Mittwoch, 30. Januar 2008

haifische nach mitternacht.

Um 23:40 legte ich das Flix’sche Comic 'Sag was' auf den Stapel der staubigen Bücher. Die staubigen Bücher sind eine kleine Glaubensgemeinschaft aus Papier, alle wohnhaft neben meinem Bett, alle ausgezeichnet dadurch, dass sie ein rosa Post-it an genau der Stelle kleben haben, wo ich sie fallen ließ. Das macht sie zu nächtlichen Verbündeten, wenn sie anfangen, unflätig Wörter in den Raum zu singen, leise die Tage von Neulich aufwirbeln und somit die rosa Lungen im Raum zu Teppichen machen.
Manchmal hustet einer.
Um 23:44 waren beide frisch fürs Comic-Ende verdrückten Krokodilstränen (Radius 2 cm) in jeweils ihrem Augenwinkel zu einem glitzernden Klecks geworden, und ich wechselte die Seiten.

Drüben klingelte das Telefon. Ralf dran.
Lu, sagte Ralf, und ich sagte Ralf, Hallo.
Lu, mir schwant da was.
Ich mit traumrosa Wangen: Ach, was?
Ralf nahm einmal tief Luft ein und sagte dann, das ich wohl die Seiten wechsel, langsam zwar, mit Übergang, aber eben ein Gang. Ein Gang setzt dann immer voraus, das man irgendwann nicht mehr da ist.
Aber Ralf!, ich, empört, ein wenig zu sehr.
Doch doch, sagt Ralf.
Also gut, diesmal atmete ich zu laut durch.
Mein lieber R. König, du weißt, ich war immer ein treuer Fan. Bin. Und ich habe kein einziges Wort geflunkert, als ich Dir in Frankfurt entgegen flötete, ich würde Dich immer (!) in der Wanne lesen.

Ralf so von einem Fuß auf den anderen.

Aber vor ein, zwei Jahren (dabei bekam ich so eine Art epischen Augenausdruck) habe ich jemanden kennen
gelernt. Im Internet, so macht man das ja heute. Und da habe ich gemerkt, was mir bei Dir gefehlt hat.
Ach ja? Und das wäre?, Ralf schwer erstaunt.
Ich sags mal ganz direkt, Ralf - ich bin nicht schwul.
Versteh mich nicht falsch, ich habe alle deine Knollennasenkerle geliebt, habe mit Konrad und Paul die Nächte durchgemacht, mir bei Roy und Al lachend einen Interkostalnerv geklemmt, so eben.
Ich bin so viele Jahre mit Dir gegangen, durch so viele Geschichten und Bände, und dann kam Er.
Name?
Flix. Der Flix. Und da ist mir klar geworden, dass die Zeiten vorbei sind, wo ich nur Schwulencomics lese. Es gibt noch mehr da draussen, ausser Pauls Eskapaden auf Gummimatten. Und auch Spielchen mit Hühnerschenkeln auf Poppers

-Geräusch, wie wenn Nadel von Platte gerissen wird-

Sirenen, rote Lampen, Blase ruft an, möchte auf direktem Wege nach Smorland.
Augen auf, Körper fährt hoch, 1:49 Uhr.
Ja muss das denn jetzt sein?, ruft Ralfs Stimme dünn aus dem Off.
Nein, um der Götter Willen, nein, aber dann wohl doch.

Und gerade als ich aufstehen will, passiert folgendes:
Ein kleiner Gnom mit fieser Frisur, glühenden Augen und keinem Namen hält einen in rage geratenen Haifisch mit Zwillings-Zähnen in meine Innereien.
Ich denke, dass das jetzt nicht sein darf. Und ich denke auch direkt an die drei Möglichkeiten, was es sein könnte. Eine Lappalie, die beiden anderen Optionen tödlich ab jetzt.

In Momenten wie diesen verfluche ich meine medizinische Ausbildung, und notiere auf dem internen Notizblock 'Gehirnwäsche, wenn möglich und nach Überleben'
Mein Körper ist mein Mustang.
Nein. Mein Körper ist mein Körper, wir haben uns lieb soweit, laufen in milder Sommerluft Hand in Hand über Blümchenwiesen. Ich achte auf das, was ich in ihn hinein gebe,
er auf die ordnungsgemäße Verwaltung, wir gehen gern zusammen weg, machen Sport, und haben den selben Weingeschmack. Als Dank für Urlaube und Fernsehen macht er alle zwei Jahre mal für zwei Tage krank, ich gehe dafür regelmäßig zum Dentisten, zur KV, bin also Scheckheftgepflegt.

Und dann das. Haifisch hinterm Bauchnabel.
Meine Lieblingstheorie, bevor mein Pragmatismus einsetzte, war übrigens die des spontanen Verblutens innerlich.
Soll heißen, irgendwas in der Meterware ist geplatzt oder auf wundersame Weise aufgeklafft, und während ich
mit dem Sandmann auf Reisen bin und mit Ralf telefoniere, blute und blute ich in mich hinein, und jetzt ist alles
zu spät, und das würde ich dann gleich schon sehen, wer zuletzt lacht.
Es gehen einem übrigens tatsächlich 'am Ende' die Dinge durch den Kopf, die man nicht getan hat, macht also mit dieser Info, was ihr wollt.
Pragmatismus, ich und die Wärmflasche lagen um 2:14 wieder sicher und quicklebendig im Plümmo, und sahen das
letzte Mal auf die Uhr um 5:45 Uhr. Falls es einen Gott gibt: Danke dafür. Nicht ist erquickender, als eine schlaflose Nacht.
Hirn kommt mal so richtig zum Ablage machen, während Körper rumliegt und Maulaffenfeil hält.

Was mich am Morgen, also 1,5 Stunden später dann wirklich und nur noch beschäftigte, war:
Warum stelle ich blind immer genau an den Abenden mein Rad in den Hof statt ins Treppenhaus, wo es am nächsten Morgen sofort zu regnen beginnt?
Und wo ist der Haifisch am Morgen? Mit dem Gnom angeln gegangen oder als Zeichen in dunkler Nacht in meine
Geschichte verschwunden?

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schön.

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Hatte Ralf seine Voodoopuppe gezückt?

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du sagst da was...

(niemals, dafür ist das ein viel zu netter mensch.)

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übrigens, bildbeweis:
30-01-08 1144

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