Dienstag, 16. Oktober 2012

Reisenotizen Normandie September 2012 - Tag 5

Mittwoch, 12.09.2012

Langsam kann ich mir ein Leben als flotte Rentnerin in schönen Farben ausmalen. Morgens weckt mich der Hund, Kaffee, ausgiebig über das Wetter nachdenken, Gassi, Stulle mit Honig. Dann über einen Markt dem Mittagsschläfchen entgegen schlendern, kurz ans Meer setzen, da fast einschlafen, Gemüse kaufen, am Markt auf die Hand ein kühles Glas Rosé, nach Hause. Gemüse schlachten und Suppe kochen. Wundern, das schon wieder Mittag ist. Die Zeit vergeht herrlich langsam, aber doch überraschend. Suppe mit Käse, Restbaguette vom Frühstück oder Vortag, egal. Auf die Terrasse, Sonne, immer dasselbe Spiel. Nebenan gackern die Hühner, ich wickele mich fest in die Decke ein, die Suppe dampft aus, der Rosé ist als erster leer und lässt die Geschmacksknospen fröhlich in die Hände klatschen. Die Sonne kommt raus. Decke weg, Pulli aus, diese eine, kleine Wespe kommt wie auf Gongschlag und suppelt die winzigen Rosétropfen aus dem Glas weg. Jeden Mittag. Nenne sie Bukowski. Ich fluche lahm, dass ich in diesem hellen Licht doch mein Buch kaum erkennen kann und mampfe glücklich die Suppe weg. Bukowski fliegt Richtung Meer, halb schräg. Kaum ist er am Horizont verschwunden, werde ich bleiern müde, stelle auf dem Weg zur rettenden Couch den Teller in die Spüle, verspreche dem Hund was für den Nachmittag, Meer oder Wald, um dann auf der Stelle neben ihm wegzuschlafen. Jeden Tag. Irre.

Dieser Ort heute war wunderschön. Irgendwas mit Blumen im Namen, Veules les Roses, stimmt. So hieß das da. Muss ich mir dringend notieren, für die Immobiliengoogelei in Düsseldorf. Urlaub ist anders als früher, immer schwingt diese Suche nach dem Ort für die eigene Wurzel mit. Wo könnte es einem gefallen, wo würde man gerne leben. Der Ort heute war so eine Stelle auf dem Planeten, da könnte ich es mir vorstellen. Freundliche Ausstrahlung, das Meer vor der Tür, ein kleiner, wunderschöner Fluss der ganz viele Häuser streift, raue Klippen, helles Meer und der ganze Ort voll mit zarten Blumen an schönen Häusern. Schmusige Katzen, ein kleiner Markt mit einem hübschen Bauern der das schönste Gemüse verkauft und bei dem die ganzen Damen des Dorfes ruhig in der Schlange stehen und warten. Braucht man mehr? Nein. Ich denke das reicht.
Die See, ein Haus aus Steinen, ein petit Fluss und Gemüse für die Suppe – Basta!
Ach so, ich habe die Wolken vergessen. Die gibt es hier zu Hauf, ich glaube, die werden hier gemacht und dann auf die restliche Welt verteilt. Wunderschöne Wolken.
Hm, denke gerade an den 11.09. von 2001. Und das wir vor genau 3 Jahren in Kanada waren. Passt beides nicht, lieber weiter Wolken gucken.



Mit dem Tölchen bei voller Ebbe am Strand gewesen. Leine ab, wuooohh! Leo rannte wie er nur am Strand rennt, manchmal - gegen den Wind und mit viel Geduld, Spucke und Vollkörperzeichen, manchmal erhörte er mich und das HIIIIEEEERRR! (gerufen HIIIIAAAAAAHRRR!) und kam tatsächlich zurück. An einem Ort wie die Alabasterküste ist das nicht so schlimm wie auf unserer Gassirunde im Alltag, hier darf er das alles weil ungefährlich. Rechts Steilküste, Mitte Sand, links Meer. Auf dem Rückweg umgekehrt. Kaum Menschen, wenige Hunde, keine Kaninchen, läuft.
Am Ende hat er sich Schulter voran auf eine Krebsschale geschmissen, einen verklärten Blick bekommen und sich gewälzt. Urlaub, herrlich.

Man sollte viel mehr schreiben. Über schöne Wolken die aussehen wie dunkle Pudel. Über Gemüsebauern wo stille Frauenschlangen stehen. Über die laute Art der französischen Ente an sich. Über mannshohe Wellen und knietiefe Flüsse, wo Steine Frisuren aus Algen tragen. Über Beziehungen, die Urlaube überstehen, über Katzen in Wäldern und generell. Man sollte viel mehr erzählen.
Mittwoch, 12.09.2012 21Uhr53, Dings sur Mer.


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Rentner müßte man sein ...
... aber bis dahin dauert es noch knapp 15 Jahre *seufz*. Und noch einmal seufz, denn Französisch ist eine Sprache, die sich mir so gar nicht erschließen mag (sagt einer, der beim Tanken an französischen SB-Tankstellen stets darau achten muß, Zapfsäule eins bis fünf zu benutzen, um an der Kasse nicht mal "Zapfsäule sieben, bitte" sagen zu müssen und schon in den Ardennen wortlos, aber heftig mit den Armen fuchtelnd an der Pommesbude steht, wenn der Frittenschmied vortäuscht, weder Deutsch noch Englisch zu verstehen).
Also doch lieber die Seite des Channels ohne Sprachbarriere.

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