Donnerstag, 27. November 2008

über die familie soprano.

Jetzt wird es schwierig, aber ich versuche mein Bestes.
An all die, welche die Sopranos noch ansehen möchten, oder gerade mitten drin stecken: ich verrate das Ende nicht. Ihr könnt also weiterlesen, dies wird ein Spoilerfreier Text.



Vorab muss ich zugeben, das ich Mafia-Filme richtig schnafte finde. Ich weiß nicht, ob das prägend war, aber meine erste Liebe war Sizilianer und ich weit unter 20. Mein erstes Zusammentreffen mit seiner Familie fand in einem Wohnzimmer bei Düsseldorf statt, und es hätte optisch auch der Kern um das Bada Bing! sein können. Alte Herren in Freizeitkleidung mit polierten Schuhen und wachen Augen, was soll ich noch weiter erklären. Im Anschluss an Kaffee, Biskotti und Freundin von C. gucken ging es ins nächste Casino. Basta.

Aber ich schweife ab.
Die Sopranos waren nach Sex & the City und Six Feet Under die dritte Produktion aus dem Hause HBO, welche ich mir komplett angesehen habe. Sex & the City war unterhaltsamer Mädchenkram, Six Feet Under dagegen eine TV-Therapie. Tief, dicht und stimmig, die Stammleser werden sich an das letzte Jahr erinnern, wo ich alle dran teilhaben ließ und sämtliche Trailer über youtube ins Blog packte.

Die Sopranos hatte ich also noch übrig, und ich freute mich sehr über diesen Umstand und auf die komplette Serie. Von Mai bis letzten Sonntag wurde die Mafia-Box dann Scheibe für Scheibe durchgesehen, Staffel auf Staffel und ich war nur über eine Sache etwas enttäuscht. Die Charaktere haben mich nicht sonderlich überrascht über die 'Jahre' hinweg. Bei Six Feet Under ging man mit den Personen wirklich auf eine Entwicklungsreise, man rieb sich mit wund an Themen und es wurde nichts ausgelassen. Moral, Liebe, Ethik, Sex und Tod. Da ist für jeden mindestens etwas dabei.

Und bei den Sopranos? Sah man zu und hatte andauernd Hunger. Und das macht mir die Familie wieder so sympathisch, weil: Es wird ständig gegessen. Typisch italienisch? Richtig. In Italien wird man auch ständig gefragt, was man heute schon gegessen hätte, und was es später noch gibt. Deswegen fühlte ich mich bei den Sopranos im Geiste mehr zu Hause und auch am Tisch, essend und Wein nachschenkend.
Auf die Dauer hatte ich auch ein Problem, und das mit meiner Lieblingsfigur, Tony Soprano. Der Mann erinnert mich an meinen Vater, und das nicht nur optisch. Mein Vater war teilweise ein verschlagener Hund, der gern mit den großen Wölfen spielte. Als einfacher Bäckermeister sehnte er sich irgendwann nach ein wenig Abwechslung, und setzte sich fortan am Wochenende über Nacht in ein Taxi und fuhr die 176 in Düsseldorf. Und da lernte er den und die kennen, hatte bald eine verbotene Waffe aus Sicherheitsgründen dabei und spielte mit den Zuhältern in einer bekannten Oberbilker Spelunke Karten. Ab da wurde nicht nur das Thyssen-Hochhaus und das Theater mit frischen Brötchen aus Papas Ofen beliefert, sondern auch noch der ein oder andere Puff. Meine Mutter schmeckte das alles natürlich nie, und wenn mein Vater und ich uns Morgens über den Weg liefen, er frisch von einer Partie Poker kommend und ich eigentlich längst bei einer Freundin im Bett liegend, offizielle Version, dann nickten wir uns kurz zu und verloren zu Hause nie ein Wort darüber.
Jedem sein Leben. Basta.
Tony Soprano ist die Version meines Vaters, wie er sich selbst vielleicht ganz gerne und heimlich gesehen hätte. Ich kann ihn nicht fragen, aber ich bin Vaters Tochter, also denke ich ja, passt.
Ich habe also eine Art Ersatz-Vater in Bestform gefunden, und was tut der? Vögelt und frisst, und vögelt und frisst, und wird einmal so böse angeschossen, dass er fast durch den Tunnel passt, und alles ist so wie bei meinem Vater. Die Intensivstation, die Geräte, die Familie, die ratlos versucht, alles richtig zu machen. Viel geheult habe ich da, aber auch das war gut.

Dann geht alles weiter, und ich dachte immer, wie mag es enden? Was ist das große Ding der letzten Folge? Ist es dann tatsächlich die letzte, oder bleibt eine Tür nur angelehnt?
Neun Folgen bis zum Ende.

Der Trailer dazu ging so:




Sonntag Morgen. Nur noch eine Folge ist übrig, die letzte.
Der Trailer in Amerika dazu ging so, und es war auch ein Sonntag:




Die Folgen hatten eine Durschnittslänge von 55 Minuten. Ich wurde ab der 45 Minute langsam hysterisch, und als klar war, das vermutlich die letzte Sequenz begonnen hatte, heulte ich leise vor mich hin, ohne das etwas passiert wäre. Ich war innerlich kurz vor einer Ohnmacht!

Als es vorbei war, war ich zufrieden.
Mehr kann ich leider nicht sagen, Spoilergefahr, ihr wisst schon. Wer diskutieren möchte, kann gerne den Blick nach links oben richten, da steht meine eMail-Adresse.

Jetzt muss ich mich wieder von dieser Familie lösen, vor allem von Tony Soprano, diesem Felsen. Dieser Familie, der man über Monate zugesehen hat. Das wird noch etwas dauern, und als Nebenwirkung habe ich jetzt einen runtergeladenen Bildschirmschoner.
Alle Hühner, die ich später einmal haben werde, bekommen die Namen der DiMeo-Familie.
Anthony und Carmela Soprano, Lorraine, Meadow, Christopher Moltisanti, Adriana La Cerva, Corrado "Uncle Junior", usw, und einen Kater namens Salvatore "Big Pussy" Bonpensiero muss auch noch drin sein.

Für all die, welche ich jetzt hoffentlich ein wenig neugierig gemacht habe, ein Trailer über die Sopranos.
Seht es euch an, und lasst euch reinsaugen in diese Geschichte einer Familie. Es wird geliebt und geschossen, getanzt und gegessen, gebetet und gestrippt.
Ihr werdet es vielleicht lieben.