Donnerstag, 19. Oktober 2006

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Was an diesem Bild ist alles so phantastisch, dass ich
mir beim rennen und Handy greifen fast den Hals
gebrochen habe, um es zu machen?


Lu lernt Französisch, Lektion 5.

Na das gab ein großes Hallo, so lange hatten wir uns alle nicht mehr gesehen. Einmal lag ich brach, einmal war ich in Prag, und das letzte mal, da war ich zwar da, aber ausser mir keiner, da waren nämlich Herbstferien, und ich aus diesem Thema völlig raus. Raus war auch der Sohn von Marie, den ich noch vor neun Uhr am Morgen per Mobiltelefon aus dem Laken klingelte, und dann auch noch zu Maries Mann machte, mit seiner dunklen REM-Phasen-Stimme akustisch absolut zu verwechseln. Aber der wusste ebensowenig wie ich, wo seine Mutter denn nun steckte, und so fuhr ich zurück nach Hause und ignorierte dort pikiert sämtliche Vokabeln und Croissants für den Rest des doofen Tages, pah.
Das große Hallo, welches ich anfangs erwähnte, das war eigentlich auch gar nicht so richtig groß, es kam eher leise und miesepetrig aus der einsamen Kehle von vorne links. Auch ein fröhlich geflötetes "Mann, hier stinkts vielleicht nach Anstrich, oder?!" konnte ihn nicht wirklich aus seinem Lehrbuch reissen, also setzte ich mich erstummt auf meinen Platz, knallte mein Namensschild an die äusserste Ecke des Tisches und tat beflissen eins, nämlich: nix.
Als wenn ich es nötig hätte, kurz vor der Stunde noch mal in meine Unterlagen zu gucken, das machen doch nur so Nichtschwimmer wie: er.
Oberwasser, und als er es merkte, schlug er zackrumms schnell alles zu und starrte ein formvollendetes Loch in die Tafel.
Dann Auftritt Olga. Schon drei Stockwerke weiter unten hörten wir ihren Stechschritt, dann zwei gegen die Wände prallende Türen, ein Handyklingeln (Britney Spears "Toxic"), und dann Totenstille. Olga war ausgebremst, und herein kam strahlend und einen Duft von Blumen ausbreitend: Marie.
Bonjour irräh lieböhn. Habt ihr gemachtöh schöne Tagöh?
Ich: Nein. Ich war hier, aber Du nicht, und dann hab ich Deinen Sohn geweckt, bei dem ich dachte, er wäre Dein Mann, und ...
Marie: A! Alors, Du warstöh das? Isch abböh ge'öhrt davon, oui, abörr isch war geradöh mit meinöh Freundin kaufen eine Käsöh auf die gute Markt, und es tut ihm nichts schlecht, wenn er kommt eine wenig frühär aus die -wie sagt man- Daunen?
Ich: Federn. Man sagt Federn.
Marie: A! Alors ... Fangen wir an, ah?! O! Wo sind allö?

Schulterzucken, dann Stechschritt, Olga reisst fast die Tür aus den Angeln und ruft ein lautes Bonsoir! in den Raum, was klingt wie "ONTZWA" natürlich in groß.
A! sagt Marie, es ist früh im Morgän, wir sagen BonJOUR, BONGSCHUUUHR, a oui?
SI, donnert Olga, und läßt sich laut seufzend auf den Stuhl neben mich fallen.
Das wird Intensivunterricht heute, raune ich an ihren Ellenlangen Wangenknochen vorbei, wir sind ja nur zu dritt.
Meine Worte machen eine lange Reise, über Olgas Wangenknochen bis in ihr Ohr, wo sie empfangen, verarbeitet, mit einem Wodka betüttelt und dann übersetzt werden. Nach einer geschlagenen halben Minute, in denen Olga irgendwie eingefroren schien, sagte sie: Ja.
Wow.
Ich will meine Helga, und wo steckt Tis-Ta-Ro, und überhaupt, welche Zahl war Dix-Dingens noch gleich?

Die knappen zwei Stunden vergingen wie im Flugzeug, wie Marie am Ende so ärrlisch bemerkte, und uns stand die Achselnässe im Shirt, weil wir nur dran waren und uns nur selten dämliche Fragen gestellt haben. Nationalität, Sprachenfestigkeit, bien anglaise oder eher tres bien italienne? Und dann die ganze Zeit seine heilige Knüttrigkeit gegenüber, der ja der einzige war, auf den die männlichen Formen zutrafen, aber immer brav Olga nachplauderte, und sich somit durchgehend zur Sie sprach. Gott straft halt alles, sofort, und wenn ich am frühen Morgen schon mal Smalltalk halten will, dann passt der da oben besonders genau auf, und jeder der dann nicht mitplappert und meine sozialen Skillz unterstützend stärkt, kriegt postwendend auf den Hintern, so ist das nun mal in der kosmischen Gerechtigkeitshalle.

Heute gelernt: Ich bin weiblich, immer, und das bedeutet, ich habe ein e hinten dran.