Donnerstag, 5. April 2012

Am Ende der Leine – Wir lernen Hund / 5.

Eine rührige Weisheit, gesprochen von Franz von Assisi besagt final folgendes:

"...der Hund bleibt Dir im Sturme treu,
ein Mensch nicht mal im Winde."

Das hätte ich gerne laut zitiert, aber der Hund, der eigene, der hört das sicher nicht mehr, ganz weit da vorne wo er sich gerade austobt. "Scheißeverdammte!" rief ich ihn, was genau so viel brachte wie der eigentliche Name, nämlich nichts. Gar nichts.
Der sturmtreue Köter hingegen lief von allen Zwängen befreit einer kleinen Yorkshire-Schlampine hinterher, die läufig mit dem Hinterteil wackelte. Das einzige was ihn an mich band waren 30 Meter feinste Schleppleine, aktuell um einen Pflock des Pferdehofs gewickelt, weil die ja erst mal lustige Kreise laufen mussten.
Mit Blutwurststücken in den Händen, Schellen zwischen den Zähnen und einer Laune wie Napalm entwirrte ich erst die Leine, und zog dann den Hund in meine liebende Richtung. Die Besitzerin der kleinen Sexbombe kam atemlos angelaufen, ich klapperte mit den Schellen im Mund in entsprechende Richtung, und sie blaffte mich mit "Hat ihrer da etwa ...?" an. Zeit, die Schellen auszuspucken.
"Mitnichten, gute Frau! Wie wäre es mit Leine, oder wollen Sie Besuch von allen Viertelrüden zur Standhitze-Fete?" Dabei zog ich den vor Glück Schaum speichelnden Rüden weiter von der Weide, Zentimeter um Zentimeter. Die läufige Dame kam direkt mit, wie praktisch. Den Rest des Gassigangs ignorierte ich, als hätte ich das Ignorieren erfunden. Ganz im Sinne des Training. Dabei kam die Sonne heraus, der Hund schäumte gut gelaunt weiter, und ich schlecht gelaunt mehr so nach innen.

Einen Tag später Hundeschule. Die Taschen voll mit Blutwurststückchen, natur. Wenn ich schon beichten muss, wie schlecht das Tölchen es grad mit seinen Ohren hat, dann wenigstens mit dem Organ arbeiten, was gerade voll in seiner Blüte steht- seine Nase. (Über die Klöten reden wir noch, allerdings mit seiner Vet-Doktorin!) Während wir kurz erzählen, was alles super lief (zwei Sätze) und was nicht (langer Monolog), guckte Leo verliebt auf meine verlockend eingesaute Tasche.

Lektion heute: Der Hund soll nicht nur
-sofort gucken, wenn er seinen Namen hört, egal was er gerade tut
-bei dem Wort "Leine" einfach nebenher gehen, mit lässig durchhängender Leine
-bei NEIN! alles bleiben lassen, bis auf atmen

Leo macht das gerade so - hört er seinen Namen, dreht er sich sofort um. Also sofort, wenn er das zu Ende gemacht hat, was er gerade tut. Aber er guckt. Immerhin. Hat er nichts besseres zu tun, guckt er sofort und kommt sogar angerannt. Kommt ihm etwas dazwischen, vergisst er das er kommen wollte, und buddelt eine Maus aus, oder versenkt eine Pflanze unter Urin.

Bei "Leine" läuft er nebenher, und weil er uns dabei genau in die Augen guckt, und wir auf ihn, stolpern wir alle manchmal übereinander. Aber das ist nicht schlimm, immerhin läuft Leo "Leine". Es sei denn, aus einer unbeachteten Ecke kommt ein anderer Hund, dann ist Leo zwar immer noch AN der Leine, aber alles andere als "bei". Da ist noch Platz nach oben.

NEIN! funktioniert sehr gut. Vielleicht brauchen wir den Rest unseres gemeinsamen Lebens auch einfach nur das NEIN!, und weiten es auf alles aus? (Scherz)

Heute kommt "ran!" dazu. Das bedeutet für den Hund, er soll auf der Stelle an ein ausgewähltes Bein kommen, ich habe mein rechtes dazu ausgewählt. Die Hand voll Blutwurst, den Hund am rechten Bein, laufe ich die Wiese auf und ab. Halb gebückt, lauthals jubilierend mit "SSSUUUPIII" und "FEIIIIN" stopfe ich dem Hund die Stücke in den begeisterten Schlund, und zwischendurch sage ich immer ernst und ruhig "Ran, Leo!"
Die Blutwurst hat ihn überzeugt, er klebte am Bein, ich klebte vor Wurstdings, setzen 1.
Das zweite ist "Sitz". Kann er. Also eigentlich. Macht er sogar vor der Tierärztin, wenn sie ein Leckerchen zückt. Sitzt er sofort, die kleine Futterschlampe. Aber heute sind wir ja in der Hundeschule, da muss das ja nicht. Ich sage freundlich SITZ!, hebe den Zeigefinger, Leo lacht zurück, wedelt mit dem kompletten Hinterteil und bleibt stehen. Auch beim zweiten SITZ!!, mit bestimmteren Ton - Leo lacht, Leo wedelt, Leo - steht. Kurz bevor ich mich in den Dreck werfe und einfach wegbuddelt, bewegt mein lieber Hund, im Sturme treu, seinen Mopshintern und erwartet sitzend sein Leckerchen. Geht doch.

Dann kommt "Platz!". Meint, der Hund soll sich direkt hinlegen, und liegen bleiben. Egal wo - ob vor der Couch, vor dem Einkaufsladen, unter dem Restauranttisch oder an der A46. Kaum hört Hund sein "Platz!" macht er das. So die Theorie.
Unser Tölchen fand diesen Befehl schon immer überflüssig, und hat ihn höchstens mal für ein richtig super Leckerchen ausgeführt, und kaum hatte er das sicher herunter geschluckt, stand er auch schon wieder. M. erklärt der Hundetrainerin was von vielleicht unkomfortabel bei seinem Körperbau, ich denke weiter über mein wegbuddeln nach, weil ich weiß, dass sie gleich laut loslacht oder uns schimpfend vom Platz schickt. 'Unkomfortabel für den Hund' ist nichts, was sie von ihren Schülern hören will, wir trainieren keine Götter sondern Wölfe.
Ich stecke M. schnell einen Schwung Blutwurst zu, wir schmeißen uns zum Hund auf den Rasen und üben Platz. Und Platz. Und PLATZ!
PLAAAATZ!
Leo lag, immerhin für Sekunden. So lange es Blutwurst gab, unten am Boden. War die weggemampft, schnellte er hoch in die Luft, wedelte begeistert mit dem kompletten Hinterteil und war bereit für alles was da kommt. Hauptsache mit Wurst!

Die Stunde verging wie im Flug, ich war am Ende knösig vor Wurstfett und Schleppleinendreck und die Trainerin gab uns ein "Ihr habt jetzt drei Wochen Zeit zum üben. Das nächste mal treffen wir uns am Ja-Berg*, da müsst ihr alles drauf haben!" mit zum Osterfest, und wir fingen alle schon mal mit dem beten an.

(* der Ja-Berg ist ein Gelände um Hilden wo es vor Hunden aller Rassen, Alterklassen und den dazugehörigen Menschen nur so wimmelt. Ein Albtraum, wenn man Krawallgemüter hat, die nicht sicher auf alle Befehle hören. Also eine super Arbeitsfläche für Hundeschulen.)



(Leo sitzt)