Sonntag, 12. Februar 2012

Am Ende der Leine – Wir lernen Hund / 1.

"Und am besten, ihr legt euch alle ein Tagebuch an, damit ihr immer nachlesen könnt, was zu tun ist. Das wird irgendwann ein bisschen mehr, und ihr wollt den Kurs ja nicht mehrfach belegen, oder?"

Wir, das war eine wohl ausgesuchte Gruppe von Hunden und ihren Haltern, ausgewählt nach dem 'Wer-könnte-mit-wem-und-kann-noch-nix' –Prinzip, ergo keine Rüden im Rudel, damit unser Tölchen Leo nicht überkocht. Wir, das sind drei Rudel Menschen mit Hund, die Samstags um zwölf auf einer sonnigen, einsamen Wiese mit Parkplatzanschluss stehen. Die Rudelführerin ist Hundetrainerin, und ihre Assistentin mir netterweise schon durch zig gemeinsame Gassikilometer bekannt.

Beide lächeln sich diebisch durch die jungfräulichen ersten sechzig Minuten, weil das sind die, wo von den Haltern erzählt, bzw. gebeichtet wird. Welcher Hund schläft im Bett, wer sagt an, wann eine passable Futterzeit für ihn ist, welcher Mensch springt direkt, und welcher lässt sich putzen. Wir befinden uns in Stunde 1 im Grundkurs. Wir lernen jetzt Hund, und zwar noch mal ganz von vorn. Leo steht derweil auf Anschlag neben uns und bellt in den Wald, weil da irgendwo im Radius von zwei Kilometern ein Hund läuft, einfach so.

Ein paar der geschätzten Leser werden jetzt die Stirn runzeln und denken, die waren doch schon längst. Und das ist richtig, aber da haben wir mehr Schadensbegrenzung mit Einzeltraining versucht, denn wenn man erst mal über ein Jahr so ein Radautölchen an der Seite schäumen hat, und schon sämtliche Ratschläge, Tipps und kiloschwere "Jetzt aber! - Durch den Hundemagen zur totalen Harmonie" Wälzer durchexerziert hat, dann hat man Straßenschläue erlangt. Und nimmt nicht mehr jedem Trainer das blaue vom Himmel ab. Und im Ernst: Wann immer das Tölchen sich aufregt, weil

a) ein Rüde
b) ein Kastrat
c) ein Hund –Geschlecht Wurst- mit komischer Frisur
d) ein läufiges Weibchen
e) ein Weibchen
f) ein Zwergschwein im Garten
g) ein Jack Russel
h) ein Mann, telefonierend

unseren Weg kreuzt, und ich ihm durchgehend in seinen Kläffpausen Leckerchen in den Schlund stopfe, damit er eine positive Bestärkung bekommt, und beim 1 Mio. Mal hat er es dann gerallt, dass es supi ist wenn wir einen potenten Jack Russel Rüden treffen, weil dann ist das Hühnchenbuffet eröffnet, dann: Nein! Schluss damit. Meine vor Hühnchenfett glänzenden Hosentaschen haben den Stoff auch voll, wir wollen Ruhe, Entspanntheit, wir wollen ZEN, und zwar mit Hund und ohne Huhn!

Der Entschluss steht fest, und es ist uns total egal, ob Leo schon SITZ kann, oder STEH, oder SCHNAUZEJETZT, der Hund hört nur, wenn er grad nichts besseres zu tun hat, und das liegt daran, dass wir nicht Chef genug sind.
Ab jetzt also Samstags in diesem Leben: Wir lernen Chef sein. Und auf Wunsch der Cheftrainerin führe ich jetzt Tagebuch, und wer schon Französisch und Wein mit mir gelernt hat, der kann jetzt direkt noch den Aufbaukurs für Hund mitlernen.
Ach so, Du hast keinen Hund?
Das macht nichts. Wenn ich im letzten Jahr eins gelernt habe, dann: Hundebücher sind 1:1 mit Beziehungsratgebern, man muss nur das Wort "Hund" durch "Mann/Frau/Partner" auswechseln und die Leckerchen der Herkunft anpassen.

In diesem Sinne: Ich wünsche uns allen viel Spaß, und dem Hund am Ende sein "Ohne-Leine"-Diplom.

02.08.2011