioniert das mit dem Busfahren so: Man hat vorne beim Fahrer einzusteigen und sein Ticket zu zeigen, sonst geht nichts. Oft sieht man junge Mütter hinten ihren Kinderwagen reinbrasseln um dann rasant und hektisch nach vorne zu laufen, das Ticket schon zwischen den Zähnen, nur um nicht vom Fahrer via Lautsprecher durch den ganzen Bus angeblafft zu werden, wo bitte die Mitfahrerlaubnis sei. Das am Rande.
Der Bus hält also hier am Dreh-und Angelpunkt unseres kleinen, sozialen Brennpunktes. Ich sehe, wie der Fahrer kurz mit einem Jungen diskutiert, dieser dann rausgeht und beim Abfahren des Busses tobt und gegen die Haltestelle tritt.
Kurz darauf muss ich aussteigen, und gehe nach vorne zum Fahrer, irgendwie wurmte mich das mit dem Jungen.
Ich sage leicht scheinheilig „Was war denn mit dem Bengel eben los? Der war ja ganz schön sauer.“
„Der hatte zehn Cent zu wenig. Der musste draussen bleiben.“
„Wegen zehn Cent?“ Jetzt wurde ICH sauer.
„Ja, wir sind doch hier nicht bei Wünsch-Dir-Was. Da könnte ja jeder einfach so mitfahren und sich nen Preis ausdenken.“
„Guter Mann, da draussen ist es stockenfinster, wir haben halb acht am Abend und das ist nicht grad ne Gegend, wo man kleine Jungs stehen läßt, oder?“
„Was mischen Sie sich da eigentlich ein? Ich tu hier nur meinen Job.“

Das war ein würdiger Abschluss für diesen verqueren Tag, und ich dachte an die neue TAG-Tat der zwei Allergeilsten, und das so eine kurze Busfahrt sogar Potential enthalten könnte ...