Montag, 10. August 2009

#109

Das war ja dann letzte Woche ein echt gelebter Geburtstag 2.0.
Wo früher der Weg zum Briefkasten spannend war, weil Päckchen, Angedachtes, Kekse und Karten im dunkeln auf einen warten könnten, geht das heute ja ganz anders, also im Prinzip eigentlich ohne Bewegung und auch ohne Treppenhäuser.
Aufwachen, weil der Mann leise aus dem Schlafzimmer flüchtet. So leise, wie das in einem 105 Jahre alten Haus nun mal eben geht, auf 105 Jahre alten Holzdielen und betagten wie Tonnenschweren Holztüren. Ich dann also auch wach, tue aber nicht so, sondern greife zum Mobilapparat, schalte von Flugzeug-auf Alltagsmodus und schon springen mich gelbe Briefchen an. Mitgeburtstagende, Vortagsgeburtstagende, N aus Italien und mein Gynäkologe hat sich auch wieder die Mühe gemacht.
Als ich im unteren Teil des Hauses einmarschiere, die Lippen geschürzt für Geburtstagsküsse, da stehe ich allein in weiter Flur. Nur die Fellchen gucken mich müde an, ich knutsche den alten Waschbärkater ab, weil der auch heute hat und 16 wird. Denke über Mundwasser für Felle nach, und frage mich, wo der Mann eigentlich ist.
Zur Feier des Tages schmeiße ich die flotte Oper "Turandot" an, als Platzhalter für mein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk, erlebt im Juno und so HACH!
Laptop an, und wundern. Spätestens an Geburtstagen melden sich sämtliche online-Dienste, bei denen man sich aus Gründen einmal angemeldet hat, und wünschen einem Gesundheit, Glück, es blinken Gifs und man bekommt auch direkt einen tollen Verkaufslink, man muss nur klicken -
Alte Schulkameraden schicken Ballons via diesem "Freundebleiben", auf Facebook hat er und sie was an die Pinnwand, ich lese mails und @s auf twitter, ein Ex-Chef schreibt via Xing, und noch ein paar andere, die mich 'auf twitter nicht erreichen'.
Achso.
Deckel zu, hoch ins Arbeitszimmer, wo ein knisternder Großumschlag aus Hamburg seit seinem frühen Eintreffen am Vortag von mir umrandet wird wie von einem Hai.
Immer noch Warten, wo bleibt nur der Mann? Knutsche einfach mit dem Geburtstagskater weiter und koche mit der freien Hand Kaffee, als ein Strauß Blumen sich durch die Tür kämpft. Seitlich hingen Brötchentüten und der Mann dran.
Hurra.
Die Brötchen sind kaum aus der Tüte, da reisse ich öffentlich im Garten alle Tüten auf, Hamburg, Manngeschenk, und achklar, die Brötchen.
Zwischendrin brummt das Mobiltelefon, weitere gelbe Briefchen, und ich freu mich über lustige Formulierungen und Katzengrüßen inklusive. Die Tür brummt auch, und es gibt ein Amazongeschenk von Screwtapes, wieder was aufreissen, toll. Am Ende sitze ich in einem Haufen Papier, mit Büchern, den tollsten Keksdingsern überhaupt, einer Kanufahrt und einem Kater, der grad die Butter frisst.
Wieder ein blinkendes Briefchen. Meine Mutter, die sich jetzt auch der neuen Wege bedient, und statt ihrer immer zu frühen Anrufe eine SMS vorschickt. Bin gerührt.

Als ich eine Stunde später in einem Zoo stehe und mich ein echter, persönlicher Anruf erreicht, als ich gerade Aug' in Aug' mit einem Silberrückengorillakerl stehe, da denke ich, dass der Sprung von haarigen Bäuchen zu 2.0 gar nicht mal so lange gebraucht hat.

6august2009

Danke für alle Glückwünsche!

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