Sonntag, 26. Februar 2012
Am Ende der Leine – Wir lernen Hund / 2.
"Und, wie waren die letzten zwei Wochen? Habt ihr alle eure Hunde schön ignoriert, den Namen sparsam verwendet und euch an die Chef-Rolle gewöhnt?" Betretenes Schweigen in der Runde, Leo pinkelt einem Maulwurf den Hügel platt.
Es ist Samstag Vormittag, und wir stehen allesamt wieder auf der geheimen Wiese zwischen den Orten. 7°, der Dunst liegt schwer auf unseren schlammigen Klamotten. Je länger wir nach der Einstiegsfrage mit unseren Füßen im Schlamm scharren, je mehr sinken wir in dem Modder ein. Innerlich drängt sich mir ein Bild auf, wie wir Menschen am Ende der Stunde nur noch mit den Mützen aus dem Boden gucken, und Leo uns alle aufs Dach pinkelt.
"Lu, fang Du doch mal an - warst Du richtig Chef und hast Deinen Leo anständig ignoriert?" reißt mich die Hundetrainerin aus meinem Spaß, und ich versuche so niedlich wie Leo zu gucken. "Naja, geht so. Also ja, schon. Aber nicht so ganz. Also so 60/40 würde ich sagen. 60 Chef, 40 albern mit dem Hund rumgemacht, wann immer er so süß geguckt hat wie --- jetzt?"
Die Trainerin grinst, sie hat Tölchen Leo von der ersten Stunde an durchschaut. Und uns. Egal, jetzt dürfen die anderen beichten. Die Frau mit den beiden französischen Bulldogen ("Giftspritzen, ich hap da pfümpf von, und näxsten Monat, da kommt noch ein Mops dazu.") meint, sie wär eh Chef, da hätte sich nichts dran geändert. Soso. Das Paar mit der ängstlichen Hündin Emmi aus dem Tierschutz wollen gerade anfangen, als die Nachzügler kommen, Vater, Sohn, zwei Airedale Terrier, 4 Monate, alles Rüden. Leo schäumt, kaum haben diese den Platz betreten. Welpenschutz ist eh quatsch, und vor Leo ist quasi jeder Rüde gleich. Die Trainerin redet ungerührt weiter, und wir versuchen mit zusammengekniffenen Augen und innerlich geweiteten Ohren, sie trotz Leos Wutausbruch zu verstehen.
Das nächste, was ich verstehe ist, dass ich in solchen Momenten die Radautöle wortlos kurz haltend im Kreis führen soll. Hund hat nämlich irgendwann mal gelernt, dass es ja super ist, andere in die Flucht zu bellen. Das diese anderen eh weitergegangen wären, weil es halt ihr Gassiweg oder was auch immer war, das weiß Leo ja nicht. Also hat Anbellen immer geklappt, und das unterbinde ich jetzt also, dass ich mit der schäumenden Rakete an der Leine flott spiralförmig durch den Schlick laufe, bis mir schwindelig wird. Aber hey, der Hund ist ruhig! Noch eine Ehrenrunde an den beiden neuen Rüden vorbei, sie glotzen, er schnuppert, und dann ist Ruhe in der Runde. Der Rest strotzt, wie toll sie Chefwochen hatten, die neuen wissen noch nichts von Chef sein, die wollen nur ihre Welpen anbeten, aber das wird denen auch noch vergehen.
Lernziel heute: Unsere Hunde sollen ihre Namen lernen.
Gut, nun wissen alle irgendwie ihre Namen, selbst die Airedale Gang hat einen Schimmer, dass sie gemeint sind, wenn gerufen wird, also geht es genau genommen darum, dass unsere Hunde, wenn sie ihren Namen hören, ihre volle Aufmerksamkeit UNS, ihren Chefs widmen, egal ob sie gerade pinkeln, einem Pferd hinterherrennen, einem Jogger, sich in Aas wälzen, oder mit dem Abendbrot abhauen.
Name (gerufen, nicht laut) = Aufmerksamkeit (gucken, nicht rennend)
Wir müssen erneut anfangen. Das kommt davon, wenn man so einen Macho mit Charme an der Leine hat, da wird selbst die Trainerin stellenweise weich.
