Sonntag, 4. Juni 2006

lektionen in demut.

"Lu, saug doch mal Deine Tastatur ab, vielleicht geht dann ja wieder alles."

Dieser Satz hatte bei mir nur eine Chance, weil ich eh kurz vor dem Gau stehe, da singt man auch bei Vollmond an einer kuscheligen Friedhofsmauer weibliche Kröten an oder die Beatles an Pfingsten rückwärts.

Seit letzter Woche erarbeite ich mir jede Mail und jeden Text mit erheblicher Mühe, weil mir 5 Tasten mit insgesamt zwölf Zeichen fehlen, und würde ich hier nicht mit C&P arbeiten, dann sähe es mehr so so aus:
ch wär ds schön, hätt ich nur die und ds usrufezeichen zurück, und ds psilon, ds brucht mn uch öfter ls mn denkt, und wenn mn ml so richtig mit Stzzeichen uf die Kcke huen will, dnn fehlt ds usrufezeichen gnz rg, von den spitzen Klmmern in HTML ml gnz zu schweigen ... etc.
Wo war ich? Staubsaugen, stimmt.
Jedenfalls hätte das alles keine Wirkung auf mich, wäre da nicht mein schlechtes Gewissen, weil ich mit Laptop UND Fellchen lebe, und eins von beiden haart grad vierfach, weil der Sommer unter Umständen kommt, und da muss man als Fellchen nun mal kräftig fellen, sonst bringt das ja alles nichts.
Und vorhin dann, als der Mitbewohner gerade mit hängenden Schultern und extrem komplizierten Männerzahnschmerzen Richtung Notzahnarztpraxis fuhr, und ich so ganz weiblich bei mir dachte "nutz ich die Zeit, räum ich flugs auf", da kam mir oben zitierter Satz wieder in den Sinn. Gedacht, getan, und so zielte ich kurz darauf mit 2000 Watt Saugstärke auf die Tastatur, und freute ich mich noch, als Familienpackungsgroße Katzenhaarformationen ins Saugerall flogen, in meinen Ohren leise schreiend, bis ... ja, bis die N-Taste erst mit einem leisen "klack" den Halt verlor, um dann mit einem besonders lauten Schrei (nämlich meinem) in die tiefe Schwärze des Staubsaugerrohrs zu entschwinden.
Minuten später sass ich, zu allem bereit, mit einem zerlegten Staubsauger und Werkzeug operationsbereit auf dem Fussboden.
Zuallererst den Staubsaugerbeutel durchkämmen, wobei das wörtlich zu nehmen ist. Negativ.
Schwester, den Kreuzdreher bitte.

Nachdem ich mit zwischen den Zähnen eingeklemmter Zungenspitze und Eastwood-Blick sämtliche Schrauben aus ihren Fassungen gedreht, zig Drahtschlingen durchs Rohr und um die 800 saftigen Flüche hinterhergejagt hatte, hatte ich Husten, eine neue Weihe nötig und Durst, nur die N-Taste, die hatte ich nicht ( und das neulich weggesaugte etwas aus meiner Schmuckschachtel im Bad, das blieb ebenfalls verschwunden ).
Noch mal zurück in die Mülltonne, in die ich den kompletten Haar-Staub-Berg mittlerweile entsorgt hatte, und nun wurde es richtig lecker, gab es gestern doch gegrillte Calmar- und Lachssteaks mit Salat, und blieben da doch viele gedotzte Knoblauchecken, Zwiebelschalen und Fischreste übrig, die nun eine streng riechende Ehe mit dem Haarstaub von heute Morgen eingingen. Mir wars egal, ich wollte nicht noch einen Buchstaben verlieren, alle Mann an Bord, jetzt wird gekämpft.

Gerade als M. betäubt und heldenhaft mit getöteter Wurzel vom Notarzt kommend die Wohnung betrat, wurde ich, streng riechend und stumm-eisern kopfüber im Müll grabend fündig, und hielt stolz eine stinkende N-Taste mit Lachsgräten vereint zwischen den klebrigen Fingern.
War der Schlingel also doch in einer Fellknolle versteckt.
Egal, für die Zukunft weiß ich nun, dass der Staubsauger insgesamt in 24 Einzelteile zerlegbar ist, und das die Tasten beim absaugen bitte vorher anzuschnallen sind. 2000 Watt halt.
Das N funktioniert wieder super, die anderen immer noch nicht, aber es ist ein gutes Gefühl, auch mal hinter den Regalen und dem Z durchgesaugt zu haben.

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Erinnert mich an meinen Auszug nach der Kündigung des letzten Brötchengebers, als ich noch schnell die Wohnung saugen mußte und ich keine weiteren Staubsaugerbeutel mehr hatte. Wenn man erstmal im Staub war, dann ist der Rest nur Nebensache. Bemerkenswert fand ich auch ein Schreiben, in dem ich aufgefordert wurde, die inzwischen so ca. 0.80 m hohen Pflanzen aus den Zwischenräumen meiner Balkonplatten zu entfernen. Das tat mir leid, denn ich mußte nun ob der angekündigten Strafe metzeln ...

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Im ersten Moment stellte sich bei mir das beinahe erschreckende Kopfkinobild einer (wegen zuviel Rechneranwesenheit?) fest eingewachsenen Tastatur ein, die dann von einem Schönheits-Chirurgen statt Fett abgesaugt werden musste. Auf was für Ideen ich doch manchmal komme. Der eigentliche Text hat doch schon genügend erfrischende Bilder parat. ;)

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