Leo wird an die Schleppleine gelegt, 20 Meter sollten reichen. Trainerin lockt Leo und hat dabei getrocknetes Rinderleckerchen zur Hand. Leo hüpft begeistert hin, ich rufe laut und deutlich LEO, er guckt halb und rennt weiter. Klirr, Schelle werfen. Leo bremst, und guckt mich verdattert an. Ich schäume über vor Begeisterung, rufe FEIIIIIIN, rudere mit beiden Armen, torkel vor Freude, und immer wieder FEIIIIIN! Leo findet das gut. Rennt jetzt um mich herum und sackt das Leckerchen ein. Dann das ganze von vorn. Leo rufen. Wenn er guckt, mich zum Affen machen, FEIIIIN jubeln und Leckerchen in den Hund stecken. Guckt er nicht, Schelle klappern lassen, dann guckt er, dann weiter wie oben.
M. macht das auch, und dann wieder ich, und am Ende sind wir alle heillos in die Schleppleine gewickelt außer Atem und sammeln die Schellen ein. Das Gym kann man nach so Stunden offensichtlich ruhig mal ausfallen lassen.
Jetzt die anderen. Die französischen Bulldoggen kleben an ihrer Menschin wie Konrads Superkleister. Die sind ja noch verfressener als unser Schnops, unfassbar. Alles lacht sich schlapp, als die Trainerin versucht, diese zu locken. Die beiden denken sich offensichtlich, warum in die Ferne schweifen, ist das Gute doch so nah.
Die ängstliche Emmi darf nicht mit Schellen erschreckt werden, sie wird mit einer Packung Taschentücher erzogen. Die Airedales finden jeden und alles toll, und scheinen auf allen vier Ohren taub zu sein. Wir haben dennoch Spaß, weil wenn gestandene Kerle sich mit FEIIIIIN und rudernden Armen und Begeisterung mal richtig aus sich herauskehren sollen, dann ist das ein Schauspiel. Der Vater also immer, wenn der Hund ihn mal angeguckt hat so Super. Gut. Danke. Wir kichern. Die Trainerin macht ihm noch mal das FEIN-Spektakel vor, und er gibt sich sichtlich Mühe, fröhlich, motivierend und begeistert auf seinen Hund loszugehen. Und er dann so SUPA. TOLL. FEIN! Wir sehen ihn in seinem Goretex schwitzen. Sein Sohn ist da etwas lockerer, und altersgerecht - er ist so um die 17- rappt er mehr vor seinem Welpen, aber dieser findet ja eh alles spannend, also gut gemacht.
Nach einer Stunde im Schlick rennen und frieren bekommen wir unsere Hausaufgabe. Bis nächste Woche genau das mit unseren Hunden üben. Name lernen. Nächste Woche dann zeigen. Wir fangen alle an zu schwitzen, und ziehen von dannen.
Es ist Samstag Vormittag, und wir stehen allesamt wieder auf der geheimen Wiese zwischen den Orten. 7°, der Dunst liegt schwer auf unseren schlammigen Klamotten. Je länger wir nach der Einstiegsfrage mit unseren Füßen im Schlamm scharren, je mehr sinken wir in dem Modder ein. Innerlich drängt sich mir ein Bild auf, wie wir Menschen am Ende der Stunde nur noch mit den Mützen aus dem Boden gucken, und Leo uns alle aufs Dach pinkelt.
"Lu, fang Du doch mal an - warst Du richtig Chef und hast Deinen Leo anständig ignoriert?" reißt mich die Hundetrainerin aus meinem Spaß, und ich versuche so niedlich wie Leo zu gucken. "Naja, geht so. Also ja, schon. Aber nicht so ganz. Also so 60/40 würde ich sagen. 60 Chef, 40 albern mit dem Hund rumgemacht, wann immer er so süß geguckt hat wie --- jetzt?"
Die Trainerin grinst, sie hat Tölchen Leo von der ersten Stunde an durchschaut. Und uns. Egal, jetzt dürfen die anderen beichten. Die Frau mit den beiden französischen Bulldogen ("Giftspritzen, ich hap da pfümpf von, und näxsten Monat, da kommt noch ein Mops dazu.") meint, sie wär eh Chef, da hätte sich nichts dran geändert. Soso. Das Paar mit der ängstlichen Hündin Emmi aus dem Tierschutz wollen gerade anfangen, als die Nachzügler kommen, Vater, Sohn, zwei Airedale Terrier, 4 Monate, alles Rüden. Leo schäumt, kaum haben diese den Platz betreten. Welpenschutz ist eh quatsch, und vor Leo ist quasi jeder Rüde gleich. Die Trainerin redet ungerührt weiter, und wir versuchen mit zusammengekniffenen Augen und innerlich geweiteten Ohren, sie trotz Leos Wutausbruch zu verstehen.
Das nächste, was ich verstehe ist, dass ich in solchen Momenten die Radautöle wortlos kurz haltend im Kreis führen soll. Hund hat nämlich irgendwann mal gelernt, dass es ja super ist, andere in die Flucht zu bellen. Das diese anderen eh weitergegangen wären, weil es halt ihr Gassiweg oder was auch immer war, das weiß Leo ja nicht. Also hat Anbellen immer geklappt, und das unterbinde ich jetzt also, dass ich mit der schäumenden Rakete an der Leine flott spiralförmig durch den Schlick laufe, bis mir schwindelig wird. Aber hey, der Hund ist ruhig! Noch eine Ehrenrunde an den beiden neuen Rüden vorbei, sie glotzen, er schnuppert, und dann ist Ruhe in der Runde. Der Rest strotzt, wie toll sie Chefwochen hatten, die neuen wissen noch nichts von Chef sein, die wollen nur ihre Welpen anbeten, aber das wird denen auch noch vergehen.
Lernziel heute: Unsere Hunde sollen ihre Namen lernen.
Gut, nun wissen alle irgendwie ihre Namen, selbst die Airedale Gang hat einen Schimmer, dass sie gemeint sind, wenn gerufen wird, also geht es genau genommen darum, dass unsere Hunde, wenn sie ihren Namen hören, ihre volle Aufmerksamkeit UNS, ihren Chefs widmen, egal ob sie gerade pinkeln, einem Pferd hinterherrennen, einem Jogger, sich in Aas wälzen, oder mit dem Abendbrot abhauen.
Name (gerufen, nicht laut) = Aufmerksamkeit (gucken, nicht rennend)
Wir müssen erneut anfangen. Das kommt davon, wenn man so einen Macho mit Charme an der Leine hat, da wird selbst die Trainerin stellenweise weich.
Leo wird an die Schleppleine gelegt, 20 Meter sollten reichen. Trainerin lockt Leo und hat dabei getrocknetes Rinderleckerchen zur Hand. Leo hüpft begeistert hin, ich rufe laut und deutlich LEO, er guckt halb und rennt weiter. Klirr, Schelle werfen. Leo bremst, und guckt mich verdattert an. Ich schäume über vor Begeisterung, rufe FEIIIIIIN, rudere mit beiden Armen, torkel vor Freude, und immer wieder FEIIIIIN! Leo findet das gut. Rennt jetzt um mich herum und sackt das Leckerchen ein. Dann das ganze von vorn. Leo rufen. Wenn er guckt, mich zum Affen machen, FEIIIIN jubeln und Leckerchen in den Hund stecken. Guckt er nicht, Schelle klappern lassen, dann guckt er, dann weiter wie oben.
M. macht das auch, und dann wieder ich, und am Ende sind wir alle heillos in die Schleppleine gewickelt außer Atem und sammeln die Schellen ein. Das Gym kann man nach so Stunden offensichtlich ruhig mal ausfallen lassen.
Jetzt die anderen. Die französischen Bulldoggen kleben an ihrer Menschin wie Konrads Superkleister. Die sind ja noch verfressener als unser Schnops, unfassbar. Alles lacht sich schlapp, als die Trainerin versucht, diese zu locken. Die beiden denken sich offensichtlich, warum in die Ferne schweifen, ist das Gute doch so nah.
Die ängstliche Emmi darf nicht mit Schellen erschreckt werden, sie wird mit einer Packung Taschentücher erzogen. Die Airedales finden jeden und alles toll, und scheinen auf allen vier Ohren taub zu sein. Wir haben dennoch Spaß, weil wenn gestandene Kerle sich mit FEIIIIIN und rudernden Armen und Begeisterung mal richtig aus sich herauskehren sollen, dann ist das ein Schauspiel. Der Vater also immer, wenn der Hund ihn mal angeguckt hat so Super. Gut. Danke. Wir kichern. Die Trainerin macht ihm noch mal das FEIN-Spektakel vor, und er gibt sich sichtlich Mühe, fröhlich, motivierend und begeistert auf seinen Hund loszugehen. Und er dann so SUPA. TOLL. FEIN! Wir sehen ihn in seinem Goretex schwitzen. Sein Sohn ist da etwas lockerer, und altersgerecht - er ist so um die 17- rappt er mehr vor seinem Welpen, aber dieser findet ja eh alles spannend, also gut gemacht.
Nach einer Stunde im Schlick rennen und frieren bekommen wir unsere Hausaufgabe. Bis nächste Woche genau das mit unseren Hunden üben. Name lernen. Nächste Woche dann zeigen. Wir fangen alle an zu schwitzen, und ziehen von dannen.
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